Im Wirbel der Gefuehle
konnte sie sich zumindest sicher sein, dass er nicht wusste, was sie alles beobachtet hatte.
Nun, vielleicht konnte man das aus diesen Bemerkungen auch nicht ableiten, schließlich war Christien kein Mann, der gleich alle Karten auf den Tisch legen würde.
Es wäre aber womöglich sowieso besser gewesen,
wenn sie mit offenen Karten gespielt hätte. Was sollte er sonst auch von ihr denken? Am angenehmsten wäre ihr noch die Vorstellung, dass er sie verdächtigen würde, sich heimlich mit einem anderen Mann zu treffen. Immerhin wäre Eifersucht eine passende Entschuldigung für sein Verhalten, gleichzeitig aber auch ein wenig schmeichelhaft für sie.
Andererseits verbat der gesunde Menschenverstand, ein derartiges Szenario anzunehmen. Nichts war zwischen ihnen beiden vorgefallen, dass ihr Anlass dazu gegeben hätte, dass er in ihr mehr als eine angenehme Bettgenossin und einen nützlichen Vorstand seines zukünftigen Haushaltes sehen würde.
Natürlich, er begehrte sie, das war offensichtlich, doch ihre rationale, französische Erziehung hielt sie davon ab, mehr daraus zu machen. Männer sind im Allgemeinen wahllos, wenn es um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse geht. Im vorliegenden Fall war es nun einmal so, dass sie eben zur Verfügung stand, demnächst sogar gesetzlich dazu verpflichtet wurde und zudem nur allzu willig war. Ja, und sie musste zugeben, dass, obwohl seine Verletzung sie einerseits in falscher Sicherheit gewiegt hatte, sie andererseits doch nicht hätte widerstehen können. Da nimmt es nicht Wunder, dass er nicht bis nach der Hochzeit gewartet hatte.
Was für eine Art von ehelicher Verbindung sollte das einmal werden, die schon so einen Anfang nahm? Welche Chance konnte man dieser Ehe überhaupt vernünftigerweise einräumen, wenn sie nur durch Leidenschaft und gegenseitige Verpflichtung zusammengehalten wurde? Galanterie und gute Manieren waren kein Ersatz für Liebe und Respekt.
Diese Aussicht war schon nicht besonders verlockend, aber was wäre, wenn es Christien bei der ganzen Sache nur um Rache ging? Schließlich wusste sie, dass er Mitglied der Bruderschaft war, deren Zielsetzung in der Vergeltung von Verbrechen bestand. Wenn ihr zukünftiger Ehemann prinzipiell bereit war, sein Leben zu riskieren, um die Ehre irgendeines Fremden wiederherzustellen, was würde er erst für jemanden wie Vinot tun, den er bewunderte und dem gegenüber er zu großer Dankbarkeit verpflichtet war?
Als Christien schließlich wieder auf den Beinen war und seine Genesung weitgehend abgeschlossen schien, wurde umgehend ein Datum für die Hochzeit festgelegt, und die Vorbereitungen nahmen ihren Lauf. Es sollte keine große Sache werden, aber ein bisschen musste dennoch alles organisiert werden. Unter anderem war es nötig, die Nachbarn zu benachrichtigen, dass die Hochzeit wie geplant stattfinden würde, und auch die Bewohner von River’s Edge wären natürlich enttäuscht gewesen, wenn es keine dazugehörende Feier gegeben hätte.
Dementsprechend wurden in den folgenden Tagen Aufträge an diverse Geschäfte und Läden in New Orleans gesandt, um die nötigen Vorratslieferungen zu veranlassen. Bald darauf legten fast täglich Dampfschiffe am Landungssteg von River’s Edge an und löschten ihre Ladung. Die Warenlieferungen umfassten zahlreiche Fässer mit Wein und Spirituosen, Säcke mit Mehl, gepökeltes Fleisch, eingelegte Sardinen, Melasse sowie Kisten voller Trauben, Nüsse und kandierter Früchte. Für die Hochzeitstorte wurde auch noch eine Auswahl von Marzipanblumen bereitgestellt, die das Konditorkunstwerk verzieren sollten. Zur Kühlung der Köstlichkeiten wurde ein großer Vorrat von Eisblöcken in der Scheune aufgeschichtet. Als Unterlage verwendete man dabei Sägespäne, und über das Eis breitete man zum Schutz ein Leinentuch aus. Zur Isolierung wurden dann Strohballen verwendet, die man rundherum hochstapelte, um das Abschmelzen zu verhindern.
Alles, was sonst noch nötig war, um die Hochzeit zu einem gelungenen Fest zu machen, konnte direkt aus den hauseigenen Erträgen und dem reichhaltigen Angebot der Natur auf River’s Edge bereitgestellt werden. Zunächst wählte man zwei gut genährte Schweine aus, um sie später am Spieß grillen zu können, dann einige fette Enten und Hühner, und schließlich trug man noch zahlreiche Früchte- und Gemüsesorten zusammen und lagerte sie trocken und kühl ein.
Reine stand schließlich noch die Wahl des Brautkleides bevor. Sie entschied sich für ein
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