Im Wirbel der Gefuehle
eine Taktik zurechtgelegt, wie er an sie herankommen könnte, aber das war etwas anderes gewesen. Es war definitiv nicht dasselbe gewesen, und er hatte sowieso alles zerstört. Sie würde ihm nie verzeihen, und sie wird ihn nie je wieder so ansehen wie in diesem Moment, mit diesem klaren, vertrauensvollen Blick, in dem sich zärtliche Erinnerungen spiegelten. Ja, und letztendlich hatte er es auch gar nicht verdient.
»Ich wollte nicht stören«, entschuldigte er sich mit leiser Stimme. »Ich konnte nur einfach nicht widerstehen.«
»Du störst nicht. Ich bin mit Marguerite nur hierhergekommen, um ihr alleine und in aller Ruhe erklären zu können, was es mit uns beiden auf sich hat. Ich glaube, sie versteht das jetzt, dass Frauen und Männer, wenn sie verheiratet sind, auch das Bett teilen.«
»Sie versteht das wirklich?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Reine blickte ihm in die Augen, während ihre eigenen seltsam glänzten. »Bis zu einem gewissen Punkt zumindest. Sie ist glücklich, denn sie weiß jetzt, dass du ihr neuer Papa bist.«
»Papa oh, Papa ...«
Er holte tief Luft und schüttelte diese Erinnerung an Marguerites Ausruf ab. Zärtlich nahm er Reines Hand und zog sie an seine Lippen. »Ich bin ebenfalls glücklich und sehr froh darüber, dass du meine Frau sein willst.«
Das war eine einfache und wahre Feststellung und auch das Einzige, was er sich in Marguerites Gegenwart zu sagen traute. Reine verstand es jedoch, dachte er, denn ihre blauen Augen verrieten es ihm, genauso wie der sanfte Druck ihrer Hand und ihre bebenden Lippen.
Dieser Anblick war mehr, als er ertragen konnte.
Instinktiv zog er sie zu sich heran und küsste sie. Ihre Münder verschmolzen miteinander, doch es blieb auch ein Beigeschmack von Reue und Verzweiflung. Ihre Lippen waren so sanft und warm, sie öffneten sich und gaben langsam nach, wie zwei zarte Blütenblätter, die mit süßem Nektar bestäubt waren. Unglaubliches Verlangen durchströmte ihn, und er hätte sie wohl gegen den Stamm des Eichenbaumes gedrückt und sie genommen, so wie sie dastand, doch die kleine Zuschauerin nötigte ihm größte Zurückhaltung auf.
Er ließ etwas locker, doch seine Muskeln blieben angespannt. Reines Lippen waren rosarot und vor Erregung ein bisschen geschwollen. Sie leckte mit ihrer Zunge darüber und versuchte, seinen Geschmack noch einmal aufzunehmen. Ihre Augenlider blieben halb geschlossen, während sie in tiefen Zügen aus und einatmete. Dann löste sie sich von ihm und trat einen Schritt zurück, seinen neuerlichen Versuch, sie an sich zu ziehen, sanft abwehrend.
»Hast du schon gegessen?«, fragte sie mit stockender Stimme. »Wir waren gerade dabei, zu frühstücken.«
»Frisches Schmalzgebäck!«, schrie Marguerite und lief auf die beiden zu. »Davon gibt es genug und Limonade. Magst du Schmalzgebäck und Limonade?«
»Am liebsten«, entgegnete Christien und folgte Reine die zwei Schritte bis zu der ausgebreiteten Decke, die ihren Tisch im Grünen ersetzte.
Marguerite schloss zu ihm auf, legte ihre kleine Hand vertrauensvoll in seine große und lächelte zu ihm hinauf. Als Christien ihre warmen, kleinen Finger spürte, blickte er zu ihr hinunter und lächelte ebenfalls. Die Zuneigung und das Vertrauen der kleinen Marguerite wühlten ihn innerlich auf, und er schalt sich selbst ob dieser Schwäche.
Die Frühstücksteilchen waren mit getrockneten Äpfeln gemacht, die in Blätterteig gewickelt waren, ein
Geschenk der Götter. Die Limonade war nicht nur eiskalt, sondern auch angenehm süß und sauer zugleich, ein ideales Mittel gegen die schwüle Mittagshitze. Die Teigtaschen schmeckten köstlich, doch Christien nahm nur einige Bissen davon und gab den Rest der noch hungrigen Marguerite, die ihren Anteil schon aufgegessen hatte, da sie die Randkruste an Chalmette verfüttert hatte.
Reine beobachtete ihn, wie auch er dem sabbernden Hund ein Stück abgab, der sich neben seinem rechten Knie niedergelassen hatte und ihn treuherzig anbettelte. »Solltest du nicht im Bett sein?«, fragte sie ihn ganz unvermittelt. »Ich meine, Dr. Laborde sagte ...«
»Ich weiß.« Er lächelte gequält zurück. »Aber es stehen Dinge an, die man besser auf zwei Beinen erledigt.«
Sie errötete unwillkürlich. »Wenn du auf meinen Vater und meinen Bruder anspielst, ich meine bezüglich letzter Nacht, dann tut es mir wirklich leid. Ich hätte bei dir sein sollen und dich unterstützen.«
»Das hätte keinen Unterschied gemacht. Was sie
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