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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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getragen und immer wieder angesehen, sodass es eine Art Glücks bringer für ihn geworden war. Lotties Gesichtszüge, die Farbe ihres Haares und die süßen, leicht geschwungenen Lippen hatten sich ihm lange, bevor er ihr persönlich begegnete, ins Gedächtnis gebrannt. Trotzdem hatte das Abbild — eines wunderhübschen, aber dennoch gewöhnlichen Antlitzes - nichts von dem eingefangen, was sie so begehrenswert machte. Was an ihr war es, das ihn derart aufwühlte? Vielleicht war es die Mischung aus Zerbrechlichkeit und Mut ... die Lebenskraft, die hinter der stillen Fassade brodelte ... die elektrisierenden Anzeichen dafür, dass sie eine sinnliche Seite besaß, die der seinen Konkurrenz machte.
    Es bereitete Nick Unbehagen, sich eingestehen zu
    müssen, dass sein Verlangen nach Lottie nicht weniger stark war als dasjenige Radnors. Allerdings wollten sie beide die junge Frau aus völlig unterschiedlichen Beweggründen.
    »Kein Preis ist mir zu hoch, um die perfekte Frau zu schaffen«, hatte Radnor ihm gesagt, als sei er Pygmalion und Lottie seine Galatea. Radnors Vorstellung weiblicher Vollkommenheit war etwas, das überhaupt nichts mit der wahren Lottie Howard zu tun hatte. Weshalb hatte er sich für sie entschieden statt für eine Frau, die lenkbarer und gefügiger war? Es wäre viel einfacher gewesen, eine Frau zu dominieren, die von Natur aus unterwürfig war ... aber vielleicht hatte Radnor nicht der Herausforderung widerstehen können, die Lottie für ihn darstellen musste.
    Nachdem Nick am Haupteingang angekommen war, übergab er die Zügel seines Pferdes einem Dienstboten und stieg dann bedächtig die schmale Steintreppe empor. Ein Butler begrüßte ihn und fragte ihn nach seinem Begehr, wobei Nicks Antwort ihn schlagartig aufhorchen ließ.
    »Sehr wohl, Sir.« Der Butler hastete fort und kehrte innerhalb einer Minute wieder zurück. Er war ein wenig außer Atem, als sei er in die Eingangshalle zurückgelaufen. »Lord Radnor wünscht Euch auf der Stelle zu sehen, Mr. Gentry. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt.«
    Als der Butler Nick durch die Eingangstür und durch einen schmalen Korridor führte, schien das düstere Anwesen beide in seinem dunkelroten Innern zu verschlucken. Das Gebäude war erdrückend stickig und nur schlecht beleuchtet, obschon die Ausstattung äußerst luxuriös wirkte. Nick entsann sich, dass Radnor lichtempfindlich war. Bei ihrem ersten Treffen hatte er erwähnt, dass helles Licht seine Augen überanstrengte. Wie damals waren sämtliche Fenster mit schweren Samtvorhängen verhüllt, die nicht den kleinsten Sonnenstrahl durchließen, und die dicken Teppiche verschluckten jegliches Geräusch, während der Dienstbote ihn immer tiefer in das Labyrinth aus engen Korridoren und kleinen, ineinander verschachtelten Zimmern geleitete.
    Der Graf erwartete Nick an seinem Schreibtisch in der Bibliothek. Sein schmales, strenges Gesicht wurde von einer einzigen Flamme erleuchtet, die in einer Lampe in der Nähe züngelte.
    »Gentry.« Radnors Blick erfasste ihn begierig. Er bot Nick keinen Platz an, sondern winkte ihm nur zu, näher zu treten, während der Butler sich zurückzog und die Tür geräuschvoll hinter sich schloss. »Welche Neuigkeiten bringt Ihr mir? Habt Ihr sie gefunden? Seid gewarnt, ich bin mit meiner Geduld am Ende.«
    Nick zog einen Bankwechsel aus der Tasche, strich ihn auf dem Tisch glatt und legte ihn neben die Lampe. »Ich bringe Euch Euer Geld zurück, Mylord. Unglücklicherweise kann ich Euch nicht zu Diensten sein, was Miss Howard betrifft.«
    Die Finger des Grafen verkrampften sich und warfen krallenartige Schatten über den glänzenden Tisch. »Ihr habt sie also nicht ausfindig machen können und habt Euch damit als ebenso großer Dummkopf wie die anderen erwiesen. Wie kann eine unverschämte kleine Göre sich sämtlichen Männern entziehen, die ich ausschicke, um sie dingfest zu machen?«
    Nick lächelte lässig. »Ich sagte nicht, dass ich sie nicht ausfindig gemacht habe, Mylord. Es ist sogar so, dass ich sie mit nach London gebracht habe.«
    Radnor sprang von seinem Stuhl auf. » Wo ist sie?«
    »Das geht Euch nichts an.« Mit einem Mal bereitete
    Nick die Angelegenheit Vergnügen. »Die Sache ist die, dass Miss Howard sich dazu entschieden hat, einen anderen Mann zu heiraten. In ihrem Fall ist die Liebe anscheinend nicht eben mit der Entfernung gewachsen.«
    »Wen?«, war das Einzige, was Radnor hervorstoßen konnte.
    »Mich.«
    Die Luft im Raum schien mit einem Mal

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