Im Zauber des Highlanders
bat sie kleinlaut.
Offenbar merkte er, dass die Spannung in ihrem Körper nachgelassen hatte und sie kapitulierte. Er hörte auf zu lachen, beugte sich vor und stellte sie auf die Füße. Seine Augen funkelten belustigt und strahlten unverhohlene Erotik aus. »Besser?« Er umfasste mit seiner großen Hand ihr Kinn und strich ihr mit dem Daumen über die Unterlippe.
Sie drehte das Gesicht weg. »Besser. Jetzt komm. Lass uns von hier verschwinden, bevor uns noch jemand mit diesem Spiegel sieht...«
»Was, zum Teufel, machst du hier, Jess?«, rief Mark Troudeau hinter ihr.
Jessi wirbelte erschrocken herum. Was ... War ihr Gedanke vielleicht eine sich selbst erfüllende Prophezeiung gewesen?
Marks Büro befand sich ganz unten auf demselben Flur wie das von Professor Keene. Als sie vorhin daran vorbeigegangen war, hatte kein Licht gebrannt. Hatte Mark kein Privatleben? Und was hatte er mitten in der Nacht hier zu suchen?
Ging denn überhaupt nichts mehr glatt?
Toll, einfach super. Genau das hatte ihr noch gefehlt: Mark, der überall herumlief und jedem, der ihm zuhörte, brühwarm erzählte, dass sie nicht nur die Polzeiabsperrung missachtet und das Büro des Professors widerrechtlich betreten, sondern auch noch ein unbezahlbares, mysteriöses Artefakt gestohlen hatte. Wenn die Polizei nur ein paar Nachforschungen anstellte, würde sie herausfinden, dass sie den Wertgegenstand entwendet hatte, den die (ermordeten) Lieferanten an den (ermordeten) Professor ausgeliefert hatten.
Und sie wäre abgehauen, nirgendwo zu finden und zum letzten Mal in Begleitung eines hünenhaften, dunklen Fremden im Kilt gesehen worden, der das sagenhafte, auf dem Schwarzmarkt zu Unsummen gehandelte Relikt, dessentwegen schon drei Menschen ihr Leben lassen mussten, unter dem Arm hatte.
Und sie hätte nie auch nur die geringste Chance, ihre Version der Geschichte darzulegen und darauf hinzuweisen, dass auch ihr Leben bedroht war.
Ihr würde ohnehin niemand glauben.
Verdammter Mist! Wenn das alles vorbei war, wollte sie wirklich noch ihren Abschluss an der Uni machen können, an der sie ihr Studium begonnen hatte, und nicht vom Gefängnis aus an einer Fernuniversität. So etwas machte sich nicht gut in einem Lebenslauf.
»Oh, um Himmels willen, Mark, es ist zwei Uhr morgens! Was machst du denn hier?«
»Ich glaube, dieselbe Frage habe ich dir gestellt,« Die dicht zusammenstehenden braunen Augen hinter der rahmenlosen Brille huschten von ihr zu dem halb nackten Riesen mit dem Spiegel und wieder zurück.
Was sollte sie sagen? Sie zermarterte sich das Gehirn , aber ihr fiel nichts ein. Wie sollte sie auch diese absurde Situation erklären? Sie wäre schon dankbar für eine fadenscheinige Entschuldigung, aber augenscheinlich hatte ihr Verstand für diesen Tag dichtgemacht.
Während sie stumm dastand und Mark wie eine Idiotin anstarrte, nahm sich Cian des Problems an.
»Sie werden jetzt in den Raum zurückgehen, aus dem Sie gekommen sind, sich ganz still verhalten und dort bleiben, bis wir weg sind. Sofort.«
Mark machte kehrt und trottete artig den Flur entlang zu seinem Büro.
Wow. Jessi sah verwirrt zu Cian MacKeltar auf.
»Hmm«, machte er leise und schaute Mark Troudeau nach. »Vielleicht geht es nur bei ihr nicht.«
»Bei ihr? Du meinst mich? Was ist mit mir?«, wollte sie wissen.
»Ein armseliger kleiner Wicht«, spottete er, als Mark die Tür hinter sich zumachte.
Was hatte das zu bedeuten? Wieso stahl sich Mark ohne Protest davon? Weil er ein armseliger Wicht war und Cian MacKeltar so groß und bedrohlich?
Sie legte den Kopf in den Nacken und beäugte Cian argwöhnisch. Mit fast zwei Metern und bestimmt mehr als zweihundert Pfund reinen Muskeln musste er auf jeden einschüchternd wirken. Die wilden dunklen Zöpfe und die rot-schwarzen Tätowierungen, die die linke Brusthälfte und eine Seite des Halses bis zum Ansatz des dunklen, stoppeligen Kinns bedeckten, verliehen ihm das Aussehen eines todbringenden Kriegers aus grauer Vorzeit, der durch die Flure des Universitätsgebäudes stolzierte. Jessi vermutete, dass seine imposante Erscheinung Mark davon überzeugt hatte, dass er aus einem Streit mit diesem Mann auf keinen Fall als Sieger hervorgehen konnte und dass es deswegen kaum Sinn hatte, einen anzufangen.
Es musste nett sein, einen solchen Eindruck auf die Mitmenschen zu machen! Falls es so etwas wie eine Wiedergeburt gab, wollte sie im nächsten Leben als Cian MacKeltar auf die Welt kommen. Zur Abwechslung wäre sie
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