Im Zauber des Mondes
seinen Bruder mit leichterem Herzen sich selbst.
Connor brütete bis zum Abendessen im Büro vor sich hin, danach zog er sich in den kleinen Salon zurück, wo er mit einem Glas Cognac in der Hand ins Feuer starrte, ohne es zu sehen. Nach einer Weile beschloß er, ein Spaziergang würde ihm guttun und die frische Luft seine Gedanken klären, wenn das überhaupt möglich war.
Er wies Mickeens Bitte - ja fast schon Forderung -, ihn mitzunehmen, zurück, legte Hut und Mantel an und trat auf die Straße hinaus. Er war fast eine Stunde gelaufen, tief in Gedanken versunken, als er sich in der Lisle Street wiederfand und erkannte, daß sie eigentlich die ganze Zeit sein Ziel gewesen war. Er mußte Caitlyn sehen, ihr Einfluß auf ihn grenzte beinahe schon an Besessenheit.
Ganz egal, was sie gesagt oder getan hatte, für ihn fühlte oder nicht fühlte, er konnte sie nicht so einfach gehen lassen. Sie hatte einen zu großen Platz in seinem Herzen eingenommen, und ob Liebe oder Haß, es gab ein Band zwischen ihnen, das zu stark war, als daß man es hätte verleugnen können. Sie gehörten zusammen, in guten wie in schlechten Tagen. Er würde sie nicht gehen lassen, nicht, ohne um sie gekämpft zu haben.
Connor schlich um das Haus herum und versuchte sein schmerzendes Bein nicht zu beachten. Es war kurz vor elf, zu spät, um noch an Türen zu klopfen. Außerdem wollte er nicht, daß irgendwelche Bedienstete seine Unterhaltung mit Caitlyn störten. Was er zu sagen hatte, war nur für ihre Ohren bestimmt. Er musterte das Haus mit den Augen eines Profis.
Vielleicht war ja auch ihr Liebhaber bei ihr, und bei dem Gedanken grinste er grimmig. Nun, sollte er die beiden in einer kompromittierenden Situation erwischen, würden sich alle seine Probleme auf einmal lösen. Er wüßte nicht, was ihn daran hindern sollte, den Bastard zu töten.
Ein schwacher Lichtschimmer drang durch einen Vorhang im ersten Stock. Wahrscheinlich ihr Schlafzimmer, und er entdeckte auch sofort einen Weg, wie er unbemerkt hineingelangen konnte. Um die Vorderseite des Hauses verlief ein eleganter kleiner Balkon mit einem geschnitzten Geländer. Hinaufzukommen war nicht schwer. Er sprang, erwischte das Geländer und zog sich daran nach oben; dann kauerte er sich in seinem Schatten zusammen. Schnell sah er sich um; er hoffte nur, daß niemand von den Nachbarhäusern aus ihn beobachtet hatte. Aber es war unwahrscheinlich. Es war eine dunkle, mondlose Nacht, so wie sie der schwarze Rebell bei seinen Ausritten bevorzugt hatte.
Die Vorhänge waren zugezogen, und er konnte nichts sehen. Er würde auf gut Glück einsteigen müssen. Er zog das Messer aus dem Stiefel und arbeitete damit vorsichtig und geschickt am Fensterrahmen, bis er vom Geräusch des fallenden Riegels belohnt wurde. So leise wie möglich öffnete er das Fenster und zog den Vorhang ein kleines Stück auf. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn fast rückwärts vom Balkon fallen.
Caitlyn stand mit dem Gesicht zu ihm keine fünf Meter von ihm entfernt. Sie war nackt und gerade im Begriff, in die Badewanne zu steigen.
Ihm stockte der Atem, und seine Lenden spannten sich. Er hatte ganz vergessen, wie unglaublich schön sie war. Er kniete am Fenster und beobachtete sie, bewunderte jede sanfte Kurve und Vertiefung. Ihr langes Haar trug sie auf dem Kopf aufgetürmt, und es wurde von einer goldenen Nadel gehalten, ihre schön geschwungenen Brauen zeichneten sich samtig schwarz gegen ihre glatte weiße Haut ab. Ihre Wimpern waren immer noch so unglaublich dicht, und sie warfen halbmondförmige Schatten auf ihre Wangen. Ihre Lippen waren voll und von einem sanften Rot. Er bewunderte ihre edlen Gesichtszüge, ihre zierliche Figur, die grazilen Bewegungen ihrer Hände, als sie sich mit Wasser bespritzte. Er starrte sie an wie ein Verdurstender, der endlich in der Ferne einen Fluß sieht und genau weiß, daß er ihn nicht mehr erreichen kann.
Er starrte auf ihre Brüste, erinnerte sich, wie sie sich in seinen Händen angefühlt hatten, wie sie geschmeckt hatten. Sein Körper reagierte darauf so stark, daß es schon fast unangenehm war. Noch nie hatte eine andere Frau ihn so schnell so sehr erregt, nicht einmal seine erste. Allerdings war er seit jenem ersten Mal auch nie so lange ohne die Wärme und Nähe einer Frau gewesen, seit der Nacht mit Caitlyn hatte er keine andere mehr angerührt. Nun, sie hingegen schien keine derartigen Skrupel gehabt zu haben.
Er stand auf, um das körperliche Unbehagen zu
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