Im Zauber des Mondes
verringern, das sie verursacht hatte, und zog ärgerlich seine engen schwarzen Hosen zurecht. Nun, Miß O'Malley hatte ihm eine Menge zu erklären. Und er war gekommen, um ihr die eine Frage zu stellen, vor der sein Schock sie bei ihrem ersten Wiedersehen bewahrt hatte.
Leise kletterte er ins Zimmer und blieb so stehen, daß der Vorhang ihn verdeckte. Vorsichtig sah er sich um. Der Raum war in verschiedenen Rosatönen gehalten und sehr elegant eingerichtet. Das Bett hatte vier hohe Bettpfosten und war mit schöner Schnitzerei verziert, eine Überdecke aus rosa Satin lag darauf. Der Frisiertisch mit Spiegel war aus Mahagony, darauf standen einige kleine Tiegel und Töpfe und noch andere Dinge, die modische Damen als lebensnotwendig erachteten. Früher hatte Caitlyn nie Interesse an so etwas gezeigt. An der gegenüberliegenden Seite des Zimmers war ein großer Maha-gonyschrank, dessen Türen geöffnet waren. Davor standen eine halb ausgepackte Truhe und zwei Reisetaschen. Entweder war sie gerade von irgendwoher zurückgekommen, oder sie würde bald verreisen. Nun, das konnte er sie ja jetzt selbst fragen.
Die Badewanne war vors Feuer gestellt worden, das, abgesehen von der Kerze auf dem Nachttisch, die einzige Beleuchtung darstellte. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß sie allein war, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf Caitlyn. Sie wusch sich gerade. Dabei hatte sie die Augen fest geschlossen und fuhr sich mit einem weichen weißen Tuch übers Gesicht. Die Seife mußte mit Lilien parfümiert sein, denn ihr feiner Geruch füllte den Raum. Das und der Anblick der nackten Caitlyn in der Badewanne ließ ihn fast vergessen, warum er gekommen war. Aber nur für einen Moment.
36
Caitlyn rieb sich mit dem Tuch übers Gesicht, sie konzentrierte sich auf das angenehm rauhe Gefühl, damit sie das Brennen auf Schenkeln und Pobacken nicht so spüren würde. Das heiße Wasser ließ die Striemen von Sir Edwards letzten Schlägen erst so richtig weh tun, aber sie war daran gewöhnt, mit Schmerzen zu baden - zu leben, genaugenommen. Das einzige, was einigermaßen dagegen half, war, an etwas ganz anderes zu denken. Dann schienen die Schmerzen zu vergehen oder zumindest nachzulassen.
Sie wusch sich die Seife vom Gesicht und tastete nach dem Handtuch, das Minna ihr auf das Tischchen neben der Wanne gelegt hatte. Ihr Stolz hatte es ihr verboten, Minna bleiben zu lassen. Sie konnte es nicht ertragen, daß jemand die Striemen sah, die stumm von der Demütigung zeugten, die sie ertragen mußte. Minna war ihr ebenfalls von Sir Edward-zur Verfügung gestellt worden, und sie war sowohl ihr Mädchen als auch ihr Wachhund. Sie und der hünenhafte Butler gehorchten zwar ihren Anweisungen, aber sie bezweifelte nicht einen Moment, daß ihre Loyalität Sir Edward gehörte.
Ihre tastende Hand fand die Oberfläche des Tischchens, aber da war kein Handtuch, nur ein Stück Seife. Die Seife fiel zu Boden, und ihr Aufprall wurde von dem weichen Teppich gedämpft. Das Handtuch mußte auch hinuntergefallen sein, denn sie konnte es nicht finden.
»Zum Teufel damit«, murmelte sie ärgerlich und öffnete ein Auge, um danach zu suchen. Was sie dann sah, ließ sie beide Augen und den Mund weit aufreißen.
»Ich wünsche dir einen guten Abend, Caitlyn«, sagte Connor süßlich. Sein Blick verriet ihr, daß er sie schon eine Weile beobachtete. Caitlyn schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Ge-stern nacht um diese Zeit hatte Sir Edward gerade sein grausames Ritual an ihr verübt, und der Gedanke, wie Connor darauf wohl reagiert hätte, ließ sie schaudern.
»Kalt?« Er mißverstand ihr Schaudern und hielt ihr das Handtuch hin, das er an sich genommen hatte. Sie nahm es, klappte den Mund wieder zu und trocknete sorgfältig ihr Gesicht, während sie versuchte, sich in ihre Rolle zu versetzen. Als sie ihn schließlich ansah, waren ihre Augen kühl und wachsam.
»Was willst du hier?«
»Ich statte dir einen Besuch ab. Hast du geglaubt, ich würde dich hier nicht finden?«
»Ich hatte es gehofft.«
Seine Augen wurden schmal. »Dann tut es mir leid, wenn ich dich enttäuschen muß. Wenn ich du wäre, würde ich aus dem Wasser steigen, sonst wird dir bald eiskalt sein.«
»Würdest du dich bitte umdrehen?«
Er lachte, aber es klang nicht heiter. »Mich umdrehen? Komm, komm, Caitlyn! Du hast ja wohl jeden Anspruch auf Schüchternheit verloren. Du bist schließlich, egal, wie sehr du behauptest, deinen Freund zu lieben, egal, wie sehr er
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