Im Zeichen der Angst Roman
Mal vor einem deutschen Gericht als Beweis zugelassen. Ich nehme an, meine Mutter wusste das.«
»Was sagt der Test denn nun aus, außer dass ich der Vater bin?«
Ich zuckte die Achseln. Rena hätte die Vergewaltigung bezeugen können, doch meine Schwiegermutter hätte niemals für meine Mutter ausgesagt, zu sehr hasste sie sie ja selbst noch nach ihrem Tod.
»Worin bestand denn nun Ihr Deal?« Ich wollte es aus seinem alten, zynischen Mund hören.
»Clara«, hörte ich David neben mir, und seine Hand legte sich auf meinen Arm.
»Lass mich.« Ich schaute zu seinem Vater. »Sagen Sie es mir.«
»Sehen Sie, sie hat mir von dieser Madeleine erzählt. Die saß damals ziemlich in der Klemme. Keine Ausbildung, kein Mann. Das Haus war nicht abbezahlt, die Adoptiveltern pleite, die Gaststätte gepfändet und dann noch diese kranke und behinderte Tochter. Sie brauchte dringend Geld für das Haus, für die Pflege und die Medikamente ihrer Tochter. Sehen Sie, was sie aus mir herausholte, diente ja lediglich dazu, ihrem eigenen schlechten Gewissen den Stachel zu nehmen. Das wollen wir doch mal festhalten, denn sie konnte ihr finanziell nicht helfen.
Sie hatte mit diesem Job als Lehrerin ja selbst nichts. Also holte sie es sich bei mir. Nachdem ich die Situation von einer Detektei überprüfen ließ, gab ich es ihr.«
»Und was war nun der Deal?«
Plotzer fuhr mit seinem Rollstuhl so dicht an mich heran, dass sich unsere Knie fast berührten.
»Dass sie jeden Kontakt zu ihrer Familie aufgibt und so lange für mich da ist, und zwar nur für mich, wie ich es will.«
Ich dachte zu viel auf einmal. Dass ich ihm zu gern in das grinsende Gesicht schlagen würde, dass ich ihm in das männliche Geschlecht treten wollte, dass ich seinen Sohn zu sehr mochte, dass er meine Mutter erpresst hatte, ihren Mann, mich und ihre Enkelin aufzugeben. Dass er schuld daran war, dass mein Vater an gebrochenem Herzen gestorben war.
Die Gedanken lähmten mich, und so bemerkte ich auch nicht, wie David mich an sich zog und über meinen Kopf hinweg sagte. »Das reicht. Ein für alle Mal.«
»Nein«, sagte ich und befreite mich aus seinen Armen. Wenn er schon mal redete, wollte ich alles wissen.
»Sie haben sie hier im Haus getroffen?«, fragte ich und sah dabei vorwurfsvoll zu David. Er hätte es wissen und sehen müssen.
»Nein«, sagte Plotzer. »Sehen Sie, als Geschäftsmann lernt man, diskret zu sein. Niemals lädt man seine Geliebte ins eigene Haus.«
Er sprach aus, was ich doch gar nicht hören wollte. Niemand, der halbwegs normal ist, will über das Sexualleben seiner Eltern nachdenken. Ich war normal, und so schüttelte es mich innerlich, und eine Gänsehaut überzog meinen Körper bei der Vorstellung, meine Mutter und dieser Mann hätten eine körperliche Beziehung gehabt. Doch fest stand: Meine Mutter hatte sich an diesen Mann verkauft, egal aus welchen Gründen. Ob ich wollte oder nicht, ich dachte darüber nach, ob Peter Plotzer nicht doch die Wahrheit gesagt hatte, als er behauptet hatte,
dass sie es nach dem Krieg schon einmal für Kaffee, Zigaretten und Strümpfe getan hatte.
»Sie war die Freundin in Berlin«, sagte David trocken. »Das war die Frau, zu der du die ganzen Jahre jede Woche gefahren bist. Meine Güte, hätte ich das geahnt …«
»Wann hatten Sie die Nase voll von ihr?«, unterbrach ich David.
Peter Plotzer musterte mich kühl. »Ob Sie es glauben oder nicht, es gab eine Zeit, in der ich mich um meine Familie kümmern musste und keine Möglichkeit sah, nach Berlin zu reisen.«
»Als meine Tochter entführt wurde.«
Er zuckte krampfartig mit den Achseln.
»Und?« Ich sah ihn erwartungsvoll an.
»Ihre Mutter verließ Berlin ohne mein Wissen.«
»Und Sie haben das hingenommen? Das wollen Sie mir nicht ernsthaft einreden.«
Er lächelte. »Ich wusste genau, dass sie hier irgendwo war. Die Detektei brauchte eine Woche, um sie unter dem neuen Namen in Horststätt zu finden. Dass sie dorthin gegangen war, war naheliegend. Ihre andere Tochter, nämlich Sie, hatte gerade einen Arzt erschossen. Ihre Mutter glaubte es einfach nicht und suchte nun den Entführer in diesem Kaff, weil dieser Turm ja ganz in der Nähe war, in dem man Ihre Tochter gefangen gehalten hatte.«
»Sie fand meine Schwester als Mörderin«, sagte ich.
Plotzer schüttelte belustigt den Kopf. »Die war zu der Zeit im Urlaub. Das wissen Sie doch. Man hatte Sie, Clara Steinfeld, überführt. Punkt. Die Familie meines Sohnes brach gerade
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