Im Zeichen der Angst Roman
ich klären, wenn Josey wieder bei mir und in Sicherheit war. Und ich würde es klären. Ich würde Peter Plotzer das Geld zurückzahlen, selbst wenn es mich den letzten Cent kostete. Ich würde bei diesem Mann keine Schulden haben. Nie im Leben. Ich würde ihm niemals verpflichtet sein.
»Dein Vater ekelt mich an«, sagte ich, als David schon an der Tür stand. Er drehte sich zu mir mit einem Blick in den braunen Augen wie ein Hund, den man auf der Straße ausgesetzt hatte.
»Mich auch«, sagte er. »Und …«
»Meine Mutter ekelt mich auch an«, unterbrach ich ihn. Tränen traten mir in die Augen, denn nun verleugnete ich sie doch. »Ich kann nichts dafür. Ich verstehe ihre Argumente, aber sie hätte sich niemals verkaufen dürfen. Das hat sie aber getan.«
»Clara, du bist nicht deine Mutter.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber ich bin ihre Tochter.«
»Quäl dich doch nicht schon wieder so.«
Ich musterte ihn, während ich eine Entscheidung traf.
»Ich werde in das Haus meiner Mutter fahren, bis das alles
vorbei ist. Ich werde mich in dem Dorf umhören. Ich kann hier nicht untätig rumsitzen und warten. Ich werde sonst verrückt. Ich will alles über sie wissen, alles über Madeleine, alles über Johannas Entführer. Denn meine Mutter wusste, wer sie waren. Sonst hätte sie ihnen nicht die zwei Millionen Dollar abgenommen. Genau das hat sie getan. Sie hat sie erpresst. Sie hat wirklich viel von deinem Vater gelernt.«
»Das ist nicht dein Ernst?«, fragte David. »Du willst da nicht ohne Wissen der Polizei hin.«
»Ich werde es Mankiewisc nicht mitteilen, wenn es das ist, was du meinst.«
»Du willst das wieder allein in die Hand nehmen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte ich und sah ihn herausfordernd an.
»Wenn Madeleine aber in irgendeiner Form mit der Entführung zu tun hat …«
»Ich weiß es nicht«, unterbrach ich ihn, »auch wenn ich zu Mankiewisc etwas anderes gesagt habe. Eigentlich weiß ich es nicht, und eigentlich bin ich nicht besser als Groß, Renner und Mankiewisc. Ich nehme auch an, was mir am besten ins Bild passt.«
»Meine Güte, Clara, nimm doch Vernunft an. Hör auf, immer alles allein machen zu wollen. Lass mich mitkommen, oder informier zumindest Mankiewisc.«
Man hörte seiner Stimme nicht an, was er dachte. Sie klang dunkel und unbeteiligt. Ich drehte den Kopf zur Seite und schaute ihm ins Gesicht. In dem Licht sah er niedergeschlagen und traurig aus.
»Ihr wisst, wo ich bin«, sagte ich. »Das muss reichen.«
»Aber wenn sie etwas damit zu tun hat, dann kann das schlecht ausgehen.«
»Es ist viel zu viel Polizei unterwegs«, sagte ich. »Ich werde meine Tochter heute nicht zurückbekommen.«
David sah mich überrascht an und machte einen Schritt auf
mich zu. Ich gebot ihm mit einer Handbewegung Einhalt, und er blieb stehen.
»Aber wenn sie etwas damit zu tun hat, weiß sie, dass du das Geld dabeihast«, sagte er.
»Ich muss es riskieren«, sagte ich.
»Clara«, sagte David. »Joseys Leben steht auf dem Spiel. Ist dir das bewusst? Wenn diese Frau etwas mit der Entführung zu tun hat, dann war ihr Auftritt auf dem Friedhof bei der Beerdigung deiner Mutter eine glänzende schauspielerische Leistung. Sie wird dir einreden, sie trauere um ihren Tod. Sie wird dir vormachen, dass sie entsetzt über Joseys Entführung ist, und während du dich von ihr einlullen lässt, zieht sie hinter deinem Rücken die Fäden.«
Ich schloss einen Moment lang die Augen, als könnte es mir helfen, meine Gedanken zu sortieren.
»Und wenn wir uns irren?«, fragte ich. »Was, wenn sie tatsächlich einfach nur ein netter Mensch ist, der sich freut, mich endlich gefunden und kennen gelernt zu haben?« Ich wusste, wie verrückt es klang nach allem, was ich gerade zu Mankiewisc gesagt hatte.
»Wieso hat sie dich nicht früher kontaktiert? Du hast doch erzählt, sie hat vor dem Hotel gestanden und du hättest sie an ihrem tellerartigen Hut erkannt.«
»Sie ist selbst Mutter«, sagte ich und wusste, wie lahm es klang. »Vielleicht mache ich schon wieder einen Fehler. Vielleicht bin ich schon wieder besessen davon, endlich einen Schuldigen ausmachen zu können, dass ich diese einfache Tatsache verdrängt und nicht berücksichtigt habe und einfach nur einen Entführer haben will.«
»Das meinst du nicht ernst.«
»Doch«, erwiderte ich und machte eine müde, abwehrende Handbewegung. »Du hast hier keine Verpflichtungen. Du kannst jederzeit aussteigen, du musst meine Entscheidung nicht
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