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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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langweilte, fantasierte. Das alles kennen wir, und wir planen es ein. Aber es wäre eine kleine, winzig kleine Chance.«
    »Tun Sie es nicht«, bat ich.
    Er wechselte das Thema: »Sie glauben also, Ihre Halbschwester hat mit Joseys Entführung zu tun?«
    »Ich weiß es nicht. Sie hat ein Alibi und kein Motiv, wie Sie ja feststellten.«
    Groß zuckte mit den Achseln. »Sie fährt den Range Rover Ihrer Mutter.«
    »Sie fährt einen Rover?«, fragte ich verblüfft.
    Er nickte.
    »Dann kann sie die Frau am Bahnhof mit dem ersten Brief
gewesen sein. Und auch die Frau, die schon einmal in Hamburg vor meiner Wohnung stand und später vor dem Hotel meiner Mutter.«
    »Das am Bahnhof kann sie nicht gewesen sein«, sagte Groß. »Wir haben es überprüft. Sie hat auch an diesem Morgen geputzt. Die Leute haben es bezeugt. Sie hat sofort nach dem Tod ihrer Mutter zwei neue Vormittagsstellen angenommen. In dem Beruf ist das ja kein Problem.«
    »Und wenn die lügen?«
    »Eine Putzstelle hat sie beim Dorfpfarrer, die andere in einem Getränkemarkt. An dem fraglichen Morgen putzte sie beim Pfarrer.«
    Ich schüttelte ratlos den Kopf. Ich verstand das Ganze immer weniger.
    »Christine könnte sich den Rover von Madeleine ausgeliehen haben«, sagte Mankiewisc.
    Ich sah ihn aufmerksam an.
    »Wir wollen Ihnen einen Vorschlag machen«, sagte Mankiewisc abrupt. »Wir können nicht definitiv ausschließen, dass Ihre Halbschwester nicht doch etwas mit Joseys Entführung zu tun hat oder zumindest etwas weiß. Doch dann muss sie auch etwas mit der Entführung ihrer ersten Tochter zu tun gehabt haben. Sonst ergibt das alles keinen Sinn. Ihre Mutter hatte auf jeden Fall mit Johannas zu tun. Das Dumme ist, wir können Ihre Halbschwester in einem so winzigen Dorf nicht überwachen. Sie würde es bemerken, und wenn sie etwas mit der Entführung zu tun hat, bringen wir Ihre Tochter damit in Gefahr.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich kann hier nur noch warten, und Sie müssen verschwinden.«
    Mankiewisc nickte. »Das sehen wir auch so. Aber es ist gefährlich für Sie und Ihre Tochter. Sehen Sie, je länger ein Kind in der Hand von Entführern ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es das überlebt. Die vier Tage für die Geldübergabe sind längst um, und Ihre Tochter ist seit zwei Tagen verschwunden.«

    Mein Magen verknotete sich, doch mein Gesicht war eine Maske.
    Mankiewisc musterte mich, und Groß’ Blick klebte schon eine ganze Weile an mir, auch wenn ich versuchte, es zu ignorieren.
    »Wissen Sie, was eine posttraumatische Belastungsstörung ist?«, fragte Groß unvermittelt, zog ein DIN-A4-Blatt aus der Jacke und legte es auf den Tisch. »Wir haben mit einem Psychologen gesprochen, der darauf spezialisiert ist.«
    Mein Puls beschleunigte sich. Ich rutschte auf meinem Stuhl nach vorn, dichter an den Tisch heran, zog das Blatt zu mir und begann zu lesen: »Verdrängung, Wiedererleben, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, sozialer Rückzug, soziale Abgrenzung, Vertrauensverlust, Distanziertheit, Angstzustände, Panikattacken, Misstrauen, Schuldgefühle, Albträume, Suizidgedanken.«
    Ich blickte auf. »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Deshalb hat John Hart sie damals behandelt. Wir haben es in Ihren Akten nachgelesen.«
    »Und? Es ist Jahre her.« Meine Stimme klang scharf und nach Abwehr. »Ich bin weder hysterisch noch unzurechnungsfähig.«
    Mankiewiscs wässrige Augen ruhten auf mir, als beobachtete er mich in einem Versuchslabor für Verhaltensforschung.
    »Sie sind stärker als die meisten Menschen«, sagte er schließlich.
    »Hat Ihnen das meine Akte verraten?«
    »Ihr Verhalten«, sagte Mankiewisc. »Es wäre normal, wenn Sie zusammenbrechen würden. Aber Sie funktionieren so unbeeindruckt wie ein Computerlaufwerk.«
    »Das tue ich nicht«, sagte ich. »Sie wissen nicht …« Ich biss mir auf die Lippen.
    »Doch«, sagte Mankiewisc. »Ich weiß.«
    »Nein«, widersprach ich. »Ich habe Todesangst um meine Tochter.«
    »Und Sie können niemandem vertrauen.«

    »Ihnen?«
    »Ich kann mir vorstellen, dass Sie viele Gründe haben, niemandem zu vertrauen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie immer nur das preisgeben, was Sie unbedingt müssen«, fuhr er fast vorsichtig fort. »Ich vermute sogar, Sie haben uns nicht annähernd über das in Kenntnis gesetzt, was Sie wirklich wissen.«
    »Ich habe Ihnen am Telefon alles gesagt.«
    »Nein«, sagte Mankiewisc, »das haben Sie nicht, und es ist weiterhin allein Ihre Entscheidung, was Sie uns

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