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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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paar Telefonate schließlich ermittelt haben. Nur gab es dort keine gültige Adresse. Ihre Post ging an ein Schließfach, und wir haben eine Menge Zeit vertrödelt, bis wir die Adresse hatten. Denn Sie, gnädige Frau, hatten es ja nicht nötig, uns an Ihrem Wissen teilhaben zu lassen.«
    Ich war mir sicher, er hätte gebrüllt, wären wir nicht in einem Hotel gewesen.
    »Sie hätten uns sagen müssen, dass Ihre Mutter dort ein Haus besaß«, sagte Groß.
    »Ich bin nicht dazu da, um Ihnen die Ermittlungen zu erleichtern«, erwiderte ich.
    »Ich verhafte Sie wegen Behinderung bei der Ermittlung eines Tötungsdeliktes«, fauchte Mankiewisc in dumpfem Bass und stemmte sich aus dem Sessel.
    »Peter«, sagte Groß und schüttelte den eckigen Kopf.
    »Halt die Klappe«, fauchte Mankiewisc. »Mir reicht es. Sie
tanzt uns auf der Nase rum. Sie wird bedroht, sie wird beobachtet, sie verschweigt uns mal eben die Adresse ihrer Mutter, und sie hinterlässt Tote …« Seine Stimme schwoll nun doch an, als sollte sie einen Konzertsaal füllen. Die blaurote Ader saß prall unter der Haut und teilte die Stirn zwischen den Brauen. Sie erinnerte mich an die Adern meines Vaters auf seiner Hand, und einen Moment lang wünschte ich nichts sehnlicher, als dass er jetzt hier wäre. Ein vertrauter Mensch, auf den ich mich verlassen konnte und der mir glaubte.
    »Rocket Man« klingelte das Handy kurz in meiner Tasche und erstarb dann. Mein Gehirn gefror. Ich zog das Handy mechanisch aus der Handtasche. Mankiewisc fixierte mich unter den Brauen wie ein Jäger das Wild, das er gleich erlegen wollte.
    Ich hatte eine Fotomitteilung erhalten.
    Mein Gehirn taute mit der explosiven Geschwindigkeit eines Eisstücks auf, das man in einen Hochofen warf. Ich öffnete den Ordner.
    Als ich das Foto sah, wünschte ich mir, dass mein Gehirn zu ewigem Eis gefror.
    Es gefror tatsächlich, während ich wie in Trance die Off-Taste drückte und das Handy schließlich meinen Fingern entglitt.
    »Halt sie, meine Güte, Peter!«, hörte ich eine Stimme sagen, und dann trat ich ins ewige Eis ein, das mich mit funkelnden Blautönen umgab, bis alles um mich herum versank.

24
    Ich kam zu mir mit dem Gefühl, tief unter der Wasseroberfläche in einem grau schimmernden Ozean zu schwimmen, eingebettet in ein rhythmisches, leises Piepsen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Das Piepsen erklang nah an meinem Ohr. Ich öffnete die Augen und drehte den Kopf. Ich blinzelte in einen grünen Monitor, der nichts in einem Meer verloren hatte. Sein
schwacher Schein beleuchtete einen Nachttisch. Mein Gehirn lief im Spar-Modus, meine Zunge lag pelzig und viel zu groß in meinem Mund, und meine Kehle war staubtrocken.
    Auf dem Tischchen stand ein Glas Wasser. Ich richtete mich auf, angelte nach dem Glas und trank im piepsenden Rhythmus des Monitors. Durch die Gänge meines Gehirns kroch träge die Einsicht, dass ich in einem Krankenhausbett lag, auch wenn mir jede Erinnerung für den Grund fehlte. Dafür überschwemmte mich eine andere Erinnerung und eine Erschöpfung, die tief in meinen Knochen bohrte. Ich legte mich zurück aufs Bett und schloss die Augen.
    Ich war in meinem Leben nie krank gewesen, und außer den üblichen Erkältungen und gelegentlichen Rückenschmerzen kann ich keine Leidensgeschichte vorweisen. Ich lag nur zweimal in einem Krankenhaus. Jedes Mal zur Geburt meiner Töchter, und auch wenn ich mich an Johannas Geburt nur noch dunkel erinnerte, so spürte ich Joseys Geburt doch so lebendig, als wäre es erst gestern geschehen.
     
    Eine Gestalt huschte in mein Zimmer. Ich sah es am Auf - und Abblenden des Lichts, das vom Korridor her in das Zimmer fiel und dann wieder erlosch, und ich hörte es an den flüchtigen Schritten, die sich meinem Bett näherten.
    »Clara?«, fragte Davids Stimme leise neben mir.
    »Was ist mit mir?«, fragte ich.
    Er schaltete eine Leselampe auf dem Nachttisch ein.
    »Du warst ohnmächtig. Wir haben einen Notarzt geholt, und er hat dich ins Krankenhaus eingewiesen.«
    »Wieso ohnmächtig?«
    David zuckte mit den Achseln und wich meinem Blick aus.
    »Wie lange war ich weg?«
    Er warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Es ist jetzt fünf Uhr. Zwei Stunden.«
    »Ist Josey noch bei Claus und Rena?«

    »Clara«, sagte David und nahm mein Gesicht in seine Hände.
    Mehr brauchte ich nicht, um mich zu erinnern. Blitzlichtartig sah ich das Handy vor mir, das Foto von meiner Tochter, wie sie durch eine Scheibe schaute, und ich sah den Text, der

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