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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Göttern … Der Heilige Berg wurde entweiht! Ein Frevel ist geschehen …!«
    Er packte sie an den Gelenken, versuchte, ihre Fäuste von dem schreienden Mund zu zerren. Sein Herz hämmerte stürmisch. »Wer …?«, brüllte er. »Wer wagte den Frevel?«
    Sie ächzte und krümmte sich in ihrem Wahn. Schüttelfrost überlief ihren Körper. Er schlug sie hart mit der Handfläche ins Gesicht. Da kreischte sie wie zu Tode verwundet: »Der Schwarze Rabe brachte den Fluch über uns!«
    Er ließ sie los. Sie verdrehte die Augen, fiel zurück und schlug mit dem Hinterkopf auf die Steine. Erstarrt blickte er auf sie herab und langsam erfasste er das Unglaubliche. Erst als Tisina sich stöhnend bewegte, schreckte er wie aus einem Wachtraum auf. Er hob die Frau behutsam in die Höhe und stützte sie mit seinem Arm. Zitternd sank sie an seine Brust. Ihr erstes Aufschluchzen war so schwer, dass es einem Röcheln glich. Weitere Seufzer folgten; der Bann war gebrochen. Sie weinte wie eine Frau, die einen schmerzlichen Verlust zu beklagen hatte und von jetzt an nur noch auf den Tod wartete.
    Er strich ihr über das wirre Haar. »Tisina?«
    Â»Ja, Herr.«
    Â»Die Herrin der Bären … meine Gemahlin … ist sie noch am Leben?«
    Er fühlte heiße Tränen auf seinem nackten Arm. Ihre Stimme klang unwirklich und tonlos.
    Â»Sie lebt … aber sie hat Schmerzen … Die Sisamu haben die Eskorte überfallen … Ich sehe es deutlich jetzt … Das Gras ist rot von Blut …«
    Einen Atemzug lang schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, war die Müdigkeit in ihm wie verflogen. Er fühlte auch keine Schmerzen mehr, sondern nur ein ungeheures Glühen. Er erhob sich, half der Frau, sich aufzurichten, und seine Stimme war so ruhig und hart wie der Blick, den er auf sie heftete.
    Â»Weine nicht, Mutter, sondern gib den Befehl, die Muschelhörner zu blasen. Alle Krieger der Kotan sollen sich versammeln. Wir ziehen zum Kunne-Iomante!«

20
    K aras schlug benommen die Augen auf. Dumpfer Schmerz saß in seinen Gliedern. Sein Gaumen brannte, er fühlte sich wie ausgelaugt. Er stützte sich auf einen Ellbogen und maß schläfrig die Länge der Schatten, die die Sonne warf: Es musste schon spät am Morgen sein.
    Am vorherigen Abend hatte er mit Ama no Uzume an einem Bankett teilgenommen. Sie war in ein purpurnes, von Goldfäden durchwebtes Gewand gekleidet gewesen.
    Sie hatte ihm Wein eingeschenkt, ihm mit ihren elfenbeinernen Stäbchen die zartesten Bissen in den Mund geschoben. In seinem Bewusstsein erwachte die Erinnerung an ein perlendes Lachen, Stimmengewirr und Musik. Danach war nichts mehr; nur noch Dunkelheit, Stille und tiefer, traumloser Schlaf.
    Lauter und erregter als sonst drangen die Geräusche der Festung in sein Gemach: Befehlsstimmen, eilige Schritte, Waffengeklirr und das Schnauben und Stampfen der Pferde. Karas raffte sich mühsam auf und rief nach seinem Diener. Niemand antwortete. Karas murmelte unwillig vor sich hin. Wo blieb denn nur der pflichtvergessene Bursche? Er kleidete sich an und steckte sein Haar auf. Als er sein Schwert ergreifen wollte, blickte er verstört um sich: Die Waffe war nicht mehr da, wo er sie gestern Abend hingelegt hatte. Mit unsicheren Schritten stapfte er durch das Zimmer, riss die Schiebetür auf. Draußen lehnte ein Wachtposten gegen das Geländer am Treppenabsatz. Ihm fiel auf, dass der Mann sich nicht verneigte.
    Â»Wo ist mein Schwert?«, herrschte er ihn an.
    Der Wachtposten lachte. »Wenn es nicht daliegt, dann habt Ihr eben keins mehr«, gab er unverschämt zur Antwort.
    Karas schoss die Röte ins Gesicht. Was ging hier vor? »Führe mich zum König, aber sofort!«, befahl er hochfahrend.
    Der Wachtposten zog gleichmütig die Schultern hoch. »Das wird wohl kaum möglich sein. Seine Allerhöchste Majestät inspiziert die Truppen.«
    Karas versuchte, klar zu denken. Kalter Schweiß lief ihm über den Rücken. Da sah er eine Dienerin den Gang entlangkommen. Sie trug ein Tablett mit einigen Gefäßen. Er erinnerte sich, die Frau in den Gemächern der Hofdamen gesehen zu haben. Er trat an dem Wachtposten vorbei und gab der Dienerin ein Zeichen stehen zu bleiben.
    Â»Teile der Verehrungswürdigen Ama no Uzume mit, dass ich sie zu sprechen wünsche!«
    Die Zofe verneigte sich verlegen. »Ehrenwerter

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