Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
gegen Äste, verfingen sich im Gestrüpp. Der ganze Wald war erfüllt von hastigen, trappelnden Geräuschen. Susanoo spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Er wusste, was dieser Lärm zu bedeuten hatte.
    Das Grollen im Erdinnern ließ nach; der Wald kam wieder zur Ruhe. Susanoo lief das Flussufer entlang, als er plötzlich mit dem Fuß gegen etwas Weiches stieß. Er schnellte zurück - das Kurzschwert sauste nieder -, da sah er, dass der Mann tot war. Er beugte sich über den Körper, der verstümmelt im Gras lag. An der Kleidung und an der Haartracht erkannte er sofort einen seiner Krieger. Susanoos Zähne bohrten sich in die Unterlippe. Seine Befürchtungen bestätigten sich also: Kubichi und ihre Eskorte waren verraten und überfallen worden. Noch blieb ihm eine schwache Hoffnung, an die er sich klammerte: Seine Allerhöchste Majestät war schlau wie ein räudiger alter Fuchs. Er würde die Königin von Izumo nicht ermorden lassen, ohne vorher zu feilschen. Aber wenn Kubichi gefangen war, musste er zuerst herausfinden, wo …
    Die trockenen Halme raschelten um seine Knöchel, als er sich vorsichtig weiterbewegte. In kurzen Abständen entdeckte er noch mehr Leichen - alles Männer seiner Leibgarde. Die Tungusen wüteten schrecklich im Nahkampf und die Toten waren übel zugerichtet. Etwas weiter war eine kleine, von Bäumen beschattete Lichtung mit einem Teich. Halb vom Wasser bedeckt, lagen da die Überreste eines Mannes. Die Tungusen hatten ihm Harnisch und Waffen geraubt und die Geier waren auch schon da gewesen. Doch irgendetwas an ihm kam Susanoo bekannt vor. Er bückte sich und drehte den Toten auf den Rücken: Es war Hokiji, der Befehlshaber seiner Leibgarde.
    Susanoo wandte die Augen ab und murmelte: »Ich wünschte nur, du hattest noch Zeit, den Glauben der Ainu anzunehmen!«
    Sein letzter Hoffnungsschimmer, Überlebende anzutreffen, schwand dahin. Vom nahen Gipfel her wehte eine gelbliche Dunstfahne. Der Schwefelgestank, mit dem süßlichen Geruch der Verwesung vermischt, raubte ihm fast den Atem. Susanoo presste seinen Ärmel gegen Mund und Nase, bahnte sich hustend und würgend einen Weg durch das Dickicht. Oft musste er auf den Knien rutschen und von Zeit zu Zeit sogar kriechen. Endlich vertrieb der Wind die Schwefeldämpfe. Der Wald lichtete sich. Jenseits der Sträucher dehnte sich eine Ebene. In der Mitte erhob sich ein einzelner Baum. Er war nicht sehr hoch. Von seinem knorrigen, gedrungenen Stamm gingen, wie Speichen eines Rades, lange, starke und dichte Äste aus, die einen riesenhaften Sonnenschirm bildeten. In seinem Schatten saßen mit untergeschlagenen Beinen zwei Männer. Ihre Schwerter hielten sie auf den Knien. Zwischen ihnen im Gras lag eine Gestalt, die mit einem purpurnen Umhang zugedeckt war.
    Susanoo packte sein Kurzschwert fester und trat aus den Büschen. Die Männer sprangen augenblicklich auf; ihre Schwerter blitzten in der Sonne. Doch plötzlich knieten sie nieder, legten ihr Schwert vor sich hin, stützten die Hände auf den Boden und senkten tief die Köpfe. Da erst merkte Susanoo, dass er Männer aus Yamatai vor sich hatte.
    Â»Wer beorderte euch, hier zu verweilen?«, fragte er.
    Einer der Offiziere antwortete ehrerbietig: »Herr, wir gehorchen dem Befehl Ihrer Majestät, Toyo-Hirume-no-Mikoto. Sie erteilte uns den Auftrag, die Fürstin zu bewachen.«
    Susanoo wandte seine Augen der Gestalt am Boden zu. Er spürte das Beben, das durch die Männer ging. Es war sehr heiß, die Fliegen schwirrten. Er kniete nieder und schlug den Umhang zurück. Kubichi lag ein wenig auf der Seite, den Kopf ins Gras gebettet. Der Tod hatte ihr Gesicht kaum entstellt. Ihre Haut war wächsern und zart wie ein Blumenblatt, die Lippen etwas eingefallen. Ihre Augen waren nur halb geschlossen. Susanoo schlug den Umhang weiter zurück. Schwere, heiße Tränen traten ihm in die Augen. Aber er konnte nicht weinen: Die Tränen trockneten sofort.
    Sein Blick richtete sich erneut auf die Offiziere. Heiser fragte er: »Was geschah mit dem Kind?«
    Der Mann, der zuerst gesprochen hatte, verneigte sich. »Unsere Königin nahm es in ihre Obhut.«
    Susanoo vernahm die Worte wie von weit her. Ein Funke zuckte in seinen Augen auf. »Das Kind ist am Leben?«
    Â»Ja, Herr.«
    Wieder senkte er den Blick auf die Verstorbene. Die Sonne tönte ihre Wangen

Weitere Kostenlose Bücher