Im Zeichen der gruenen Sonne
konnte. Er griff zum Megafon:
»He, ihr Stinktiere! Ihr habt wohl gedacht, ihr hättet’s geschafft! Aber nicht mit Onkel Kero! Rückt mein Maschinenteil raus oder ich verarbeite euren Kahn zu Sägespänen!«
Und um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, sorgte er für nachhaltige Belüftung in den Kabinen, die hinter der Bordwand lagen.
»Hol mir das Maschinenteil!«, sagte Möhre entschlossen. »Es liegt unten neben der Kugel!«
Pit starrte sie fassungslos an. »Du willst es diesem Kerl doch wohl nicht geben?«
»Hol es!«
Möhres Ton ließ keine Widerworte zu. Ihr Gesichtsausdruck war entschlossen, und sie wirkte stark und seltsam fremd. Schnell verschwand Pit unter Deck.
Möhre drehte sich lächelnd zu Ismael. »Sag mal, wie heißt du eigentlich?«
»Ismael.«
»Ismael, wusstest du, dass Moslems und Christen dieselbe Geschichte haben?«
Ismael zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Dieses Mädchen tickte doch wohl nicht ganz richtig! Sie wurden verfolgt und beschossen, und sie unterhielt sich mit ihm über islamische und christliche Religionsgeschichte?
Pit brachte Möhre das Maschinenteil und gab es ihr vorsichtig. »He, Möhre, komm aber nich auf die Idee, noch mal so ’nen Sturm zu machen. Dann geht die Kah mit den Rennbooten zusammen unter!«
»Keine Sorge! Ismael, kennst du die Geschichte von Moses?«
Ismael nickte eifrig. Immer nur lächeln und freundlich sein, dachte er, die spinnt doch …
»Was tat Moses, als die Ägypter ihn und die Israelis verfolgten?«
Was tat er, was tat er? Ach ja … »Er teilte das Meer …!«
»Bingo!« Möhre drehte sich den beiden Verfolgern in den Booten zu.
»He, Kero-Sin! Kennst du die Geschichte mit Moses? Nein? Dann pass mal gut auf!«
Möhre schloss die Augen und legte die Hand an die Vertiefung. Der Kasten leuchtet grün auf, und fast schien es, als gleite das Licht auf Möhres Körper über. Da stand sie am Heck der Kah und strahlte weit über den Nil.
Kero-Sin gab Vollgas, doch plötzlich schoss ihm eine böse Ahnung durch den Kopf, und er versuchte eine Vollbremsung … Aber zu spät! Möhre hatte quer durch den Nil einen Graben im Wasser gezogen, der Fluss war längs geteilt, und die beiden Boote rasten genau in die trockene Spur hinein. Für den Bruchteil einer Sekunde hingen sie frei in der Luft, dann schlugen sie mit dumpfem Geräusch tief unten im freigelegten Nilgrund auf.
Pock! Pock!
Die fünf an Deck der Kah mussten sich weit über die Reling beugen, um tief in den Graben hinunterzusehen. Unten, knietief im Schlamm des Nilgrunds, bekam Kero-Sin wieder einen Tobsuchtsanfall.
»Ich räche mich! Oh, was werde ich böse! Hofschmeichler, mach sie fertig! Alle!«
Der Hofschmeichler zog gelassen seinen Helm aus und warf ihn in den Matsch.
»Majestät?«
»Jaaa?!«
»Leck Er mich!«
Kero-Sin war so verdattert, dass er augenblicklich verstummte.
»He«, rief Möhre in den Graben hinter dem Heck der Kah hinunter, »wisst ihr eigentlich, wie die Geschichte mit Moses im Roten Meer ausging?«
»Och, nöö!«, maulten Kero-Sin und der Schmeichler. Offensichtlich wussten sie’s.
Möhre legte erneut die Hand an die Maschine, und mit einem dumpfen Geräusch schlugen die Wellen über den beiden Rennbooten zusammen und der Nil floss, als wäre nichts gewesen.
Erschrocken zog Ismael an Möhres Ärmel. »He, was, wenn sie jetzt ertrinken? Das können wir doch nicht tun!«
»Keine Sorge!«, antwortete Möhre. »Fett schwimmt oben!«
Tatsächlich, wenige Sekunden später poppten die beiden hustend, spuckend und fluchend an die Wasseroberfläche. Sie konnten gerade noch die davontreibende Kah sehen und fünf ausgelassene Kinder, die ihnen fröhlich zuwinkten.
Und hier das Neueste vom Tage:
Dna/ap DEIR EL-BAIRAS. Das beliebte Kamelrennen in der Wüstenoase Deir el-Bairas, zu dem sich auch in diesem Jahr Hunderte von begeisterten Fans aus dem Land eingefunden hatten, wurde heute Mittag von einem unangekündigten Teilnehmer empfindlich gestört. Zeugen sagten aus, dass der etwa dreißig Jahre alte Mann kurz nach dem Startschuss mit einem Schnellboot auftauchte, die Absperrung durchbrach und das Rennen mit fünfzehn Längen Vorsprung für sich entscheiden konnte. Da sein Transportmittel unzulässig war, wurde er umgehend von der Rennleitung disqualifiziert. Die anderen Teilnehmer des Rennens sagten aus, dass sie den Schnellbootfahrer gerne lynchen würden, da er ihr schönes Rennen um den großen Oasenpreis total
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