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Im Zeichen der gruenen Sonne

Im Zeichen der gruenen Sonne

Titel: Im Zeichen der gruenen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Rothe
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ist und an jeder Ecke zu haben. Die meisten Fellachen leben davon. Aber schmecken tut’s auch! Also, ihr nehmt die braunen Bohnen und schnippelt Zwiebeln und Gewürze klitzeklein. Dann weicht ihr ein Brötchen in Wasser ein, und wenn’s so richtig schön matschig ist, vermischt ihr es mit dem Zerschnippelten. Ihr formt daraus kleine Bällchen, rollt die in Sesamkörner und backt sie in heißem Öl. Und dazu gibt’s Salat, der ist genauso wichtig.«
    »Ich sterbe …!«, stöhnte Alex.
    Pit blickte kaum von ihren Falafil auf. »Wieso?«
    »Weil das so wahnsinnig lecker ist. Das ist zu viel für mich!«
    Möhre schlug mit der Gabel an ihr Glas und erhob sich. »Ihr Lieben, ich finde, Ismael hat die höchste Auszeichnung verdient, die wir zu vergeben haben. Ich bitte euch, euch zu erheben!«
    Und mit einem donnernden Applaus, viel Geschrei und Füßegetrampel klang der Abend aus.
    Später wälzte sich Pit in ihrer Koje hin und her. In ihrem Kopf kreisten noch immer die Erlebnisse der letzten Tage.
    »Möhre?«, zischte sie. »Schläfst du schon?«
    Ein Brummen drang aus Möhres Koje.
    »Sag mal, hast du das Maschinenteil schon in die Kugel gesteckt?«
    »Klar hab ich das … Gute Nacht!«
    »Dann hat es jetzt erst mal seine magische Kraft verloren?«
    »So ist es, schlaf gut!«
    »Schade, ich hätte gerne noch ein paar Experimente damit gemacht. Wie verhält sich H 2 O in Verbindung mit …«
    »Schlaf jetzt, Pit!«
    »Möhre?«
    »Jaaa?«
    »Wenn ich mir vorstelle, dass dies erst das erste Teil war und noch neun fehlen, wird mir ganz übel!«
    »Mmmhh …!«
    »Was wird Kero-Sin jetzt ohne sein Teil machen, wenn er wieder einen seiner Anfälle hat?«
    »Mach dir um den keine Sorgen. Ich hab ihm noch einen kleinen Gruß dagelassen! Schlaf endlich!«
    »Nacht!«
    »Nacht!«
    Die Sonne ging unter und tauchte die kleine Rote-Kreuz-Station in der Wüste in orangerotes Licht. Abdallah, der neue Krankenpfleger, der sich freiwillig gemeldet hatte, wurde eingearbeitet. Er hatte sein Vorhaben, von jetzt an nur noch nett zu anderen zu sein, sofort in die Tat umgesetzt, und er war stolz auf sich. Nie wieder würde er sich so gehen lassen …
    Der Chefarzt drückte ihm eine Packung Tabletten in die Hand und schickte ihn zum ersten Patienten. »Hier, der Patient auf Zimmer sechs kriegt zwei Aspirin. Komischer Kauz, wundern Sie sich nicht!«
    Abdallah tänzelte den langen kahlen Gang hinunter. Sein erster Patient, sein erster Pa-ha-hatient! Tralala! Er lief an den Türen vorbei und sah auf die Schilder. Zimmer vier, Zimmer fünf, Zimmer sechs! Da war’s! Tür aufreißen, sofort den Lichtschalter an und ein fröhliches »Guten Tag!« brüllen, am besten, wenn der Patient gerade fest schläft – das hatte er sich schon immer gewünscht, seit er mal mit einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus gelegen hatte. Natürlich würde er das Licht anlassen, wenn er das Zimmer wieder verließ … Also, er holte tief Luft, riss die Tür auf, knallte die flache Hand auf den Lichtschalter und brüllte: »Guten – oh verfluchte Kamelscheiße! «
    Im Bett lag – Kero-Sin! Ein Regenschirm schützte ihn vor der winzigen Wolke, die genau über seinem Bett stand und auf ihn herunterregnete. Das Wasser floss über den Stoff und tropfte vom Schirmrand in die vielen Eimer, die rund um das Bett standen.
    Müde sah Kero-Sin seinen Krankenpfleger an, aber er erkannte Abdallah nicht. Mit zitternder Hand deutete er auf die Wolke: »Sie folgt mir überallhin, wohin ich auch gehe! Überall fliegt sie mir hinterher! Da muss man ja einen Schnupfen kriegen!« Und wie zur Bestätigung schnaubte er ein ohrenbetäubendes »Hhuuaaatschiii!«.
    Abdallah hatte sich fest vorgenommen, zu helfen, wo er konnte, ungeachtet Herkunft, Religion, Vergangenheit, Alter und Bankkonto. Er drückte eine kleine weiße Pille aus der Verpackung, füllte einen Zahnputzbecher am Waschbecken und hielt beides seinem ersten Patienten unter die Nase. »Hier! Schlucken Sie das Aspirin mit ’nem Glas Wasser! Dann rutscht’s besser!«

    Die Reaktion war unerwartet heftig. Kero-Sin schrie auf, sprang aus dem Bett bis fast an die kleine Wolke unter der Zimmerdecke und brüllte: »Wasser? Ich hasse Wasser! Ich will das Wort Wasser nicht mehr hören!« Wahnsinn blitzte aus Kero-Sins Augen, als er damit anfing, seine Zimmereinrichtung zu zerlegen. Er entfaltete ungeahnte Kräfte, hob sein Gitterbett am Rahmen in die Luft, stemmte es über sich und warf es durch die Scheibe. Dem Bett

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