Im Zeichen der gruenen Sonne
desto heißer brannte die Sonne, und schon bald waren alle tiefbraun geworden. Jeden Abend versammelten sie sich im Mannschaftsraum. An Nahrungsmitteln mangelte es ihnen nicht, die Speisekammern waren randvoll, und jeder war mal mit Kochen an der Reihe. Bald entwickelte sich eine Art Wettbewerb, wer unter ihnen der Meisterkoch sei.
Heute Abend war Möhre an der Reihe. Schon den ganzen Nachmittag hing ein vielversprechender Duft in der Luft, der Pits, Alex’ und Toms Appetit ins Unerträgliche steigerte.
Möhre stand am Herd. Sie hatte sich eine große Schürze umgebunden, die, wie jeder Teller und jede Tasse, das Sonnenzeichen trug. Mit wichtiger Miene werkelte sie vor sich hin. Die drei anderen saßen bereits hungrig um den langen Esstisch, rissen Witze und warteten. Alex knotete sich eine Serviette um den Kopf, steckte eine Gabel wie eine Adlerfeder hinein und spielte Oberindianer.
»Nur ein gefüllter Magen ist ein guter Magen! Hugh, ich habe gesprochen!«
»He«, rief Tom dazwischen, »wir sollten ’ne Band gründen!« Er stand auf, nahm einen Löffel in die Hand und sprach in ihn wie in ein Mikrofon: »Wunderschönen Guten Abend, meine Damen und Herren. Wir präsentieren Ihnen heute die berühmten ›Hungrigen Mägen‹!« Pit sprang auf, verbeugte sich mit großer Geste vor einem imaginären, riesigen Publikum und sang: »Wir essen alles, sogar ein Kind … weil wir die »Hungrigen Mägen« sind! Tralala!«
Endlich war es so weit. Die knurrenden Mägen der drei Wartenden übertönten schon das Geplänkel und Gelächter, da zog Möhre die Schürze aus und präsentierte stolz auf einem Tablett einen Stapel kleiner, dampfender Kuchen mit einer weißen Soße. »Tätärää! Das, meine Lieben, ist ein Rezept aus der Karibik: Teigtaschen mit Ananasfüllung in einer Kokosnusscreme!«
Anerkennendes »Ahhh!« und »Ohhh!« erfüllte den Raum. Drei Teller wurden nahezu gleichzeitig vom Tisch gerissen und Möhre hingehalten, die mit wichtiger Miene ihre Kreationen verteilte. Das war gar nicht so einfach, denn der Seegang warf die Kah hin und her, und mit ihr wanderte das Tablett auf dem Tisch. Außer dem Klappern des Bestecks auf den Tellern und einem gelegentlichen anerkennenden Grunzen war bald nichts mehr zu hören – ein gefräßiges Schweigen.
»Dasch isch schpitze! Wasch isch’n da drin?«, fragte Tom mit vollen Backen.
»Ananas – hab ich doch gesagt!«, antwortete Möhre.
»Nee, isch moin, wie hascht du dasch gemacht?«
Stolz verriet Möhre ihr Rezept: »Also, erst mal machst du ’nen Teig mit Mehl, Wasser, Butter, Zucker, Salz und Zimt und schmeißt die Ananasstückchen rein! Dann aufkochen, bis es ’ne schöne Matschepampe ist. Während das Zeug wieder abkühlt, sind die Teigtaschen dran.«
»Teigtaschen?«, wunderte sich Alex. »Wo kauf ich die denn, mein liebes Lästerschweinchen, äh, Schwesterleinchen?«
»Die kaufst du nicht, Blödmann, die machst du gefälligst selbst!«
»Die Creme, was ist mit der Creme?«, wollte Pit wissen und leckte die letzten Reste von ihrem Teller.
»Ach ja, aber die ist nun wirklich einfach. Du schnippelst das Fruchtfleisch von einer Kokosnuss so klein wie möglich, schmeißt das Zeug in ein Küchenhandtuch und presst es in eine Schüssel aus! Fertig!«
»Kannst du ab heute bitte immer kochen?« Pit grunzte zufrieden und ließ sich schwer in die Kissen fallen.« Ich finde, nach Alex’ Spiegeleiern gestern, Toms Schokoladencreme vorgestern und meinen Bratkartoffeln vorvorgestern hast du eindeutig den Vogel abgeschossen! Ich erkläre dich zur Gewinnerin, und du erhältst die höchste Ehrung, die wir zu vergeben haben: einen kräftigen, herzlichen Applaus mit viel Geschrei und Füßegetrampel!«
Pit, Alex und Tom erhoben sich schwerfällig aus den Kissen und ehrten lautstark die Gewinnerin.
Trotz des unbestreitbaren Erfolgs sah Möhre nicht richtig zufrieden aus. »Ich weiß nicht, aber irgendetwas fehlt … als ich das zum ersten Mal gekocht habe, hat’s irgendwie anders geschmeckt!«
»Spinnst du? Das ist perfekt!« Tom stopfte sich kopfschüttelnd den letzten winzigen Bissen in den Mund.
»Nein, nein, irgendwas fehlt!«, beharrte Möhre. »Ein Gewürz. Ich komme nicht drauf! Ach, Mist, es liegt mir auf der Zunge! Na ja, ist ja jetzt auch egal!«
Tom stand schwerfällig auf und wankte durch den Raum.
»He«, rief ihm Pit hinterher, »wo willst du hin?«
»Ich muss mal für kleine Jungs, wenn du’s genau wissen willst!«, antwortete Tom und
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