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Im Zeichen der gruenen Sonne

Im Zeichen der gruenen Sonne

Titel: Im Zeichen der gruenen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Rothe
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verließ den Mannschaftsraum.
    »Puuh«, stöhnte Alex zufrieden, nachdem er das zweite Stück verdrückt hatte, »Hülsensack!«
    Pit grinste. »Ich hoffe, das heißt in diesem Zusammenhang: Ich kann nicht mehr, aber es war so dermaßen lecker, dass ich laut schreien möchte, und dann platze ich, und ihr müsst das ganze Geschlabber aufwischen und von den Wänden spachteln?«
    Alex nickte nur zufrieden und streichelte seinen Bauch.
    »Um Alex verstehen zu können«, kicherte Möhre, »sollten wir ’n eigenes Wörterbuch rausgeben: Idiotisch – Deutsch für Anfänger!«
    In diesem Augenblick flog die Tür auf, und Tom stand wieder im Raum. »Sagt mal, was riecht hier eigentlich so stark?«
    »Das müsstest du doch wohl am besten wissen!«, erklärte Alex lachend.
    »Nee, im Ernst jetzt … riecht ihr denn nichts?«
    Sie schnupperten. Tatsächlich! In der Luft lag ein würziger Geruch, der vorher nicht da gewesen war.
    »Den Geruch kenn ich …«, murmelte Alex unsicher, »wo habe ich das bloß schon mal gerochen? Das ist … das ist …«
    »MUSKATNUSS!«, kreischte Möhre und rannte zu dem Regal, auf dem die Gewürze standen. »Muskatnuss hab ich vergessen, das war’s!« Hektisch begann sie die verschiedenen Gewürzfächer zu untersuchen. »Ach, das ist ja blöd, alles ist an Bord, bloß kein Muskatnuss …«
    »Moment mal!«, wunderte sich Tom. »Wenn die Kah gar kein Muskat dabeihat – wieso riecht’s dann so stark danach?«
    »Das kann ich euch verraten!«
    Tom drehte sich um. Pit hatte eines der kleinen Bullaugen geöffnet und starrte hinaus. »Seht mal raus!«
    Alle stürzten zu den Fenstern. Da lag sie – die nordafrikanische Küste! Die Sonne war schon untergegangen, ein letzter roter Schimmer zeigte sich am westlichen Horizont. Möwen umkreisten schreiend das Schiff, ihre weißen Federn zeichneten sich scharf gegen den dunklen Himmel ab. Die Lichter einer Stadt glitzerten in der Dämmerung über dem Meer, das Land lag wie ein großer schwarzer Schatten vor ihnen. Immer neue Gerüche trug der Wind herüber, Gerüche von Gewürzen, Muskat, Nelken, Rosenöl, Gerüche von Sand, Gerüche der Stadt – es war der Geruch von Land, an dem man sich nach vielen Tagen auf See kaum sattriechen kann. Und noch etwas trug der Wind zu ihnen – Geräusche! Deutlich konnten sie die Wellen hören, wie sie dort hinten, irgendwo in der Dunkelheit, an die Küste schlugen. Gleichzeitig ertönte die Stimme eines Mannes, der in einem merkwürdigen Singsang etwas in einer fremden Sprache wiederholte. Immer wieder trug der Wind die Stimme herüber, langgezogen hallte sie über das Meer.
    »Allahu akbar! La ilaha illa-llahu wa Muhammedun rasulu-llahi!«
    »Was singt der da?«, wunderte sich Alex.
    »Mensch, die beten … nach Sonnenuntergang beten sie! Das ist so im Islam«, erklärte ihm Pit. Alle starrten hinüber zu den unzähligen Lichtern der Küstenstadt.
    »Das muss Alexandria sein!«, sagte Pit nach einer Weile. »Morgen sind wir in Kairo!«

El-Kâhira
    In der Nacht waren sie über einen der beiden Ausläufer des Nils in das Delta des längsten Flusses der Erde eingefahren. Als die Sonne aufging, hörten sie wieder die Gebete der gläubigen Muslime, die vom Ufer herüberschallten: Allahu akbar – Gott ist groß.
    Verschlafen wälzten sie sich aus ihren Kojen und gingen an Deck. Mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages konnten sie das Land endlich aus der Nähe betrachten. In ihrem ganzen Leben hatten sie noch keinen so großen Fluss gesehen; wie ein riesiger, unendlich lang gestreckter See zog er sich durch das Land.
    Während die Kah wie von magischen Kräften gezogen langsam gegen die Strömung flussaufwärts fuhr, zogen dichte Palmenhaine, große Baumwollfelder und Eukalyptusbäume an ihnen vorbei. Dazwischen tauchten immer wieder kleine Siedlungen auf, flache lehmbraune Häuschen, deren einzige Bewohner schwarzhaarige Kinder zu sein schienen, die einen schmutzigen Lumpen zu einem Knäuel verdreht hatten und damit johlend Fußball spielten. Als sie die Kah sahen, rannten sie zum Ufer, standen bis zu den Knien im Wasser und winkten mit beiden Armen. Die vier an Bord winkten zurück, das Land hatte sie schon in seinen Bann gezogen. Die Bilder, die sich ihnen boten, strahlten eine Ruhe und einen Lebensstil aus, wie sie es niemals zuvor erlebt hatten! Jahrtausende hatte dieser Fluss schon gesehen, er war dabei gewesen, als Dynastien auf- und untergingen, Pharaonen und Römer kamen und wieder verschwanden und

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