Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
schienen nur noch mit Haut bedeckt zu sein. „Ich dachte, du wärst gestorben.“
„Einige von uns sind das auch.“
„Oh nein.“ Sie lehnte sich zurück, um ihn anzusehen. „Was ist passiert?“
„Wir sind in der Nähe des Lagers des zweiten Bataillons im Osten der Stadt angegriffen worden.“ Er ließ die Schultern sinken. „Einige sind im Kampf gestorben. Den Rest hat man gefangen genommen.“
„Was ist mit dir?“
„Sie haben mich und die anderen Männer dazu abgestellt, für ein neues Armeelager in der Nähe von Surnos Steine zu beseitigen.“
„Du warst ein Sklave?“ Sanft berührte sie seine Wange.
„Ich bin vor zwei Monaten geflohen und hierhergekommen, um nach Daria zu suchen.“ Er senkte den Blick. „Noch hatte ich kein Glück.“
„Wo ist Marek?“, fragte jemand hinter ihr.
Adrek sah auf und schrie: „Du!“ Er warf sich auf Filip, der dem Angriff auswich. Adrek fiel zu Boden.
„Adrek, hör auf!“ Alanka beeilte sich, ihn zu beruhigen. Sie hatte Angst, dass er sonst die Polizei auf sie aufmerksam machte. „Filip ist jetzt einer von uns.“
Ungeschickt stand Adrek auf. „Was soll das heißen, einer von uns?“
Rhia trat vor. „Er hat sich seiner Weihung unterzogen. Der Geist Pferd hat ihn für sich erwählt.“
Fassungslos schaute Adrek erst die anderen und schließlich Lycas an.
„Ich konnte es selbst nicht glauben“, sagte der Bärenmarder, „aber ich habe es gesehen.“
Adrek starrte Alankas Hand an, die sie auf Filips gelegt hatte. „Verstehe ich nicht.“ Dann rieb er sich den Kopf und sah zu Rhia hoch. „Ich habe Marek gesehen.“
Alankas Herz machte einen Sprung. Rhia fuhr zusammen, als hätte sie einen Schlag bekommen.
„Wo?“, fragten beide gleichzeitig.
„Auf dem Markt, vor ein paar Tagen“, sagte Adrek. „Deshalb war ich heute hier. Ich hatte gehofft, ich kann ihm ein Zeichen geben.“
„War jemand bei ihm?“, hakte Rhia nach.
„Wachen, sechs Stück, und zwei weitere Sklaven.“
Alanka stiegen die Tränen in die Augen. Ihr Wolfbruder hatte seine Freiheit verloren.
„Wie haben die Wachen ausgesehen?“, fragte Filip.
Misstrauisch sah Adrek ihn an und wandte sich dann an die anderen. „Sie trugen Senatsabzeichen an den Schultern.“
„Dann gehört er einem Senator.“ Filip kratzte sich den Bart, wie er es immer tat, wenn er scharf nachdachte.
„Aber wie finden wir heraus, welchem?“, fragte Rhia. „Was,wenn sein Besitzer ihn nie wieder auf den Markt kommen lässt?“
„Wir könnten jedem von ihnen nach Hause folgen“, schlug Lycas vor.
„Und die Tiere in der Nähe fragen“, fügte Bolan hinzu. „Ich habe eine Idee“, sagte Filip. „Ich habe gestern das Kriegsdenkmal auf dem Hof des Senatsgebäudes besucht. Mein Name stand darauf. Alle in der Stadt halten mich für tot.“
Alanka spürte, wie ihr Blick weicher wurde. Sie berührte seinen Arm. „Das tut mir leid.“
Mit zusammengepressten Lippen lächelte er sie an. „Es hilft uns, weil ich mich hier bewegen kann, ohne erkannt zu werden. Das Denkmal hat mich außerdem an etwas erinnert.“ Er sah die anderen an. „Einmal alle zehn Tage ist es den Obdachlosen erlaubt, auf dem Hof vor dem Senat zu betteln. Sie dürfen nicht sprechen und niemanden ansehen, aber sie dürfen sich dort aufhalten. Das Gesetz dient dazu, den Politikern zu zeigen, wie weit jeder von uns fallen kann.“ Er atmete tief durch. „Leider sind viele der Obdachlosen verwundete Veteranen, die keine Arbeit finden können. Ihre Familien verlassen sie oft aus Scham, wenn die Verletzung bei einer Niederlage zustande gekommen ist.“ Er senkte die Stimme. „Das wäre wahrscheinlich auch mein Schicksal gewesen, wäre ich nach Hause gekommen.“
„Jetzt verstehe ich, warum du das nicht konntest“, sagte Lycas. „Aber was hat das mit Marek zu tun?“
„Ich weiß.“ Alanka nickte Filip zu. „Du willst selber auf den Hof betteln gehen, um dort vielleicht etwas zu belauschen.“
Er lächelte. „Das ist der beste Platz, um neuen Klatsch aufzuschnappen. Vor einem Bettler sprechen sie alle frei. Niemand ist für sie unsichtbarer, außer vielleicht ein Sklave.“
„Ich komme mit“, sagte Adrek. Filip sah ihn erstaunt an. „Je mehr Ohren, desto besser. Außerdem kann ich dich nicht als Einzigen den Helden spielen lassen.“ Er zwinkerte Alanka zu.
„Wir gehen alle“, sagte Lycas. „Wenigstens die Männer. Die Frauen sollten auf dem Markt sein, falls Marek dort noch einmal auftaucht.“
Filip stand
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