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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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geschwächt.«
    Ich senkte die Stirn.
    Â»Verzeiht mir, meine Mutter, aber ich musste vor Sonnenuntergang handeln.«
    Einen Augenblick herrschte Stille. »Ich warte«, ließ sich dann die Stimme der Königin vernehmen.
    Verzweifelt bemühte ich mich, die Bilder meiner Vision, die in mein Bewusstsein versenkt waren, lebendig werden zu lassen. Meine Mutter beobachtete mich scharf, bevor sie sagte:
    Â»Komm näher.«
    Ich gehorchte. Sie hob die Hand und beschrieb das Zeichen der vier Himmelsrichtungen dicht vor meinen Augen. Ich starrte auf ihre geschmeidigen Finger, die sich unaufhörlich bewegten, gleich einer Spinne, die ihren Faden ins Leere wirft. Die Bilder meiner Vision flackerten verschwommen in meiner Erinnerung auf. Mühsam versuchte ich, sie in Worte zu fassen.
    Â»Ich betrat die Pforte der Gestirne und schwang mich auf das Himmlische Pferd. Es trug mich zu dem dunklen Kern, aus dem das Schwert geboren wurde. Die Waffe trägt einen Zauberspruch …«
    Ich rang nach Atem. Schüttelfrost packte mich.
    Â»Was für ein Zauberspruch?«, fragte meine Mutter ruhig.
    Â»Ich … ich konnte ihn nicht lesen!«
    Sie sah mir in die Augen.
    Â»Vielleicht wolltest du es nicht …«
    Ihre Stimme klang ungewöhnlich schrill. Ich fuhr zusammen, als ob sie mich geschlagen hätte. Doch da verbeugte sich Tsuki-Yomi und sprach gelassen:
    Â»Ich kenne diesen Zauberspruch. Er lautet: ›Zur Mittagszeit am elften Tag des fünften Monats des vierten Jahres von Taihô wurde das Schwert mit den sieben Klingen vollendet aus Eisen, das mehr als hundertmal gehärtet wurde. Es wehrt die Gefahr ab in der Schlacht, es ist Fürsten und Königen würdig. Es wurde geschmiedet von …‹«
    Mit Absicht sprach er den Satz nicht zu Ende. Noch während ich aufgewühlt um Fassung rang, verneigte sich Tsuki-Yomi erneut vor mir. »Dies sind, Toyo-Hirume-no-Miko, Eure eigenen Worte, bevor Ihr in Eurer Trance das Bewusstsein verloren habt. Vertraut mir, dass ich kein einziges ausließ.«
    Ich schluckte schwer und blieb stumm. Ich wusste, dass er log, und meine Mutter wusste es ebenso. Ihr Antlitz war starr wie eine Maske, doch sie ersparte ihm jede weitere Frage. Dann sah ich, wie ihre Schultern sich strafften. Eiskalte Herausforderung sprach aus ihren Zügen.
    Â»Wahrlich«, ergriff sie das Wort. »Das Schwert mit den sieben Klingen ist eine mächtige Waffe! Doch jetzt, da wir die Geheimworte kennen, die seine Kraft verschärfen, können wir sie auch bannen. Ich werde den , dessen Name verflucht ist, mit seinem eigenen Zauberspruch bekämpfen und ihn in seiner Rache mitten ins Herz treffen.«
    Eine Erinnerung stieg in mir auf: das wachsbleiche, friedliche Gesicht der Großen Ahnin. Ich vermeinte, ihre leise verklingende Stimme zu hören. Halblaut wiederholte ich ihre letzten Worte:
    Â»In seinem Herzen ist nicht die Rache allein …«
    Es geschah etwas Merkwürdiges. Die Königin verharrte regungslos. Nichts veränderte sich, weder in ihrem Ausdruck noch in ihrer Haltung. Und doch war es, als stockte alles in ihr, Atem, Blut, das Leben selbst. Ihre unergründlichen Augen betrachteten mich, nein, sie starrten ins Leere, und die Erregung brach in einem einzigen Wort aus ihr hervor: »Geh!«
    Ich verneigte mich nicht; ich warf mich zu Boden. Meine Stirn schlug so hart auf die Matte, dass es schmerzte. Rückwärts kriechend verließ ich den Raum.
    In meinem Gemach war es so still, dass ich mich selbst atmen hörte. Ich saß, den Kopf auf die Brust gesenkt, die Hände im Schoß verschränkt, und spürte die Tränen hochsteigen. Ich dachte an Hi-Uma; ich war nicht überrascht, dass sein Geist mir zu Hilfe gekommen war. Waren nicht die Tiere seit j eher Verbündete der Schamanen? Ich sah seine großen glänzenden Augen, glaubte, seine Wärme, seinen Atem, das Pulsieren seiner Adern zu spüren. Und dann - unwillkürlich - dachte ich an Suki, so wie er mir an jenem sonnenüberfluteten Morgen zum ersten Mal begegnet war. Ich entsann mich seiner stolzen Zurückhaltung, seiner klaren Augen, seiner weichen Haare. Eine Welle von Zärtlichkeit erfasste mich, die Tränen liefen mir über die Wangen. Niemals hatte Suki mir mehr und endgültiger gehört als in diesem Augenblick, da ich an ihn dachte! Seltsamerweise tröstete und beruhigte mich dieser Gedanke. Ich trocknete meine Tränen. Ich

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