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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Gift sich mit dem Blut im Körper verteilt. Wenn Euch beliebt, bis zum Neumond am Leben zu bleiben, ist strengste Ruhe erforderlich.«
    Sie verneigte sich, entfernte sich ebenso lautlos, wie sie gekommen war. Meine Mutter lag regungslos und schien zu überlegen. Endlich brach ihre gefasste Stimme das Schweigen.
    Â»Was heute geschah, muss geheim bleiben. Heer und Volk benötigen ihre ungebrochene Kraft, um dem Feind zu trotzen. Man verbreite das Gerücht, ich hätte mich vom Kampf zurückgezogen, um die Hilfe der Unsichtbaren Welt zu erbitten.«
    In kühler Gelassenheit neigte Tsuki-Yomi das Haupt. »Es sei, wie Eure Majestät befehlen.«
    Nun wandte sich die Königin mir zu, sprach leise, um ihre Kräfte zu schonen.
    Â»Toyo-Hirume-no-Miko, suche zehn Leibwächter aus sowie einen Schicksalshüter und schiffe dich ein nach Nimana, der Hauptstadt des Landes Kara. Erbitte eine Audienz beim Fürsten Iri. Wenn er dich empfängt, sage ihm Folgendes: ›Im Namen Ihrer Majestät-der-großen-Kamider-Frucht, gedenkt des Schwurs des Pfirsichbaumes.‹ Der Fürst wird uns Schiffe und berittene Krieger zur Verfügung stellen. Mit seiner Hilfe werden wir den , dessen Name verflucht ist, besiegen und das Schwert mit den sieben Klingen in unseren Besitz bringen.«
    Ich wusste bereits von der Hüterin des Feuers, dass die Tungusenherrscher uns aufgrund eines vor Zeiten gegebenen Versprechens Schutz und Beistand schuldeten. Und so stellte ich nur eine einzige Frage:
    Â»Wann soll ich abreisen?«
    Â»Noch heute«, erwiderte die Königin.
    Tsuki-Yomi erhob sich und schnallte sein Schwert um. »Ich werde Admiral Oya beauftragen, ein Schiff für die Reise klarzumachen.« Er verneigte sich vor mir und setzte hinzu: »Die Große Erlauchte Göttin möge Euch beschützen.«
    Ich beugte dankend mein Haupt. Er trat hinaus. Sahos schlanke Hände zogen hinter ihm die Schiebetür wieder zu. Die Königin und ich waren allein. Ich kniete an ihrem Lager. Mir war, als ob mein Atem in der Stille ein störendes Geräusch verursachte. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass die Tage der Königin gezählt waren. Nach einer Weile hob diese die Hand.
    Â»Bring mir das Kästchen, das auf dem Opferschrein steht.«
    Ich tat wie geheißen. Es war ein schwarzes Lackkästchen, verziert mit dem Zeichen der roten Sonne und mit einem goldenen, sorgfältig gearbeiteten Vorhängeschloss versehen. Meine Mutter ließ die Hände in den Ausschnitt ihres Gewandes gleiten. Sie trug eine Korallenkette, an der ein winziger goldener Schlüssel hing. Durch Zeichen befahl sie mir, ihr diese Kette abzunehmen und um meinen eigenen Hals zu befestigen.
    Â»Wenn ich dieses Leben verlassen habe - aber nicht vorher -, öffne das Kästchen. Es enthält einiges, was deine Geburt betrifft. Du wirst dann eine Entscheidung treffen müssen.«
    Sie stockte. Ein gepresster Atemzug hob ihre Brust. War es bereits das Gift, das ihren Zügen diese Starrheit, ihren Augen dieses fiebrige Leuchten verlieh? Doch sie hatte sich schon wieder in der Gewalt. Ihre nächsten Worte klangen ruhig und kalt.
    Â»Wie immer deine Entscheidung auch ausfallen wird, trachte danach, dass sie einer Königin würdig ist.«
    Ich verbeugte mich, stumm und aufgewühlt. Ich empfand weder Neugierde noch Spannung, nur abgrundtiefe Verzweiflung und das furchterregende Gefühl, dass sich eine Schlinge immer enger, immer erstickender um mich legte.
    Erschöpft sank meine Mutter auf ihr Lager zurück. Sie hielt jetzt die Augen geschlossen.
    Â»Geh«, flüsterte sie. »Ich werde zum Großen Kami des Ozeans beten, dass er deine Überfahrt begünstigen möge.«
    Ich lehnte mich auf die Fersen zurück und erhob mich. Königin Himiko lag vollkommen still. Ihr Antlitz war ruhevoll. Ihre Gedanken schienen so weit entfernt wie die Wolken am Himmel. Rückwärtsschreitend verließ ich den Raum. Das Kästchen, das ich mit beiden Händen an mich presste, brannte auf meiner Brust, als sei es mit glühender Kohle gefüllt.

16
    D ie purpurnen Segel spannten sich. Die Wellenkämme hoben das Schiff, schoben es sanft in schaukelnde Täler. Es war eins der wenigen Schiffe, die im Verlauf der Kämpfe nicht beschädigt worden waren. Während es sich vom Hafen entfernte, stand ich am Heck, die Augen auf die Stadt gerichtet, in der die Bevölkerung sich

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