Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
die lächerlichen grünen Pantoffel, deren hohe Absätze sich in der Mitte der Sohlen befanden, hatte ich nur ein Schulterzucken übrig: Sie waren mit rosa Fledermäusen bestickt. Wahrhaftig, ich zog es vor, barfuß zu gehen, was in meiner Heimat zur Sommerzeit durchaus nicht unüblich war! Ich ließ es lediglich zu, dass mein Gesicht gepudert, die Lippen rot geschminkt und die Lider mit einem schwarzen Pinselstrich bis zu den Schläfen verlängert wurden.
    Der Prinz empfing mich in seinen Privatgemächern. Teppiche in leuchtenden Farben und Tierfelle bedeckten den Boden. Die Möbel von bisher ungeahnter Eleganz und Feinheit waren aus seltenen Hölzern mit Perlmutterintarsien. Mit Ölpapier bezogene Laternen hingen von mächtigen Decken und tauchten die Räume in sanftes, warmes Licht.
    Der Prinz saß mit untergeschlagenen Beinen auf einem Brokatkissen. Er trug ein bronzefarbenes Gewand mit überweiten, reich bestickten Ärmeln. Die um seine schlanken Hüften geschlungene Schärpe war mit Ketten aus Jade und Korallen geschmückt. Unter dem aufgesteckten Haar schimmerte sein Antlitz, ebenmäßig und glatt wie Sandelholz. Er hieß mich mit ausgesuchter Höflichkeit willkommen. Seine schwarzen Augen beobachteten mich, während ich auf dem mir zugewiesenen Kissen Platz nahm und die Falten meines Gewandes ordnete.
    Verwundert fragte er: »Wird in Yamatai das Haar offen über die Schultern getragen?«
    Â»Ja, Hoheit. Es ist üblich für Männer wie für Frauen.«
    Iri schlug gegen einen kleinen kupfernen Gong. Diener erschienen lautlos, trugen eine Anzahl kleiner mattroter Lacktische herein. Die Speisen wurden in Schalen und Tellern von milchigem Blau aufgetragen. Der Prinz griff zu seinen Stäbchen und begann, schnell und gierig zu essen, während ich, mit meinen Gedanken beschäftigt, nur wenig von den Gerichten kostete.
    Â»Mein Vater sprach oft vom ›Land-inmitten-der-Schilfrohrfelder‹«, sagte Iri mit vollem Mund. »Es heißt, dass Eure Verehrungswürdige Mutter, die Königin, einundzwanzig Provinzen beherrscht.«
    Â»Dem ist so, Hoheit.«
    Aus Höflichkeit nannte ich ihm die Namen der wichtigsten Bezirke und erzählte von unserer Art zu regieren. Iri hörte mir aufmerksam zu, wobei er unbekümmert eine Schale nach der anderen leerte, was in Yamatai gegen die guten Sitten verstieß. Er hatte etwas Wildes, Ungestümes an sich, was mich zugleich abstieß und erregte. Trotz der Prachtentfaltung, die ihn umgab, spürte ich in ihm das ungestüme Blut der Nomadenkrieger, die einst im Sattel lebten und im Sattel starben und ihre Macht in alle Länder trugen, die unter den Hufen ihrer Pferde erzitterten.
    Â»Bei Ratsversammlungen«, sagte ich, »gibt es weder Unterschiede zwischen Vätern und Söhnen noch zwischen Männern und Frauen. Es gibt eine Rangordnung zwischen Adligen und Bürgerlichen, doch herrscht ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen. Wir haben Märkte und treiben Handel. Meine Mutter, die Königin, steht in Verbindung mit der Unsichtbaren Welt und führt das Volk mithilfe ihres Orakels. Sie …« Ich unterbrach mich und setzte behutsam die Schale ab, die ich in Händen hielt.
    Iri rülpste höflich. »Ist das Essen nicht nach Eurem Geschmack?«
    Â»Verzeiht, Hoheit«, erwiderte ich leise, »schwere Sorgen bedrücken mich.«
    Ohne mich aus den Augen zu lassen, schlürfte der Prinz die scharf gewürzte Suppe, die die Mahlzeit beendete. Er konnte seine Neugierde nicht länger beherrschen und fragte geradeheraus:
    Â»Würdet Ihr nun geruhen, mir den Grund Eures Hierseins darzulegen?«
    Ich hob das Gesicht. Unsere Blicke trafen sich. Langsam und eindringlich sprach ich: »Im Namen Ihrer Majestät-dergroßen-Kami-der-Frucht, gedenkt des Schwurs des Pfirsichbaumes.«
    Der Prinz starrte mich an. Die Stille wurde endlos, sie brauste in meinen Ohren. Plötzlich erschien wieder das kalte, berechnende Lächeln um Iris Augen.
    Â»Und was erwartet Ihr von mir?«, brach er das Schweigen.
    Freimütig erzählte ich von den unglückseligen Umständen, die zu dem Angriff der Sperbermenschen geführt hatten. Einzig Sukis Name kam nicht über meine Lippen.
    Â»Mein Volk ist in großer Not«, sagte ich abschließend. »Um sich zu rächen, hat der , dessen Name verflucht ist, ein Schwert mit sieben Klingen geschmiedet.

Weitere Kostenlose Bücher