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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Sein Helm, mit einem Hirschgeweih versehen, warf tiefe Schatten auf seine Augen. Der traditionelle Gürtel der Tungusenreiter mit dem vielfältigen Sattelzubehör war um seine Hüften geschlungen. Das Schiff schwankte heftig. Eine Hand an der Reling, um das Gleichgewicht zu halten, die andere am Schwertgriff, sprach der Prinz weiter:
    Â»Eurer Beschreibung nach erlaubt uns die Größe des Hafens, alle Galeeren gleichzeitig vor Anker zu bringen. Das wiederum ermöglicht uns, die Reiter sofort einzusetzen.«
    Â»Die Sperbermenschen haben noch nie ein Pferd vor Augen bekommen«, erwiderte ich. »Die Furcht vor dem Unbekannten wird sie lähmen.«
    Unter dem feinen Bart hob ein höhnisches Lächeln Iris Lippen.
    Â»Es wird meinen Kriegern eine Freude sein, diese Wilden in Angst und Schrecken zu versetzen. Sie werden siegen, so wie sie es gewohnt sind. Und ich werde mich des Schwertes mit den sieben Klingen bemächtigen.«
    Der Wind brauste in meinen Ohren. Ich hörte kaum, wie ich halblaut sprach:
    Â»Dann werdet Ihr ihn zuerst töten müssen …«
    Iris Augen funkelten.
    Â»Wem zu Gefallen sollte ich es nicht tun?«
    Ich straffte die Schultern.
    Â»Mir zu Gefallen!«
    Iris Miene zeigte keine Überraschung. Im Gegenteil, es war, als fände er Spaß an diesem Spiel. Nach wie vor schwang Ironie in seiner Stimme.
    Â»Euer rachsüchtiger Verwandter legt Amôda in Schutt und Asche. Das Volk hungert. Viele Menschen verloren ihr Leben. Er trägt die Schuld, dass die Königin im Sterben liegt. Ich unterwerfe mich Eurem Wunsch, eile Euch mit meiner Streitmacht zu Hilfe. Und was höre ich? Dass Ihr seine Niederlage wollt, nicht aber seinen Tod?«
    Ich schwieg. Nicht weil ich keine Worte mehr fand, sondern weil der schwellende Schmerz in meiner Kehle jeglichen Laut erstickte. Meine Finger krampften sich um die Korallenkette mit dem kleinen goldenen Schloss. Doch als ich sprach, klang meine Stimme gelassen.
    Â»Ich danke Euch für Eure ehrenwerten Bemühungen. Aber das ist eine Sache zwischen ihm und mir.«

    Der Küstenstreifen wuchs. Bald segelten wir an der Heiligen Insel vorbei. Sonnenstrahlen ließen die Klippen wie Säulen hervortreten. Mir war, als ob eine Gestalt, dunkel gegen das Flimmern des Lichtes, hoch oben auf den Felsen stand. Erlebte die Hüterin des Feuers, wie ihr Werk in Erfüllung ging, wie sich die alte Weissagung erfüllte? Was mochte sie empfinden? Genugtuung oder Schmerz? Ich hatte getan, was mir vom Schicksal aufgetragen wurde. Aber was ist mit mir?, rief ich der Priesterin im Geiste verzweifelt zu. Was soll aus mir werden? Doch nur die Brandung rauschte. Die Antwort blieb aus.
    Je mehr wir uns der Küste näherten, desto stärker wurde ein scharfer Brandgeruch. Eine schmutzig graue Dunstglocke, durch die das rote Glühen der Brände flackerte, hing wie eine schwere Gewitterwolke über dem Hafen. Ich knetete verzweifelt die Hände. Wir kamen zu spät. Iri spürte die Spannung, die mich innerlich verzehrte. Seine Stimme klang laut und selbstsicher.
    Â»Auch wenn Amôda in Flammen steht, werden wir den Feind in die Flucht schlagen und noch heute Abend siegreich in den Palast einziehen. Unsere Ahnen leisteten den Schwur des Pfirsichbaumes. Werdet Ihr diesem zu gegebener Zeit die Treue halten?«
    Er forderte ein Versprechen, doch ich brachte keinen Ton über die Lippen. Das Bild des Mannes, dessen Name verflucht war, erfüllte mich ganz. Wie ein Blitzschlag durchzuckte mich die Erkenntnis: In den Augen des Schicksals war er nicht schuldig! Wie ich war er dazu auserwählt, dem scheinbaren Zufallsgeschehen Sinn und Inhalt zu geben und den Beginn eines neuen Zeitalters einzuleiten.
    Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich verstand, jetzt endlich verstand ich! Nicht alles, nein: nur einen Teil, doch das genügte. Ich unterdrückte mein Schluchzen, hob den Blick zu dem hochmütigen Antlitz des Prinzen.
    Â»Zweifelt nicht, ich werde mich erkenntlich zeigen. Doch erinnert Euch, dass der , dessen Name verflucht ist, am Leben bleiben soll.«
    Er forschte in meinem Gesicht, als wollte er in meinen Gedanken lesen.
    Â»Und weiter verlangt Ihr nichts?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Weiter nichts.«
    Das eigentümliche Lächeln, dem Grinsen eines Wolfes ähnlich, zog Iris Lippen hoch.
    Â»Ihr habt mein Wort. Aber das Schwert mit den sieben Klingen soll mir

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