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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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hinein.
    »Bedaure, daß es so holpert«, sagte er, »aber ich glaube, dies kann man nicht meinem Wagenlenkertalent zuschreiben, so viel es auch zu wünschen übrig lassen mag. Möchte meinen, ein bißchen Asphalt könnten sie schon gebrauchen hier in Arizona.«
    »Sie machen das prima, Jacob«, sagte Eileen.
    »Was ist mit meinem Anzug? Hat einer Ihrer Kollegen ihn wohl erkannt?«
    »Ich habe Teile von drei verschiedenen Kostümen genommen, die wir bei dieser Produktion nicht einmal benutzen. Wenn jemand etwas gemerkt hätte, dann hätte er inzwischen schon etwas gesagt.«
    »Hoffentlich wird sonst niemand krank«, sagte Jacob. »Wenn ich den Arzt spielen soll, werden sich meine medizinischen Kenntnisse als einigermaßen mangelhaft erweisen, fürchte ich.«
    »Wenn jemand fragt, sagen wir, ich hätte Sie mißverstanden, und Sie wären in Wirklichkeit ein Pferdedoktor.«
    »Gut; da können zumindest die Pferde nicht widersprechen. Aber der Himmel gebe, daß dann von denen keines krank wird; ich wüßte nicht mal, in welches Ende ich hin-eingucken muß.«
    Eileen zog sich in den Wagen zurück, nahm dem Kranken Jacobs runden Hut vom Kopf und wischte ihm die Stirn mit einem feuchten Tuch ab. Mit seinen stumpfen, seltsamen Augen schaute er zu ihr auf.
    »Danke«, sagte Kanazuchi.
    »Der Bart kratzt hoffentlich nicht allzusehr«, sagte sie. »Ich fürchte, ich habe ein bißchen zuviel Leim genommen, um ihn anzubringen, aber wir durften ja nicht zulassen, daß das Zeug in der Hitze schmilzt und uns alles verdirbt, nicht wahr?«
    Kanazuchi schüttelte den Kopf. Seine Hand tastete nach dem Grasschneider, der neben ihm unter dem langen schwarzen Mantel lag; er schloß die Augen und ließ sich vom Rumpeln und Holpern des Wagens in die Meditation lullen. Er brauchte jetzt Schlaf; die Wunde war gesäubert und frisch verbunden und zeigte keine Anzeichen einer Infektion. Die trockene Wüstenhitze fühlte sich wohlig an. Er vertraute darauf, daß der Körper in seiner Weisheit den Rest erledigte.
    Eileen beobachtete den Japaner, bis er eingeschlafen war, und sie bemühte sich immer noch, alles zu verdauen, was er und Jacob ihr erzählt hatten: von gestohlenen Büchern, unheimlichen Träumen von einem Turm in der Wüste, der beunruhigende Ähnlichkeit mit dem hatte, der angeblich in der Stadt gebaut wurde, in die sie fuhren. Als er schlief, schob sie sich durch den Wagen nach vorn und ließ sich hinter Jacobs Fahrersitz nieder. Der ließ die Zügel schnalzen und rief seinen Schützlingen zu:
    »Ihr seid mir ganz vorzügliche Maultiere; ihr lauft auf höchst erfreuliche Weise sehr schön geradeaus. Ich kann euch nicht sagen, wie zufrieden ich mit euch bin.«
    »Wie kommen wir zurecht?« fragte sie.
     
    »Prächtig! Einen Wagen fahren ist eine ganz einfache Prozedur. Man zieht die Zügel nach links: Sie gehen nach links. Man zieht die Zügel nach rechts: Sie gehen nach rechts«, sagte Jacob und lehnte sich nach hinten. »Sie sind der erste Mensch, dem ich es gestehe, aber ich habe mir insgeheim immer gewünscht, ein Cowboy zu sein.« »Ihr Geheimnis ist bei mir ganz sicher.« Jacob strich sich über das glattrasierte Gesicht; er sah fünfzehn Jahre jünger aus, nachdem er sich seinen alttestamentarischen Bart abgeschoren hatte, den Eileen dann sorgfaltig Kanazuchi angeklebt hatte. »Seit meiner Knabenzeit war ich nicht mehr ohne Bart. Seit ich sechzehn war – ein Erfordernis der Religion, wissen Sie. Wir dürfen kein Rasiermesser an unsere Haut lassen; man sagt, es erinnere zu sehr an heidnische Rituale des Blutvergießens.«
    »Dem Himmel sei Dank, daß Sie sich beim Rasieren nicht geschnitten haben.«
    »Dem Himmel sei Dank, daß ich nicht versucht habe, mich bei diesem gräßlichen Geholper im Wagen zu rasieren; sonst sähe ich jetzt aus wie eine von diesen gestreiften Drehsäulen vor einem Friseurladen.«
    »Sie sehen sehr gut aus, Jacob. Wahrscheinlich werden Ihnen überall in der Wüste die Frauen nachlaufen.«
    »Wirklich?« Er schwieg eine Weile und ließ sich diese Vorstellung durch den Kopf gehen. »Was für eine merkwürdige Erfahrung das wäre. Aber sagen Sie mir, wie geht es unserem Patienten?« »Er ruht behaglich aus.«
    »Gut. Was für ein wunderbares Gefühl, die Luft auf der Haut zu spüren. Ich fühle mich nackt wie ein neugeborenes Baby. Um ehrlich zu sein, wenn ich in einen Spiegel schauen wollte, würde ich kaum wissen, wem dieses Gesicht gehört.«
    Dir, dachte sie. Nur dir, du lieber reizender Mann. Die

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