Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
Maultiere verlangsamten ihren Schritt. »Oy da vorn, hüüaah – ich glaube, so sagt man in diesem Fall, oder? Hüah, meine schene kleine chamers. Oy da vorn!«
    Der Expreß-Sonderzug mit Buckskin Frank und seinen freiwilligen Rächern erreichte Wickenburg erst bei Sonnenuntergang. Verfahrensdetails beim Requirieren eines Zuges, nachdem Frank das Blut auf den Gleisen gefunden hatte, hatten sie in Phoenix vier kostbare Stunden verlieren lassen. Die Bekanntgabe einer Belohnung von fünftausend Dollar hatte den Trupp schneeballartig auf vierzig Mann anwachsen lassen, und während sie durch Arizona rollten, hängten sich immer neue selbstgerechte Kreuzritter an wie Hundehaare an einen Staubwisch, und auch die mitreisenden Journalisten wurden zur Plage. Resultat: Eine einfache Aufgabe wie die Befragung des Personals der Station Wickenburg wurde zu einem Ausflug in den Turm zu Babel; jeder Freiwillige und jeder Reporter ermittelte auf eigene Faust, bis Frank mit seinem halbautomatischen Karabiner in die Luft schießen mußte, um sie alle zur Ruhe zu bringen.
    Wie sich herausstellte, hatte auf dem Bahnhof niemand gesehen, wie der Chinamann mit den Schauspielern aus dem Mittagspostzug gestiegen war, aber der Zug stand noch auf dem Gelände, und obwohl jemand versucht hatte, die Spuren zu beseitigen, fand Frank eine beträchtliche Menge Blut auf dem Boden des Gepäckwagens. Hinweis genug, um weiterzumachen, und mehr als genug, um diese Meute von Amateur-Kopfgeldjägern so weit anzufeuern, daß sie gleich einen nächtlichen Ritt nach Skull Canyon unternehmen wollten, wo die Schauspielertruppe absteigen wollte.
    Auf Franks Rat sandte man kein Voraustelegramm an das Telegrafenamt von Skull Canyon, damit dort niemand Lunte roch. Es war kein Problem, seine Jagdgenossen davon zu überzeugen, daß dies ein umsichtiges Vorgehen sei; falls Chop-Chop – eine Zeitung aus Phoenix hatte dem marodierenden Chinamann diesen reißerischen Spitznamen angehängt, und er setzte sich rasch durch – schon so nah war, dann mußte den Verfolgern natürlich daran gelegen sein, daß der Ruhm seiner Gefangennahme ausschließlich auf sie herabregnete. Nachdem sie in hektischem Durcheinander für ein paar Fotos zur eigenen Verherrlichung posiert hatten – behängt mit so vielen Waffen und Patronengurten, daß ein Idiot sie für Pancho Villas Armee hätte halten können –, zog sich die ganze Mannschaft in Wickenburgs einzigen Saloon zurück, um noch ein wenig ernsthaft zu trinken. Hätte man sich ja denken können, daß ausgerechnet diese Schauspieler einem flüchtigen Mörder Unterschlupf bieten würden, war bald die einhellige Meinung in McKinney’s Cantina. Gleich und gleich gesellte sich eben gern. Diesen Theaterleuten war nicht zu trauen, das war allgemein bekannt – wenn es einem nicht schon der gesunde Menschenverstand sagte –, seit John Wilkes Booth den Präsidenten erschossen hatte, und fast jeder dieser Lehnstuhlsheriffs war alt genug, um sich an dieses Ereignis zu erinnern. Schauspieler waren Lügner von Beruf, vor allem die Wanderschauspieler – verhurte, diebische Gauner. Da mußte man seine Tochter einschließen und das Silber verstecken. Gesetze müßte es geben – und so weiter.
    In vielen Orten im Westen gab es solche Gesetze, wie Sheriff Tommy Butterfield in seiner sanften, pedantischen, geschwätzigen Art zu bedenken gab; unmittelbar nach ihrer Ankunft hatten Schauspieler die örtlichen Polizeibehörden von ihrem Kommen und Gehen zu unterrichten. Nicht in Arizona, wohlgemerkt, aber in vielen anderen Gegenden.
    Na, für was bezahlen wir unsere gewählten Volksvertreter, verdammt noch mal, wenn sie uns nicht vor diesen herumstreunenden Banden von Schauspieler-Desperados beschützen? krähte ein Vorbild an gutbetuchter Bürgertugend und trat in einer furiosen Debatte gegen den gewählten Beamten an. Der Whiskey, der schon im Zug zu tröpfeln angefangen hatte, strömte nun wie der Colorado, und jegliche Hoffnung darauf, daß die Bürgerwehr noch an diesem Abend losreiten könnte, schwand schneller als das Tageslicht.
    Buckskin Frank, der aus freien Stücken gerade nicht in Trink- und von Natur aus niemals in Debattierlaune war, erkannte, daß hier ein Unwetter aufgekommen war, das Stunden anhalten konnte; während der Sturm also toste, schlüpfte er in aller Stille zur Tür hinaus.
    Ein nächtlicher Ritt mit diesem Haufen von Knallköpfen war ohnehin eine dumme Idee, begriff Frank; wahrscheinlich würden sie wie die Lemminge in

Weitere Kostenlose Bücher