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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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wohlverwahrt zurückbringen?«
    »Sozusagen.« Die Frau wurde rot.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, er sagte, einer von Ihnen würde mir zehn Dollar geben, wenn ich es mache.«
    »Da hat er wohl recht gehabt.« Frederick zog seine Brieftasche hervor. »Verzeihen Sie meine Manieren – wollen Sie sich nicht für einen Augenblick zu uns setzen, Miß? Es ist doch sicher bequemer hier drin, und wir sind Ihnen wirklich sehr dankbar.«
    »Na schön«, sagte sie, aber sie blieb stehen und hielt unbeholfen den Koffer in der Hand.
    Der Mann auf dem Gang schloß die Tür hinter ihr und ließ sie mit Dante und Frederick allein.
    »Alsdann, Mr. Johnson«, sagte Frederick zu Dante, »warum nehmen Sie der jungen Lady den Koffer nicht ab?«
    Dante schaute Frederick verwirrt an.
    »Ach, ist das Ihrer?« Die Frau hielt ihm den Koffer entgegen.
    »Danke schön«, sagte Dante, nahm ihn und hielt ihn steif auf dem Schoß.
    Frederick klopfte mit der flachen Hand neben sich auf den Sitz, und die junge Frau setzte sich, während er einen Zehn-Dollar-Schein aus der Brieftasche nahm.
    »Wie versprochen«, sagte er.
    »Vielen Dank, Sir«, sagte die Frau; sie nahm das Geld sichtlich verlegen und mit gesenktem Blick in Empfang.
    »Nein, wir haben Ihnen zu danken, meine Liebe«, sagte Frederick. »Mr. Johnson, vielleicht sollten Sie Ihren Koffer untersuchen, um festzustellen, ob alles in Ordnung ist.«
    Dante nickte. Er legte den kleinen Koffer flach auf die Knie und öffnete sorgfältig die beiden Schließen.
    »Wenn Sie meine Frage gestatten – sind Sie allein unterwegs, Miß?« fragte Frederick. »Wie ist übrigens Ihr Name?«
    »Rowena. Rowena Jenkins. Sicher gestatte ich. Ja, bin ich«, sagte sie. »Allein unterwegs, meine ich.«
    »Aha«, sagte Frederick und lächelte freundlich. »Sie sind ein sehr hübsches Mädchen, wenn es Sie nicht stört, daß ich das sage.«
    »Nein, es stört mich überhaupt nicht.« »Sind Sie zufällig eine Prostituierte, Rowena?« Das Mädchen machte ein bestürztes Gesicht; ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und sie warf einen nervösen Blick zur Tür. Frederick studierte ihre Reaktionen aufmerksam.
    »Bitte, ich meine diese Frage nicht kränkend«, sagte Frederick liebenswürdig. »Und ich werde es Ihnen keineswegs übelnehmen, wenn dem so ist. Wir sind alle sehr unvoreingenommen hier. Es ist nur eine Beobachtung. Um meine Neugier zu befriedigen.«
    Ihr Blick ging schnell zwischen den beiden hin und her. »Ich schätze, ich habe schon mal so was gemacht, ja«, sagte sie. Ihre Hände entspannten sich und strichen über die seidige Oberfläche des Sitzbezugs.
    Dante klappte den Kofferdeckel hoch. Auf einem schwarzen Samtbett lagen säuberlich zwei Reihen von neuen chirurgischen Instrumenten aus blinkendem Edelstahl: Skalpelle, Spreizhaken, Sägen.
    »Ist alles in Ordnung, Mr. Johnson?« fragte Frederick. »O ja.«
    »Fehlt nichts?«
    »Nein«, sagte Dante. »Alles bestens.«
    »Gut.«
    Dante schloß langsam den Koffer und blickte zu dem Mädchen auf.
    Sie lächelte ihn an. Der mit dem Akzent wirkte für ihren Geschmack ein bißchen zu kultiviert und einschüchternd, aber dieser Blonde mit dem jungenhaften Aussehen gefiel ihr. Vermutlich könnte sie Spaß haben mit ihm, wenn sie den Jungen in ihm zum Vorschein brächte. Er hatte ein richtig freundliches Gesicht – sie war stark kurzsichtig, aber ihr graute davor, eine Brille zu tragen –, nur sein linkes Auge war irgendwie komisch: Was war es nur?
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Rowena?« fragte Frederick und holte den Picknickkorb herunter. »Vielleicht etwas zu essen? Wir haben schöne Sandwiches mitgebracht.«
    »Das wäre wunderbar, danke«, sagte Rowena und kuschelte sich auf ihrem Erste-Klasse-Sitz zurecht.
    Rowena hatte sich kein bißchen darauf gefreut, nach Kansas City zu ziehen; sie wußte, das Haus, in dem sie arbeiten würde, war nicht annähernd so schön wie das in Chicago, das sie soeben verlassen hatte, und ihr graute davor, sich wieder mit einem neuen Schwarm von Mädchen bekannt machen zu müssen.
    Aber sie hatte das Gefühl, nach dem dicken Bündel von Scheinen in der Brieftasche dieses Herrn zu urteilen, könnte diese Reise doch noch ganz gut laufen.
    Am Nachmittag hatte Buckskin Frank den Vorsprung der Schauspieler wieder aufgeholt. Er war zwar jahrelang in dieser Gegend geritten, aber so weit draußen war er noch nie gewesen; nicht mal die Apachen hatten viel übrig für diesen Landstrich. Die Hitze war brutal über dem

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