Im Zeichen der Sechs
Was für eine monumentale Fehlbesetzung.«
Der Mann erreichte die Stelle, wo das Ultimative Tournee-Theater sich mit seinem Gepäck ausgebreitet hatte; seufzend stellte er seinen Koffer ab und zog ein großes weißes Taschentuch hervor, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Die übrigen Schauspieler – die wenigen, die nicht für die Ausschweifungen des vergangenen Abends Buße taten – lagen auf ihren Bänken und musterten die exotische Gestalt mit der müßigen Neugier gelangweilter Aristokraten. Der Mann schaute sich um, nahm ihre mißtrauische Aufmerksamkeit zur Kenntnis und lächelte freundlich. Müde, ja, aber gut gelaunt. Ein großzügiges Gesicht, dachte Eileen, und sie erwiderte sein Lächeln.
»Es geht das Gerücht«, sagte der Mann und rang keuchend nach Atem, »daß dies die Gegend sein möchte, wo man den Zug nach Phoenix, Arizona, erreichen kann.«
»Wahrhaftig, Sir, Sie sind gut informiert«, antwortete Rymer. »Wir wollen selbst dorthin, eine arme Theatertruppe, aber die besten Schauspieler im Westen, sei es für Tragödie, Komödie, Historie, PasThorale, PasThoral-Komödie, Historiko-PasThorale, Tragiko-Historie, Tragiko-Komiko-Historiko-PasThorale, für unteilbare Handlung oder fortgehendes Gedicht.«
»Trägst ein bißchen dick auf«, sagte Eileen aus dem Mundwinkel, während sie lächelte.
»Die Worte des großen Shakespeare an einem so unvermuteten Ort zu vernehmen, und mit so offensichtlicher Begabung gesprochen, das erfreut nicht nur die Ohren, sondern tröstet auch das Herz«, sagte der Mann.
Rymer grinste wie ein Idiot und wurde rot wie ein Radieschen; Komplimente jeglicher Art pflegten ihn immer wieder umzuwerfen. Fast war damit zu rechnen, daß er sich auf den Rücken rollte, damit der Mann ihm den Bauch kraulen konnte.
»Warum setzen Sie sich nicht, Mister?« sagte Eileen. »Sehr freundlich, vielen Dank«, sagte der Mann und ließ sich auf der Bank ihr gegenüber nieder.
»Mein Name ist Bendigo Rymer, Sir, und Sie sind höchst willkommen in unserer kleinen Gesellschaft. Wir sind das Ultimative Tournee-Theater; wir haben soeben, wenn ich das sagen darf, ein Engagement von mindestens bescheidenem Erfolg in dieser blühenden Metropole beendet, und Sie sehen uns nun en mute nach Phoenix, wo wir Wasser in die Wüste tragen, sie zu tränken wie die Gärten von Babylon.« »Das ist schön«, sagte der alte Mann. Er lächelte Eileen an, und in seinen Augen lag ein Funkeln, fast ein Zwinkern. Da ist Weisheit in den Augen dieses Mannes, dachte Eileen, und auch in seinem Handeln; er erkennt auf der Stelle, was für ein unverbesserlicher Esel Rymer ist, und er ist gütig genug, keinen Anstoß daran zu nehmen. Soviel ehrliche, gütige Menschlichkeit in einem Gesicht hatte sie nicht mehr gesehen, seit sie New York verlassen hatte.
»Und welche Fanfare ruft Sie, Sir, in das Land von Beifuß und Rothaut?«
»Nichts annähernd so Glanzvolles wie in Ihrem Fall, fürchte ich«, sagte der Mann. »Bloß ein kleines Geschäft.«
»Ah, Geschäft«, wiederholte Rymer, als sei dies ein geheimes Losungswort. »Die Räder des Handels drehen sich ohne Unterlaß.«
»Mein Name ist Eileen. Und wie heißen Sie?«
»Stern. Jacob Stern.«
»Sind Sie Diamantenhändler, Mr. Stern? Oder sind es Pelze, oder exotische Metalle, mit denen Sie handeln?« Rymer bediente sich seines umfassenden Repertoires an kulturellen Stereotypen.
»Ich bin Rabbi.«
»Ich hätte es wissen sollen – ein geistlicher Hirte auf dem Weg zu seiner Herde. Man sieht es Ihnen an – diese selbstvergessene Hingabe an das geistige Leben. Prachtvoll. Mir war gar nicht bekannt, daß es in Phoenix einen israelitischen Tempel gibt.«
»Mir auch nicht«, sagte Stern.
»Stell dir vor, Eileen: Einer der Zwölf Verlorenen Stämme kehrt in die Wüste zurück«, sagte Rymer. »Rings um uns her wird Geschichte geschrieben, wären nur unsere Augen nicht zu trüb, es zu erkennen.«
Eileen zog den Kopf zwischen die Schultern; im Geiste formulierte sie bereits einen Vorwand, um Rymer zu verlassen und sich im Zug neben Stern zu setzen.
Wenn meine Träume irgend etwas zu besagen haben, Mr. Bendigo Rymer, dann sind Sie sehr viel näher an die Wahrheit herangestolpert, als Sie sich vorstellen können, dachte Jacob. Er verlagerte sein Gewicht und bemühte sich, auf der nackten Holzbank eine bequeme Position für seine knochigen Hüften zu finden. In seinem Rücken pulsierte der Schmerz, und die Knie taten ihm weh, als hätte ein Schmied sie
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