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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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haben. Mutmaßlich – wenngleich es schwer zu sagen war – ging es darum, daß die Figur Holmes ihrem Schöpfer Tribut zollte. Diese lähmende Attacke hatte fast fünf Minuten gedauert, in deren Verlauf das Lächeln, das auf Doyles Gesicht klebte, krampfartig zu schmerzen begonnen hatte. Im peinlichen Nachspiel zu dieser Vorstellung erforderte es Doyles und Peppermans ganze Überredungskunst, das klägliche Trio davon abzubringen, ihnen auch noch in den Fahrstuhl zu folgen.
    Ein schrecklicher Gedanke kam Doyle: Was wäre, wenn Jack mitten in einer solchen Szene auftauchte? »Aber nun sagen Sie mal … ist er wirklich tot?« »Wer?«
    »Na, Mr. Sherlock Holmes.«
    »Ach, Herrgott, guter Mann, er ist tausend Fuß tief in einen Wasserfall gestürzt.«
    »Es gibt da Vertreter einer Theorie, die behaupten, er könnte eine Möglichkeit zum Überleben gefunden haben.« »Ich kann nicht glauben, daß es wirklich Leute gibt, die über solche Dinge nachdenken.«
    »Wie ich mich schon bemühte, Ihnen in meinen Telegrammen zu verstehen zu geben, Mr. Doyle: Sie ahnen nicht, was für einen mächtigen Eindruck Ihre Storys hier drüben auf die Leser gemacht haben«, sagte Pepperman. »Eine Fortsetzungsserie von Kriminalfällen mit immer denselben Hauptpersonen ist so was von tolldreist, daß es ja ein Wunder ist, daß noch kein Mensch drauf gekommen ist. Ehrlich, Sir: Ich habe so was noch nie gesehen. Ich habe früher mal Werbung für einen Wanderzirkus gemacht, und deshalb habe ich ein Gefühl dafür, was ankommt beim Mann auf der Straße: Ich weiß, wofür die Leute ihre hartverdienten Kröten ausgeben wollen. Ich glaube, daß Sie noch gar nicht so ganz übersehen können, was Sherlock für die Leute bedeutet.«
    Doyle lächelte abwesend; es wäre wohl unhöflich, darum zu bitten, aber er hoffte, Pepperman werde bald gehen, damit er sich endlich um seine Koffer kümmern könnte. Er griff nach einem weiteren Präsent von dem Berg der aufwendig verpackten Geschenke, der wie das Matterhorn in seiner Suite emporragte, und wickelte es aus.
    Ein grellrotes Satinkissen mit der Petitpoint-Inschrift: ER KÖNNTE ZWAR BESCHEIDENER SEIN, ABER ES GIBT KEINEN POLIZISTEN WIE HOLMES.
    »Ich fange an, es zu begreifen«, sagte Doyle, und das Herz sank ihm in die Hose, als er erkannte, daß er jetzt verpflichtet war, jedem dieser Geschenksender eine Antwort zukommen zu lassen, wie es die Etikette erforderte.
    Dank seiner besessenen Ordnungsliebe sah er bereits vor sich, wie Karten und Adressen zusammengefügt wurden, sah die endlos öde Mühe, mit der jedes einzelne Dankeschön mit einer persönlichen Wendung versehen werden mußte – gütiger Himmel, das konnte Wochen dauern. Diese Reise hatte ein Urlaub von all diesen Dingen sein sollen, ein Spaß, ein Ausflug. Wenn Larry mitgekommen wäre, hätten sie es vielleicht geschafft, aber Innes würde eine logistisch derart komplexe Aufgabe sicher fürstlich vermasseln. Und nachdem er nun den Schwarm Tanzmädchen gewittert hatte, würde der Junge ohnedies absolut dienstunfähig sein. Wohin hatte er sich zum Beispiel jetzt wieder verdrückt? Doyle hatte ihn nicht mehr gesehen, seit sie unten an der Rezeption -
    »Ich weiß nicht, ob ich’s Ihnen schon mal gesagt habe, aber Grover Cleveland hat bei mehr als einer Gelegenheit hier in dieser Suite gewohnt«, sagte Pepperman.
    »Grover …?«
    »Grover Cleveland. Der Präsident.« »Von …? Oh – der Präsident Ihres Landes.« »Ja, Sir. Ist die Präsidentensuite hier. Bei mehr als einer Gelegenheit …«
    … und mit seinen ganzen mindestens dreihundert Pfund Lebendgewicht, dachte Doyle – o Schreck, vielleicht sollte ich lieber nachsehen, ob das Bett nicht kaputt ist. Er bemerkte den eifrig erpichten Ausdruck in Peppermans Gesicht und tadelte sich selbst: Hier sitze ich, nörgele über strapaziösen Kleinkram und frage mich, warum der Mann nicht verschwindet, und dabei wartet der arme Kerl nur darauf, zu hören, wie schrecklich erfreut ich über all den Wirbel bin, den er betrieben hat.
    »Wissen Sie, Major, es übersteigt meine Ausdrucksmöglichkeiten, Ihnen zu sagen, wie dankbar ich für all die Mühen bin, die Sie um meinetwillen auf sich genommen haben«, sagte er.
    »Wirklich?« Peppermans Gesicht leuchtete auf wie der Vollmond.
    »Ich kann Ihnen überhaupt nicht sagen, wie sehr ich zu schätzen weiß, was Sie getan haben; ich könnte keine größere Gewißheit haben, daß unsere Tournee für uns beide der allergrößte Erfolg werden wird, in

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