Im Zeichen der Wikinger
gingen ihm durch den Kopf, doch er nahm sich zusammen, wie es sich für einen anständigen Ingenieur für Meerestechnologie gehörte, und sagte lediglich:
»Hallo, was gibt es zu Abend?«
»Boeuf Stroganoff«, antwortete Sally, drehte sich um und schenkte ihm ihr charmantestes Lächeln. »Mögen Sie das?«
»Eine meiner Leibspeisen.«
An seiner verdutzten Miene erkannte sie, dass er nicht mit ihr gerechnet hatte. »Die Kongressabgeordnete Smith meinte, ich wäre hier sicherer aufgehoben. Zumal Admiral Sandecker Wachposten rund um Ihren Hangar aufgestellt hat.«
Nachdem diese Frage geklärt war, öffnete Pitt einen Hängeschrank über seiner Bar und wollte sich einen Drink eingießen.
»Loren hat mir erzählt, dass Sie gern Tequila trinken, daher war ich so frei und habe Margaritas zubereitet. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
Pitt trank seinen kostbaren Tequila zwar lieber pur auf Eis mit einem Schuss Limone und einem leichten Salzrand am Glas, aber gegen einen gut gemixten Margarita hatte er nichts einzuwenden. Ein billigerer Tequila eignete sich allerdings besser dafür. Seiner Meinung nach war es ein Verbrechen, einen erstklassigen Schnaps mit einer süßen Mixtur zu verwässern. Er warf einen trübsinnigen Blick auf seine halb leere Flasche hervorragenden Juan Julio Silver aus feinster blauer Agave. Nur aus Höflichkeit beglückwünschte er Sally zu dem Geschmack und ging in sein Schlafzimmer, um sich zu duschen und bequeme Shorts und ein T-Shirt anzuziehen.
Sein Schlafzimmer sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Schuhe und diverse Frauenkleider lagen auf dem blank polierten Holzboden, auf der Kommode und den Nachtkästchen standen etliche Flaschen mit Nagellack und anderen Kosmetika. ›Warum lassen Frauen ihre Klamotten immer zu Boden fallen?‹, fragte er sich. Männer werfen ihre Sachen wenigstens über einen Stuhl. Er konnte kaum glauben, dass eine Frau ein derartiges Chaos anrichten konnte, bis er in seinem Badezimmer jemanden summen hörte.
Die Tür war nur angelehnt, daher schob er sie mit der Zehenspitze langsam und vorsichtig auf. Kelly, die ein Handtuch um den Leib geschlungen und ein kleineres um den Kopf gewickelt hatte, stand vor dem mit Dampf beschlagenen Spiegel und trug gerade Lidschatten auf. Sie sah Pitts verständnislosen Blick im Spiegel und schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln.
»Willkommen daheim. Ich hoffe, Sally und ich haben Ihren Haushalt nicht zu sehr durcheinander gebracht.«
»Sollen Sie etwa auch hier bleiben?«, fragte er.
»Loren war der Meinung, hier wäre es sicherer als bei ihr.
Und auf die sicheren Häuser der Regierung war kein Verlass, da Zale das Justizministerium unterwandert hat.«
»Tut mit Leid, dass ich nur ein Schlafzimmer in der Wohnung habe. Ich hoffe, Ihnen und Miss Morse macht es nichts aus, sich ein Bett zu teilen.«
»Es hat immerhin Übergröße«, sagte Kelly und wandte sich wieder ihrem Make-up zu, als lebten sie und Pitt bereits seit Jahren zusammen. »Uns stört das nicht.« Dann fügte sie hinzu:
»Entschuldigung, möchten Sie vielleicht ins Badezimmer?«
»Kümmern Sie sich nicht um mich«, erwiderte Pitt. »Ich schnappe mir ein paar Klamotten und dusche mich unten im Gästebad.«
Sally trat aus der Küche. »Ich fürchte, wir kommen Ihnen ungelegen.«
»Ich werd’s überleben«, sagte Pitt, während er ein paar Sachen in eine kleine Reisetasche warf. »Fühlt euch hier wie zu Hause.«
An Pitts spöttisch trockenem Tonfall erkannten Sally und Kelly, dass er nicht übermäßig erfreut über ihr Eindringen war.
»Wir achten darauf, dass wir Ihnen nicht in die Quere kommen«, versprach Kelly.
»Versteht mich nicht falsch«, sagte Pitt, der ihr Unbehagen spürte. »Ihr seid nicht die Ersten, die hier wohnen und in meinem Bett schlafen. Ich mag Frauen und stehe auf ihr absonderliches Verhalten. Ich bin noch von der alten Schule, in der man die holde Weiblichkeit in hohen Ehren hält, also haltet mich nicht für einen ekelhaften alten Knacker.« Er hielt inne und grinste. »Genau genommen freue ich mich, dass ich zwei so hinreißende Wesen wie euch hier habe, die für mich kochen und mir den Haushalt führen.«
Dann verließ er das Badezimmer und stieg die Wendeltreppe hinunter ins Erdgeschoss.
Sally und Kelly schauten ihm schweigend hinterher, bis er verschwunden war. Dann blickten sie einander an und lachten laut los.
»Mein Gott«, platzte Sally heraus, »ist der echt?«
»Ich gebe dir mein Wort darauf«, sagte Kelly.
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