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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Wahl gestellt? , fragte er sich. Nun ja, es hatte Arnie glücklich gemacht. Sogar die Medien  – vielleicht weil sie in ihm, Ryan, eine vortreffliche Zielscheibe ausmachten? –, und Cathy war immerhin nicht unglücklich darüber gewesen. Aber warum, verdammt noch mal, hatte er sich dazu überrumpeln lassen? Was er als Präsident zu tun hatte, war ihm im Grunde nicht klar. Er hatte kein wirkliches Programm und hangelte sich eigentlich nur von Tag zu Tag weiter. Statt große Entwürfe zu entwickeln, beschränkte er sich darauf, kleine taktische Entscheidungen zu treffen (wozu er denkbar unqualifiziert war). Für irgendwelche Veränderungen sah er in seinem Land keine Veranlassung. Ja, natürlich gab es Probleme, die behoben werden mussten. Die Steuerpolitik musste reformiert werden, wozu er George Winston auch längst aufgefordert hatte. Auch in der Verteidigung galt es, einige Korrekturen vorzunehmen – daran arbeitete Tony Bretano. Eine vom Präsidenten eingesetzte Kommission kümmerte sich um die Gesundheitspolitik – in der auch seine Frau hinter vorgehaltener Hand ein Wörtchen mitzureden hatte sowie einige ihrer Kollegen vom Hopkins-Hospital. Und dann war da noch das traurige Thema Sozialversicherung, dessen sich Winston und Mark Grant angenommen hatten.
    Der ›dritte Eckpfeiler amerikanischer Politik‹ , dachte Ryan zum wiederholten Mal. Wer sich daran vergreift, hat ausgedient. Die Sozialversicherung lag allen Bürgern sehr am Herzen, nicht, was ihre konkrete Ausformung anging, sondern als das, wofür sie fälschlicherweise angesehen wurde – und Umfrageergebnissen zufolge war den meisten anscheinend klar, dass sie in ihrer Einschätzung irrten. Obwohl diese staatliche Versorgungseinrichtung so schlecht gemanagt wurde, dass es schlechter kaum noch ging, war sie nach wie vor ein Versprechen an das Volk, gegeben von den Repräsentanten des Volkes. Doch trotz aller Zynismen, die zu diesem Thema geäußert wurden – und das waren nicht wenige –, war die Bevölkerungsmehrheit fest davon überzeugt, dass die Regierung ihr Versprechen halten werde. Peinlich nur, dass die Gewerkschafts- und Industriebosse, die sich aus den Pensionsfonds bedient hatten und dafür jetzt im Staatsgefängnis brummten, im Vergleich zu dem, was der Kongress dann mit der Sozialversicherung angestellt hatte, richtig kleine Fische waren. Aber das war der Vorteil eines Abgeordnetensitzes im Kongress: Er schützte selbst den größten Ganoven vor der fälligen Strafverfolgung, denn die wäre in seinem Fall rechtswidrig. Der Kongress machte die Gesetze, er machte auch Regierungspolitik. Und deshalb konnte er ja nicht so falsch liegen, oder? Oder war den Autoren der Verfassung da womöglich ein kleiner, aber folgenreicher Fehler unterlaufen? Sie hatten offenbar angenommen, dass die gewählten Volksvertreter immer so ehrlich und ehrenwert sein würden wie sie selbst. Man konnte es aus ihren alten Gräbern geradezu rufen hören: »Vertan, vertan!« Sie, die Verfasser der Konstitution, hatten mit keinem Geringeren als George Washington zusammen in einem Raum gesessen, der, falls da überhaupt noch ein Mangel bestand, auf alle, wie sie dasaßen, abfärben ließ, was er im Überfluss besaß, nämlich Tugenden. Der gegenwärtige Kongress hat aber leider keinen solchen Mentor/Halbgott, der Georges Platz einnehmen könnte , dachte Ryan. Beispiel: Während der ganzen 60er Jahre hatte die Sozialversicherung Gewinne erwirtschaftet, was der Kongress anscheinend einfach nicht ertragen konnte. Profite waren schließlich das, was reiche Leute reich machte (und die waren durchweg schlecht, weil schließlich niemand reich wurde, der nicht ausbeutete, richtig? Was Kongressabgeordnete aber nicht daran hinderte, eben solche Leute aufzusuchen, um sie um eine Spende für ihren Wahlkampf anzuhauen). Also mussten Profite schnell verbraten werden, und darum wurden Sozialversicherungsbeiträge den allgemeinen Etatmitteln zugeschlagen, die man dann getrost ausgeben konnte. Von einem Studenten aus der Zeit, als Ryan noch Geschichte an der Marineakademie unterrichtet hatte, war ihm für seinen Schreibtisch im Oval Office ein kleines Schild geschenkt worden. Darauf stand zu lesen: DIE AMERIKANISCHE REPUBLIK WIRD ÜBERLEBEN BIS ZU DEM TAG, An DEM DER KONGRESS DIE ENTDECKUNG MACHT, DASS ER DIE ÖFFENTLICHKEIT MIT ÖFFENTLICHEN GEL-DERN BESTECHEN KANN – ALEXIS DE TOCQUEVILLE. Ryan hatte sich diesen Satz zu Herzen genommen. Manchmal war ihm danach, dem Kongress

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