Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Prinzipien nicht mit uns teilen. Wir können reden, bis Ihnen die Zigaretten ausgehen, aber in dieser Angelegenheit ist die Position meiner Regierung absolut unverrückbar. Sie können also dieses Faktum zur Kenntnis nehmen und gestatten, dass wir uns bei unseren Verhandlungen in produktivere Bereiche begeben, oder weiter auf diesen toten Gaul eindreschen, bis nichts mehr davon übrig ist. Die Entscheidung ist natürlich Ihnen überlassen – aber ist es nicht besser, produktiv zu sein?«
»Amerika kann der Volksrepublik nicht diktieren, was uns zu interessieren hat. Sie behaupten, Ihre Prinzipien zu haben, und wir haben die unseren. Und eines davon ist die Wichtigkeit der territorialen Integrität unseres Landes.«
Für Mark Gant war das Schwierigste, eine ausdruckslose Miene zu bewahren. Er musste so tun, als wäre das alles sinnvoll und wichtig, obwohl er viel lieber seinen Laptop hervorgeholt hätte, um sich die Börsenkurse anzusehen, oder viel lieber unter dem Tisch ein Taschenbuch gelesen hätte. Aber das ging nicht. Er musste so tun, als wäre das alles interessant, was ihm, wenn er es überzeugend rüberbrachte, eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller eintragen würde. »Weil es ihm gelungen ist, beim langweiligsten Wettbewerb seit den Meisterschaften im Graswachsenhören in Iowa wach zu bleiben, geht dieser Oscar an…« Er konzentrierte sich darauf, nicht auf seinem Stuhl herumzurutschen, aber das ermüdete sein Gesäß nur noch mehr, und diese Sitze waren nicht geschaffen worden, um sich den Formen seines Hinterns anzupassen. Vielleicht waren sie ja für diese knochigen Chinesenärsche genau richtig, aber nicht für die Hinterbacken eines in Chicago aufgewachsenen Börsenprofis, der sich mindestens einmal die Woche ein Bier und ein Corned-Beef-Sandwich genehmigte und nicht genug Sport trieb. Sein Hintern brauchte eine breitere und weichere Sitzfläche, um sich wohl zu fühlen. Gant versuchte etwas Interessantes zu finden, auf das er sein Augenmerk richten konnte. Er stellte fest, dass Außenminister Shen eine schreckliche Haut hatte, so, als ob sein Gesicht einmal in Flammen gestanden und ein Freund versucht hätte, sie mit einem Eiszerkleinerer zu löschen. Gant gab sich Mühe, sich diesen Moment vorzustellen, ohne grinsen zu müssen. Dann dachte er über der Umstand nach, dass Shen so viel rauchte und sich seine Zigaretten mit billigen Papierstreichhölzern anzündete statt mit einem anständigen Feuerzeug. Vielleicht gehörte er zu den Leuten, die ständig Dinge verlegten, was auch erklärt hätte, weshalb er billige Wegwerfkugelschreiber benutzte statt eines Schreibgeräts, das seinem Rang und Status angemessen war. Dieser wichtige Drecksack hatte also als Jugendlicher an schwerer Akne gelitten und war ein Schussel … Gant lächelte verstohlen, während der Minister in passablem Englisch weiterleierte. Das brachte den jungen Amerikaner auf eine neue Idee. Er hatte Zugriff auf einen Kopfhörer für eine Simultanübersetzung … wäre darauf vielleicht ein Lokalsender zu bekommen? Sie mussten doch in Peking einen Radiosender haben, der irgendwelche Musik brachte!
Als Rutledge wieder an die Reihe kam, war es fast genauso schlimm. Die amerikanische Position wurde ebenso von neuem behauptet wie die chinesische, vielleicht etwas einleuchtender, aber nicht weniger langweilig. Gant stellte sich vor, dass Scheidungsanwälte wahrscheinlich Ähnliches durchmachten. Wie Diplomaten rechneten sie nach Stunden ab, nicht nach Ergebnissen. Diplomaten und Anwälte. Was für ein Paar, dachte Gant. Er konnte nicht einmal auf seine Uhr sehen. Die amerikanische Delegation musste eine geschlossene Front bilden, dachte Gant, um diesen chinesischen Barbaren zu zeigen, dass die Kräfte des Wahren und Schönen nicht von ihrem Entschluss abrücken würden. Irgendetwas in der Art jedenfalls. Er fragte sich, ob es zum Beispiel anders wäre, mit den Engländern zu verhandeln, wobei dann alle mehr oder weniger die gleiche Sprache sprachen. Aber solche Verhandlungen wurden vermutlich per Telefon und E-Mail geführt statt mit diesem formellen Gequatsche …
Das Mittagessen kam zur erwarteten Zeit, allerdings zehn Minuten verspätet, weil Freund Shen, was niemanden überraschte, überzog. Die amerikanischen Delegationsmitglieder machten sich auf den Weg zur Toilette, wo sie jedoch aus Angst vor Wanzen nichts sprachen. Dann traten sie wieder ins Freie, wo Gant sich zu Rutledge stellte.
»So verdienen Sie also Ihren
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