Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
er die Aktivitäten seiner Hände verbergen, wie ein Zauberkünstler, der mit einer Hand zur Ablenkung der Zuschauer einen Riesenspektakel veranstaltete, während er den Trick in Wirklichkeit mit der anderen machte. Und so war es auch hier. Es war so geschickt gemacht, dass es für ein ungeübtes Auge unmöglich zu erkennen gewesen wäre. Der Major nahm auf einer anderen Bank Platz und wählte eine weitere falsche Nummer auf seinem Handy, um mit einem fiktiven Geschäftspartner zu verhandeln, während er beobachtete, wie Suworow/Koniew aufstand und mit gespielter Beiläufigkeit zu seinem Mercedes zurückging.
Als der Verdächtige hundert Meter entfernt war, rief Major Jefremow die richtige Nummer an. »Hier Pawel Georgiewitsch. Ich bleibe hier, um zu sehen, was er dagelassen hat«, teilte er der Kommandozentrale mit. Er schlug die Beine übereinander und zündete sich eine Zigarette an, während er beobachtete, wie der Beschattete in seinen Wagen stieg und wegfuhr. Sobald er außer Sichtweite war, ging Jefremow zu der anderen Bank und fasste darunter. Aha. Eine Magnethalterung. An einer magnetischen Metallplatte, die Suworow wohl bei einer früheren Gelegenheit an der Unterseite der grün gestrichenen Sitzfläche befestigt hatte, hing ein Eisenbehälter … etwa einen Zentimeter dick, verriet Jefremow seine Hand. Ihr Verdächtiger war also ein ›Akteur‹. Er hatte gerade einen toten Briefkasten benutzt.
Diese Mitteilung versetzte Prowalow in helle Aufregung. Jetzt hatte ihr Mann ein Verbrechen gegen den Staat begangen! Jetzt gehörte er ihnen! Jetzt konnten sie ihn jederzeit festnehmen. Aber das würden sie natürlich nicht tun. Der Einsatzleiter neben ihm trug Jefremow auf, den Behälter zwecks einer genaueren Untersuchung abzumontieren. Das hatte schnell zu geschehen, denn der Behälter musste anschließend wieder an seinem Platz angebracht werden. Sie hatten immerhin erst eine Hälfte des Spionduos. Die andere Hälfte würde kommen, um die Lieferung abzuholen.
Es blieb nur noch der Computer. Da musste etwas zu finden sein. Als sie ihn einschalteten, entdeckten sie ein Labyrinth aus Ordnern. Der Inhalt eines Ordners, stellten sie rasch fest, war verschlüsselt. Das Verschlüsselungsprogramm selbst war ihnen zwar nicht bekannt, aber zumindest konnten sie feststellen, wie es hieß und dass es amerikanischer Herkunft war. Mehr konnten sie im Moment nicht tun. Sie verfügten nicht über die erforderlichen Disketten, um die Geheimdatei zu kopieren. Aber dieses Problem ließ sich beheben und auch das Verschlüsselungsprogramm konnten sie kopieren. Als nächstes mussten sie eine Wanze an der Tastatur anbringen. Auf diese Weise konnten sie Suworows eigenen Passwortcode benutzen, um die verschlüsselte Datei zu öffnen. Nachdem diese Entscheidung getroffen war, verließ das Durchsuchungsteam die Wohnung.
Das weitere Geschehen im Grunde vorhersehbar. Sie folgten dem Mercedes nach demselben Schema wie bisher, aber der entscheidende Moment kam, als ein Müllwagen vorübergehenden Sichtschutz bot. Der Verdächtige hielt an, sprang aus seinem Mercedes und befestigte blitzschnell einen selbstklebenden Papierstreifen an einem Laternenpfahl. Als er kurz darauf wieder einstieg, machte er sich nicht einmal die Mühe, sich umzusehen, so harmlos war scheinbar das, was er gerade getan hatte.
Aber dem war nicht so. Er hatte gerade jemandem ein Zeichen gegeben, dass in dem toten Briefkasten etwas für ihn bereitlag. Der Betreffende würde den Papierstreifen sehen, wenn er daran vorbeikam, und wissen, wohin er zu gehen hatte. Deshalb mussten sie den Behälter rasch untersuchen und wieder unter der Bank anbringen, wenn sie nicht wollten, dass der feindliche Spion erfuhr, dass seine kleine Operation aufgeflogen war. Nein, dazu durfte es erst kommen, wenn es sich wirklich nicht mehr vermeiden ließ, denn die Dinge enthüllten sich einem erst nach und nach, wie die aufgezogenen Maschen des Pullovers einer schönen Frau. Man hörte nicht eher auf, am Garn zu ziehen, bis die Titten zu sehen waren, erklärte der FSB-Einsatzleiter Prowalow.
24
KINDERMORD
»Was ist das?«, fragte der Präsident bei seinem morgendlichen Geheimdienst-Briefing.
»Eine neue SORGE-Quelle, sie heißt WARBLER. Leider ist sie unter geheimdienstlichen Gesichtspunkten nicht so gut, auch wenn sie uns Verschiedenes über ihre Minister verrät«, erklärte Dr. Goodley.
Wer immer WARBLER war, sie – es war eindeutig eine Sie – führte ein sehr intimes
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