Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
relativ bald. Und man arbeitet bereits ein Programm aus.«
»Okay, ich werde dem polnischen Präsidenten persönlich versichern, dass er sich darauf verlassen kann, dass wir die Deutschen an die Zügel nehmen. Wenn sie frech werden sollten – tja, dann nehmen wir Chrysler zurück.« Jack Ryan trank einen Schluck Kaffee und sah auf die Uhr. »Sonst noch was?«
»Das sollte es für heute sein.«
Der Präsident sah mit einem verschmitzten Lächeln auf. »Sagen Sie Mary Pat, wenn sie mir mehr von diesem WARBLER-Kram schickt, möchte ich auch Bilder dazu haben.«
»Werde ich ihr ausrichten, Sir«, sagte Goodley wiehernd.
Ryan griff noch einmal nach den Briefing-Unterlagen und las sie diesmal langsamer durch, unterbrochen nur von einem Schluck Kaffee oder dem einen oder anderen ungehaltenen Schnauben. Als er solche Briefing-Unterlagen noch selbst zusammengestellt hatte, war das Leben wesentlich einfacher gewesen als jetzt, wo er mit einem Mal derjenige war, der sie lesen musste. Woran lag das? Sollte es nicht umgekehrt sein? Vorher war er derjenige gewesen, der die Antworten finden und die Fragen vorwegnehmen musste, doch jetzt, wo andere das für ihn taten … war es schwerer. Das ergab keinerlei Sinn. Vielleicht lag es daran, dachte er, weil er die letzte Station des Informationsflusses war. Er musste die Entscheidungen fällen, und damit kam schlagartig der ganze Prozess zu einem Ende, egal, wie die Entscheidungen und Analysen auf niedrigeren Ebenen ausgefallen waren. Es war wie beim Autofahren: Zwar konnte ihm jemand anders sagen, dass er an der Kreuzung rechts abbiegen musste, aber er selbst saß am Steuer und musste das Abbiegemanöver ausführen, und wenn er jemandem reinfuhr, trug er die Verantwortung dafür. Für einen Moment fragte sich Jack Ryan, ob er ein oder zwei Stufen unterhalb der Spitze dieser Hierarchiepyramide besser aufgehoben wäre, auf einer Ebene, wo er Analysen vornehmen und Empfehlungen abgeben konnte … allerdings in dem ständigen Bewusstsein, dass jemand anders das Lob einheimsen würde, wenn er den richtigen Schritt machte, oder den Tadel, wenn es der falsche war. In der Abschottung von den Konsequenzen lag eine gewisse Sicherheit. Aber das waren Überlegungen eines Feiglings, rief sich Ryan in Erinnerung. Wenn es in Washington jemanden gab, der besser geeignet war, Entscheidungen zu treffen, war er diesem Kerl noch nicht begegnet. Und wenn das pure Arroganz war, dann war sie es eben.
Aber es sollte jemand Besseren geben, dachte Ryan, als sein erster Termin an diesem Tag näher rückte. Allerdings war es nicht seine Schuld, dass dem nicht so war. Er sah auf seinen Terminkalender. Der ganze Tag war vollgepfropft mit politischem Mist … nur, dass es kein Mist war. Alles, was er in diesem Amt tat, wirkte sich in irgendeiner Weise auf amerikanische Bürger aus, und das machte es wichtig, für sie und für ihn. Doch wer hatte beschlossen, ihn zum daddy der Nation zu machen? Was machte ausgerechnet ihn so verflucht smart? Wenn er es sich genauer überlegte, erwarteten doch alle Leute jenseits der viel zu dicken Fenster des Oval Office, dass er das Richtige tat. Und doch schimpften und stöhnten und fluchten sie beim Abendessen oder Kartenspielen über diejenigen seiner Entscheidungen, die ihnen nicht passten, als wüssten sie es besser – was sich immer leicht sagen ließ. Hier drinnen sah die Sache ganz anders aus. Und deshalb musste sich Ryan mit jeder noch so unbedeutenden Entscheidung befassen, und sei es die Zusammensetzung der Schulspeisung – gerade das war eine besonders haarige Sache. Gab man den Kindern, was sie gern aßen, beschwerten sich die Ernährungswissenschaftler. Aber in der überwiegenden Mehrzahl würden sich die Eltern wahrscheinlich für Hamburger und Pommes entscheiden, weil das die Kids nun mal aßen, während ihnen das gesunde Essen, wenn sie es nicht anrührten, herzlich wenig nutzte. Er hatte über dieses Thema ein paarmal mit Cathy gesprochen, obwohl er es sich eigentlich hätte sparen können. Sie ließ ihre Kinder Pizza essen, wann sie wollten, und zwar mit der Begründung, Pizza enthielte viele Proteine, und Kinder könnten fast alles essen, ohne dass sich schädliche Nebenwirkungen zeigten. Bohrte man allerdings etwas nach, gab sie zu, dass sie damit in Widerspruch zu einigen ihrer Professorenkollegen an der Johns Hopkins University stand. Und was sollte nun Jack Ryan, Präsident der Vereinigten Staaten, Doktor der Geschichtswissenschaften, Bachelor
Weitere Kostenlose Bücher