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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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die Menschenrechte anerkennen, wie das alle anderen zivilisierten Nationen tun.«
    »Wollen Sie jetzt etwa sagen, wir seien unzivilisiert?«, fragte Shen.
    »Das habe ich nicht gesagt.« Hitch bedauerte seinen Ausrutscher sofort.
    »Amerika hat kein Recht, uns oder irgendeiner anderen Nation seine Wünsche aufzuzwingen. Sie kommen in unser Land und diktieren uns Ihre Handelsbedingungen, und jetzt verlangen Sie auch noch von uns, dass wir unsere inneren Angelegenheiten so regeln, wie Sie sich das vorstellen. Genug! Wir werden keinen Kotau vor Ihnen machen. Wir sind nicht Ihre Diener. Ich weise diese Note zurück.« Zur Unterstreichung des Gesagten schleuderte Shen das Dokument sogar in Hitchs Richtung.
    »Ist das also Ihre Antwort?«, fragte der Botschafter.
    »Das ist die Antwort der Volksrepublik China«, versetzte Shen herrisch.
    »Nun gut, Herr Minister. Vielen Dank für die Audienz.« Hitch zog sich mit einer höflichen Verneigung zurück. Erstaunlich, dachte er, dass normale – wenn auch nicht gerade freundliche – Beziehungen so rasch zerbrechen konnten. Keine sechs Wochen zuvor war Shen zu einem Arbeitsessen in die Botschaft gekommen, bei dem sie auf die denkbar freundlichste Art Toasts auf das jeweils andere Land ausgebracht hatten. Aber schon Kissinger hatte ganz richtig bemerkt: Länder haben keine Freunde, sie haben Interessen. Und die Volksrepublik hatte gerade einige von Amerikas höchsten Prinzipien mit Füßen getreten. Damit war der Fall erledigt. Carl Hitch ging zu seinem Wagen hinaus, um zur Botschaft zurückzufahren.
    Dort erwartete ihn Cliff Rutledge. Hitch winkte ihn in sein Privatbüro.
    »Und?«
    »Er hat mir gesagt, ich soll es mir sonst wohin stecken – in Diplomatensprache. Könnte sein, dass Sie darin heute morgen auch noch eine sehr anschauliche Lektion erteilt bekommen.«
    Rutledge hatte die Note selbstverständlich schon gesehen. »Es überrascht mich, dass Adler sie so hat rausgehen lassen.«
    »Ich nehme an, zu Hause ist die Stimmung ziemlich aufgeheizt. Wir haben CNN und andere Sender gesehen, aber vielleicht ist es sogar noch schlimmer, als es scheint.«
    »Nicht, dass ich gutheiße, was die Chinesen getan haben, aber bloß wegen zwei erschossener Geistlicher so ein Theater zu machen …«
    »Einer war Diplomat, Cliff«, erinnerte Hitch ihn. »Wenn Sie eins übergebrannt bekämen, hätten Sie doch auch gern, dass man das in Washington ernst nimmt, oder?«
    Die Zurechtweisung ließ Rutledges Augen für einen Moment aufflackern. »Dahinter steckt nur Präsident Ryan. Er hat keine Ahnung von Diplomatie.«
    »Vielleicht nicht, vielleicht doch. Jedenfalls ist er der Präsident, und unsere Aufgabe ist es, ihn zu repräsentieren, falls Sie sich noch erinnern.«
    »Das ist wohl schwer zu vergessen«, brummte Rutledge. Er würde auf keinen Fall Staatssekretär im Außenministerium werden wollen, solange dieser Trampel im Weißen Haus war, obwohl er auf den Posten schon seit fünfzehn Jahren ein Auge geworfen hatte. Aber er würde ihn auch nicht bekommen, wenn er zuließ, dass seine persönliche Gefühle, so berechtigt sie sein mochten, sein professionelles Urteilsvermögen trübten. »Wir werden nach Hause zurückgerufen oder zurückgeschickt werden«, bemerkte er.
    »Wahrscheinlich«, pflichtete Hitch ihm bei. »Wäre schön, wieder mal ein bisschen Baseball zu sehen. Wie machen sich die Sox zur Zeit?«
    »Können Sie vergessen. Eine Saison des Neuaufbaus. Wieder mal.«
    »Ach, das ist aber schade.« Hitch schüttelte den Kopf und sah sich auf seinem Schreibtisch nach neuen Depeschen um. Es waren jedoch keine gekommen. Jetzt musste er Washington darüber in Kenntnis setzen, was der chinesische Außenminister gesagt hatte. Scott Adler saß wahrscheinlich in seinem Büro im sechsten Stock und wartete, dass der abhörsichere Direktanschluss läutete.
    »Viel Vergnügen, Cliff.«
    »Besten Dank«, sagte Rutledge auf dem Weg zur Tür hinaus.
    Hitch überlegte, ob er zu Hause anrufen und seiner Frau raten sollte, schon mit dem Packen für die Heimreise zu beginnen. Doch nein, noch nicht. Zuerst musste er in Foggy Bottom anrufen.
     
    »Und was wird jetzt passieren?«, fragte Ryan Außenminister Adler. Er lag noch im Bett, denn er hatte Anweisung erteilt, umgehend verständigt zu werden, sobald eine Nachricht einging. Als er nun Adlers Mitteilung hörte, war er doch etwas überrascht. Er hatte die Formulierung der diplomatischen Note eher duckmäuserisch gefunden, aber offenbar unterlag der

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