Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
verstehe nur nicht, warum die eigentlich hier demonstrieren? Ich bin doch auf ihrer Seite – zumindest glaube ich das. Aber, was führt Sie hierher?«
»Sehen Sie sich das mal an.« Winston nickte Gant zu.
»Mr. President, so sehen im Moment die Devisenkonten der Volksrepublik aus. Um zu wissen, wie der Dollar steht, verfolgen wir den internationalen Devisenhandel immer sehr genau – was bedeutet, dass wir immer ziemlich genau wissen, wo auf der Welt sich gerade das Geld befindet.«
»Okay.« Darüber wusste Ryan – zumindest vage – Bescheid. Allerdings machte er sich deswegen nicht viel Gedanken, weil der Dollar recht gut stand und die reibungslos laufende Maschinerie nicht geschmiert werden musste. »Und?«
»Die finanzielle Situation der Chinesen ist, gelinde gesagt, verheerend«, meldete sich Gant wieder zu Wort. »Vielleicht waren sie deshalb bei den Handelsgesprächen so unleidlich. Wenn dem so ist, haben sie es allerdings falsch angepackt. Sie haben gefordert, anstatt zu bitten.«
Ryan studierte die Zahlentabellen. »Was haben die denn mit ihrem ganzen Geld gemacht?«
»Militärische Hardware gekauft. Hauptsächlich in Frankreich und Russland, aber auch in Israel.« Es war nicht vielen bekannt, dass aus der Volksrepublik China beträchtliche Summen an Israel geflossen waren, hauptsächlich an IDI, Israel Defense Industries. Von diesem Unternehmen hatten sie in Amerika entwickelte Hardware gekauft, für deren Produktion Israel die Lizenzrechte erworben hatte. Zu den Dingen, welche die Chinesen nicht direkt von Amerika kaufen konnten, gehörten Geschütze für ihre Panzer und Luftkampf-Lenkwaffen für ihre Kampfflugzeuge. Amerika hatte bei diesen Geschäften jahrelang beide Augen zugedrückt. Israel war damit nämlich Taiwan in den Rücken gefallen, obwohl beide Länder ihre Atomwaffen in einem Jointventure produziert hatten. Das war in einer Zeit gewesen, als sie – zusammen mit Südafrika – als internationale Parias notgedrungen hatten zusammenhalten müssen, da sie in diesem speziellen Bereich sonst keine Freunde gefunden hatten. Wenn man es höflich ausdrücken wollte, nannte man so etwas Realpolitik. Ansonsten nannte man es seinen Freund bescheißen .
»Und?«, fragte Ryan.
»So haben sie ihren gesamten Handelsüberschuss ausgegeben«, erklärte Gant. »Und zwar alles. Hauptsächlich für kurzfristige Erwerbsgüter, zum Teil aber auch für langfristige, wobei sie für die langfristigen aufgrund der Natur der Transaktionen eine Anzahlung leisten mussten. Die Hersteller brauchen das Geld, um die Produktion zu starten, und sie wollen nicht plötzlich ohne Käufer für ihre Ware dastehen. Nicht allzu viele Leute benötigen fünftausend Panzergeschütze. Der Markt für so etwas ist ziemlich begrenzt.«
»Und?«
»Folglich ist China also mehr oder weniger das Geld ausgegangen«, fuhr TELESCOPE fort. »Und das, obwohl sie kurzfristig welches brauchen. Wie zum Beispiel für Öl. China muss seinen gesamten Ölbedarf von außen decken. Die Fördermengen ihrer eigenen Ölfelder sind minimal. Andererseits ist auch ihr Bedarf noch nicht so enorm. Nicht allzu viele Chinesen besitzen ein Auto. Nun, jetzt haben sie noch genügend Geld, um ihren Ölbedarf für die nächsten drei Monate zu decken, aber dann sitzen sie auf dem Trockenen. Auf dem internationalen Ölmarkt wird prompte Bezahlung verlangt. Einen Monat, vielleicht auch sechs Wochen können Sie es vielleicht hinauszögern, aber danach drehen die Tanker mitten auf hoher See um und fahren woandershin, und dann geht der Volksrepublik das Öl aus. Das ist etwa so, als würden sie gegen eine Wand fahren, Sir. Peng. Kein Öl mehr, und dann kommt ihr Land zum Stillstand, einschließlich des Militärs, das der größte Ölkonsument ist. Wegen verstärkter Manöver- und Ausbildungsaktivitäten war sein Verbrauch in den letzten Jahren außergewöhnlich hoch. Sie dürften zwar strategische Reserven haben, aber wie viel genau, wissen wir nicht. Und auch die können zu Ende gehen. Sie werfen schon eine ganze Weile begehrliche Blicke auf die Spratly-Inseln. Dort gibt es Ölvorkommen, nach denen sie schon seit etwa zehn Jahren die Finger ausstrecken, obwohl auch die Philippinen und andere Länder in der Region Anspruch darauf erheben. Wahrscheinlich gehen sie davon aus, dass wir uns aus historischen Gründen auf die Seite der Philippinen schlagen werden. Nicht zu vergessen, dass in jenem Teil der Welt der 7. Flotte nach wie vor niemand das Wasser reichen
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