Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
»Okay, weiter.«
Winston ergriff die Initiative. »Wenn wir nicht wissen, wie sie auf die Geldknappheit reagieren werden, können wir nicht vorhersagen, welche Auswirkung das auf ihre Gesellschaft haben wird.«
»Wenn sie Aua schreien, wenn es anfängt weh zu tun, was machen wir dann?«, wollte Ryan als Nächstes wissen.
»Sie werden schön bitte sagen und zum Beispiel die Stornierung der Boeing- und Caterpillar-Aufträge wieder rückgängig machen, und zwar öffentlich.«
»Das werden und können sie nicht tun«, widersprach Adler. »Der Gesichtsverlust wäre zu groß. So sind die Asiaten nun mal. Das können wir vergessen. Möglicherweise bieten sie uns Zugeständnisse an, aber es werden versteckte sein müssen.«
»Was für uns politisch nicht annehmbar ist. Wenn ich dem Kongress damit komme, lachen sie mich zuerst aus, um mich anschließend zu kreuzigen.« Ryan nahm einen Schluck von seinem Drink.
»Und die Chinesen werden nicht verstehen, warum Sie dem Kongress nicht sagen können, was er tun soll. Sie denken, Sie sind ein starker Führer und können deshalb selbst Entscheidungen treffen«, erklärte EAGLE seinem Präsidenten.
»Wissen die denn gar nichts darüber, wie unsere Regierung funktioniert?«, fragte Ryan.
»Jack, ich bin sicher, sie haben alle möglichen Experten, die mehr über unsere verfassungsmäßigen Abläufe wissen als ich, aber es ist nicht anzunehmen, dass die Politbüromitglieder auf sie hören. Sie kommen aus einem völlig anderen politischen Umfeld und nur das verstehen sie. Für uns bedeutet ›das Volk‹ die öffentliche Meinung, Umfragen und schließlich Wahlen. Für sie bedeutet es die Arbeiter und Bauern, die tun sollen, was man ihnen sagt.«
»Und mit diesen Leuten machen wir Geschäfte?«, fragte Winston die Decke.
»Das nennt man Realpolitik, George«, erklärte Ryan ihm.
»Aber wir können nicht einfach so tun, als existierten sie nicht. Es gibt über eine Milliarde Chinesen und, übrigens, sie haben auch Atomwaffen, und sogar solche auf Marschflugkörpern.« Was dem Gesamtbild einen entschieden unerfreulichen Aspekt verlieh.
»Laut CIA insgesamt zwölf, und wir können ihr Land zu einem Parkplatz einebnen, wenn es nötig ist, nur dass das Ganze vierundzwanzig Stunden dauern wird statt nur vierzig Minuten.« Ryan konnte seinen Besuchern diese Information geben, ohne sich ein Frösteln verkneifen zu müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich so weit kam, war einfach zu gering. »Das wissen sie. Und wer will schon König von einem Parkplatz sein? So vernünftig werden sie doch hoffentlich sein, Scott, oder?«
»Ich denke schon. Sie rasseln zwar in Taiwan immer wieder mit dem Säbel, allerdings selbst da in letzter Zeit nicht mehr so laut wie früher – schließlich liegt ja auch ständig unsere Siebte Flotte da.« Was die Navy allerdings eine Menge Treibstoff kostete.
»Jedenfalls wird diese Geldknappheit ihre Wirtschaft nicht grundsätzlich lahmlegen?«, fragte Ryan.
»Wenn sie nicht total blöd sind, glaube ich nicht.«
»Gut, dann kann ich jetzt nach oben gehen und mir noch was zu trinken holen.« Ryan stand auf, und seine Gäste folgten seinem Beispiel.
»Das ist doch Wahnsinn!«, knurrte Qian Kun seinen Kollegen Fang an. Man beschäftigte sich nämlich auf der anderen Seite des Globus mit ganz ähnlichen Fragen.
»Da möchte ich Ihnen gar nicht widersprechen, Qian, aber wir müssen es auch unseren anderen Kollegen begreiflich machen.«
»Fang, das könnte unseren Ruin bedeuten! Womit sollen wir Weizen und Öl kaufen?«
»Wie steht es um unsere Reserven?«
Der Finanzminister setzte sich zurück. Darüber musste er erst einmal nachdenken. Er schloss die Augen und versuchte sich an die Zahlen zu erinnern, die er am ersten Montag jedes Monats mitgeteilt bekam. Er öffnete die Augen wieder. »Die Ernte des vergangenen Jahres war überdurchschnittlich gut. Wir haben Nahrungsmittel für ein Jahr – vorausgesetzt, dieses Jahr fällt die Ernte durchschnittlich aus, oder meinetwegen auch etwas schlechter. Das eigentliche Problem ist das Öl. Aufgrund der ständigen Übungen der Volksbefreiungsarmee im Norden und an der Küste hatten wir in letzter Zeit einen sehr hohen Verbrauch. Unsere Reserve umfasst vielleicht noch Öl für vier Monate, und wir haben noch Geld, um für zwei weitere Monate welches zu kaufen. Danach werden wir unseren Verbrauch einschränken müssen. Was die Kohle angeht, sind wir autark. Es wird also weiterhin Strom geben. Die
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