Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
fragte Zhang mit entwaffnender – und zugleich unheimlicher – Freundlichkeit.
»Genossen, so funktioniert eben der Handel. Wir verkaufen unsere Güter gegen Geld an andere Nationen und verwenden dieses Geld, um von diesen anderen Nationen unsererseits Güter zu kaufen. Aus dem Handel mit Amerika ist uns ein jährlicher Überschuss in Höhe von siebzig Milliarden Dollar erwachsen.«
»Wie großzügig von den ausländischen Teufeln«, bemerkte Premier Xu sotto voce in Richtung Zhang.
»Den wir allerdings fast ganz für den Kauf aller möglichen Dinge aufgebraucht haben, in letzter Zeit hauptsächlich für unsere Genossen in der Volksbefreiungsarmee. Überwiegend handelt es sich um langfristige Erwerbsgüter, für die, wie im internationalen Waffenhandel üblich, Vorauszahlung erforderlich war. Dazu kommen noch Öl und Weizen. Es gibt auch noch andere Dinge, die für unsere Wirtschaft wichtig sind, aber konzentrieren wir uns fürs Erste auf diese.« Qian blickte Zustimmung suchend in die Runde. Er erhielt sie, auch wenn Marschall Luo Cong, Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Volksbefreiungsarmee – und Gebieter über deren beachtliches Wirtschaftsimperium –, ihn scharf ansah. Die Ausgaben seines persönlichen Imperiums waren besonders herausgestrichen worden, und das war nicht dazu angetan, ihn gnädig zu stimmen.
»Genossen«, fuhr Qian fort, »mittlerweile droht uns der Verlust eines großen Teils des Überschusses, wenn nicht sogar der gesamte, der durch den Handel mit Amerika und anderen Nationen entstanden ist. Sehen Sie das hier?« Er hielt etliche Fernschreiben und E-Mail-Ausdrucke hoch. »Das sind Stornierungen von Aufträgen und Kapitaltransfers. Lassen Sie mich klarstellen: Hier handelt es sich um Milliarden von Dollar, die uns verloren gehen, um Geld, das wir teilweise bereits ausgegeben haben – Geld, das wir jedoch nie bekommen werden, weil wir die, mit denen wir Geschäfte machen, verärgerten.«
»Wollen Sie uns etwa erzählen, dass sie solche Macht über uns haben?«, bemerkte ein anderes Mitglied. »Das ist doch Unsinn!«
»Genosse, die anderen Staaten haben die Macht, unsere Handelsgüter für bares Geld zu kaufen oder es zu lassen. Wenn sie sich entschließen, nicht zu kaufen, bekommen wir das Geld nicht , das wir für Marschall Luos teures Spielzeug ausgeben müssen.« Er benutzte dieses Wort absichtlich. Es wurde Zeit, diese Genossen mit nackten Tatsachen zu konfrontieren, und ein Schlag ins Gesicht war am besten dazu geeignet, sich ihrer Aufmerksamkeit zu versichern. »Befassen wir uns zunächst mit Weizen. Daraus machen wir Brot und Nudeln. Wenn man keinen Weizen hat, hat man auch keine Nudeln.
Unser Land produziert nicht genügend Weizen, um unsere Bevölkerung zu ernähren. Das wissen wir. Wir haben zu viele Mäuler zu stopfen. In wenigen Monaten werden die großen Erzeugerländer, Amerika, Kanada, Australien, Argentinien und so weiter, wieder Weizen zu verkaufen haben – doch wovon wollen wir ihn kaufen? Marschall Luo, Ihre Armee braucht Öl, um daraus Benzin und Diesel und Flugzeugtreibstoff zu gewinnen. Des weiteren benötigen wir auch für unsere Diesellokomotiven und Fluggesellschaften Öl. Aber wir können nicht so viel eigenes Öl fördern, und deshalb müssen wir es im Persischen Golf und anderswo kaufen – und wieder frage ich, womit sollen wir es bezahlen?«
»Verkaufen wir unsere Güter doch einfach an jemand anders«, schlug ein Mitglied vor, mit erstaunlicher Naivität, wie Qian fand.
»Wer sollte das sein, Genosse? Es gibt nur ein Amerika. Wir haben es uns auch mit ganz Europa verscherzt. Wer bleibt dann noch? Australien? Es ist eng mit Europa und Amerika verbündet. Japan? Sie verkaufen ebenfalls an Amerika und sie werden alles unternehmen, in den uns verloren gegangenen Märkten unseren Platz einzunehmen, aber sie werden den Teufel tun, etwas von uns zu kaufen. Südamerika vielleicht? Das sind lauter christliche Länder, und wir haben vor kurzem einen hohen kirchlichen Würdenträger getötet. Und vor allem ist dieser Mann nach ihren Moralvorstellungen wie ein Held gestorben. Wir haben ihn zu einem Märtyrer ihres Glaubens gemacht!
Genossen, wir haben unsere Industrie gezielt darauf hin ausgerichtet, für den amerikanischen Markt zu produzieren. Um an andere Länder zu verkaufen, müssten wir erst feststellen, welche der Produkte, die wir herstellen können, diese Länder benötigen. Erst dann könnten wir in den Markt einsteigen. Man kommt
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