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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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einem Indianerreservat oder auf Militärgelände. Ich habe allerdings schon mehrmals in Fällen von Menschenraub ermittelt, und daran gewöhnt man sich nie.« Allein schon darum nicht – aber das behielt Reilly für sich –, weil bei Kindesentführung, die meist sexuell motiviert war, das Opfer häufig innerhalb der ersten fünf Stunden getötet wurde – lange bevor das FBI, von der Polizei vor Ort um Mithilfe gebeten, überhaupt eingreifen konnte. Von allen Verbrechen, mit denen Reilly konfrontiert wurde, war für ihn Kidnapping das mit Abstand schlimmste. Wenn so etwas passierte, verzog man sich in sein Stammlokal – jede FBI-Niederlassung hatte eins –, trank ein paar Gläser über den Durst und gelobte lallend im Kreis ebenso angefressener Kollegen, das Schwein zur Strecke zu bringen. Und in der Regel wurden die Schweine auch ermittelt, vor Gericht gebracht und verurteilt, und wenn sie Glück hatten, sperrte man sie in eine Todeszelle. Wer nur eine Freiheitsstrafe bekam und in den normalen Strafvollzug gesteckt wurde, musste bald erfahren, was Schläger oder Räuber von einem Kinderschänder hielten. »Aber ich weiß, worauf du anspielst, Oleg Gregoriewitsch. Das ist etwas, was man einem gewöhnlichen Bürger nicht erklären kann.« Das Schlimmste an Fotos vom Tatort oder einer Obduktion war die Traurigkeit , die darin lag, dass dem Opfer nicht nur das Leben, sondern auch seine Würde genommen worden war. Und die vorliegenden Fotos wirkten besonders abstoßend. Von der Schönheit, die Maria Iwanowna Sablin einmal gehabt haben mochte, war allenfalls noch ein Rest in der Erinnerung ihrer Freier übrig geblieben. Und wer trauert schon um eine tote Hure?, fragte sich Reilly. Jedenfalls nicht der Zuhälter, für den sie ohnehin stets ersetzbar gewesen war. Wahrscheinlich nicht einmal die Kolleginnen. Die Familie hatte sich bestimmt längst von ihr abgewendet und würde sie allenfalls als gefallenes Mädchen in Erinnerung behalten, das Liebe vorgetäuscht, aber nie mehr empfunden hatte als der Pathologe, der sie auf der Zinkwanne des städtischen Leichenschauhauses zerpflückte. Ja, sind Prostituierte vielleicht so etwas wie Pathologen des Sex?, dachte Reilly. Manche sprachen in dem Zusammenhang von einem Verbrechen ohne Opfer. Reilly wünschte, er könnte ihnen diese Fotos vorlegen, damit sie sähen, welche Opfer ein solches Gewerbe verlangte.
    »Hast du noch was, Oleg?«, fragte er.
    »Noch nicht. Wir müssen die Vernehmungen der Leute abwarten, die Umgang mit den dreien pflegten«, antwortete er achselzuckend.
     
    »Er ist mit seinen Beleidigungen an die Falschen geraten«, sagte ein Informant, auch er mit einem Achselzucken, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass es eine andere Erklärung gar nicht geben konnte. Wieso hätte jemand wie Awseijenko sonst ein dermaßen spektakuläres Ende gefunden?
    »Und wer sind diese Falschen?«, fragte der Polizist, ohne mit einer ernst zu nehmenden Antwort zu rechnen. Er fragte dennoch.
    »Seine Genossen von der Staatssicherheit«, tippte der Informant.
    »He?«
    »Wer sonst? Wenn’s eins seiner Mädchen gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich mit’nem Messer zugestoßen. Ein Rivale aus der Zuhälterszene hätte mit’ner Pistole auf ihn angelegt. Aber von denen kommt doch keiner auf die Idee, ’ne Panzerfaust krachen zu lassen … also wirklich.«
    Er war natürlich nicht der Erste, der diesen Gedanken aussprach, obwohl die Miliz dem Umstand Rechnung tragen musste, dass aus den Arsenalen der ehemaligen Roten Armee alle möglichen Waffen, leichte wie schwere, verschwunden und nunmehr für jedermann auf dem Schwarzmarkt zu beziehen waren.
    »Können Sie uns Namen nennen?«, fragte der Feldwebel der Miliz.
    »Nein, aber ich kenne da einen vom Ansehen. Er ist groß und kräftig gebaut, hat rötliche Haare, eine helle Haut mit ein paar Sommersprossen und grüne Augen.« Der Informant stockte. »Seine Freunde nennen ihn ›den Jungen‹, weil er jugendlich aussieht. Er hat mal der Staatssicherheit angehört, aber weder als Spion noch als Jäger von Spionen. Welchen Posten er da hatte, weiß ich nicht.«
    Der Feldwebel merkte auf und fuhr mit seinem Bleistift fleißig über das dunkelgelbe Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag.
    »Dieser Mann war also sauer auf Awseijenko?«
    »So heißt es.«
    »Und warum?«
    »Das weiß ich nicht, aber Gregori Filipowitsch hat sich mit allen angelegt. Er verstand es, Frauen zu gefallen, da hatte er wirklich was weg. Aber mit

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