Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
ethnisch nicht von der einheimischen Bevölkerung seines Landes unterschieden, reichten die politischen Differenzen aus, ihn bei ihrem Anblick Besorgnis, wenn nicht sogar Furcht empfinden zu lassen. Er schüttelte den Kopf.
»Andrei Petrowitsch, Sie haben in dieselben Geheimdienstinformationen Einsicht gehabt wie ich. Was mir Sorgen macht, ist, dass die chinesische Armee wesentlich aktiver war als unsere. Sie haben das Potential, uns anzugreifen, aber wir haben nicht das Potential, ihren Angriff zurückzuschlagen. Wir verfügen über weniger als drei Divisionen in voller Gefechtsstärke, die außerdem unzureichend ausgebildet sind. Es gibt also noch viel zu tun, bevor ich wieder ruhig schlafen kann. Diese Verteidigungslinie auf Vordermann zu bringen ist das Einfachste, was wir tun können, und dabei wiederum besteht die simpelste Maßnahme darin, die Bunker zu tarnen. Als Nächstes fangen wir damit an, die Soldaten nach dem Rotationsprinzip auf den Schießstand zu schicken, damit sie an ihren Schießkünsten arbeiten. Damit werden sie keine Probleme haben, aber es wurde immerhin zehn Monate lang nicht mehr getan. Es gibt so viel zu tun, Andruschka, so viel!«
»Das ist durchaus richtig, Genosse General, aber einen Anfang haben wir schon einmal gemacht.«
Bondarenko machte eine wegwerfende Handbewegung und knurrte: »Ah, von einem Anfang können wir vielleicht in einem Jahr sprechen. Aber jetzt lassen Sie uns nach Osten fliegen und uns den nächsten Sektor ansehen.«
Nur 16 Kilometer entfernt blickte General Peng Xi Wang, Kommandeur der 34. Stoßarmee ›Rote-Fahne‹, durch ein starkes Fernglas auf die russische Grenze. Die 34. Stoßarmee gehörte von ihrem Umfang und ihrer Kampfstärke her zur Kategorie A und war etwa 80 000 Mann stark. Pengs Oberbefehl unterstanden eine Panzerdivision, zwei Infanteriedivisionen, eine motorisierte Schützendivision und andere Unterstützungstruppen, wie zum Beispiel eine unabhängige Artilleriebrigade. Peng, 50 Jahre alt und seit über 20 Jahren Parteimitglied, war ein altgedienter Berufssoldat, der die letzten zehn Jahre in sehr angenehmer Erinnerung hatte. Seit er als Oberst ein Panzerregiment kommandiert hatte, war er in der Lage gewesen, seine Truppen kontinuierlich in einem Gebiet auszubilden, mit dem er inzwischen bestens vertraut war.
Der Militärbezirk Shenyang lag im äußersten Nordosten der Volksrepublik. In dem bewaldeten Hügelland herrschten warme Sommer und bitterkalte Winter. Auf dem Amur, der unter Peng vorbeifloss, hatten sich bereits erste Ansätze von Eis gebildet, aber aus militärischer Sicht waren die Bäume das eigentliche Hindernis. Panzer konnten zwar einzelne Bäume niederwalzen, aber nicht, wenn alle zehn Meter einer stand. Nein, dann musste man um sie herum fahren, und wenn dafür auch genügend Platz war, machte es den Fahrern doch das Leben schwer und kostete jede Menge Sprit. Es gab ein paar Straßen und Eisenbahntrassen, und wenn er je nach Norden vorrücken sollte, würde er sie benutzen. Allerdings böten sich dadurch den Russen gute Möglichkeiten, Hinterhalte für sie zu legen – wenn sie über ein vernünftiges Arsenal an Panzerabwehrwaffen verfügten. Aber die Russen handelten nach dem schon ein halbes Jahrhundert alten Motto, dass die beste Panzerabwehrwaffe ein noch besserer Panzer war. In ihrem Krieg gegen die deutschen Nazis hatte sich die Rote Armee glücklich schätzen können, in dem T-34 einen ganz hervorragenden Panzer gehabt zu haben. Sie hatten eine Menge Rapier-Panzerabwehrkanonen gebaut und brav die gelenkten Panzerabwehrwaffen der NATO kopiert, aber mit denen wurde man fertig, indem man ein Gebiet unter flächendeckenden Artilleriebeschuss nahm. Und Peng verfügte über jede Menge Geschütze und Berge von Munition, um mit den ungeschützten Infanteristen fertig zu werden, die die Lenkwaffen in ihre Ziele steuern mussten. Er wünschte, er besäße das russische Lenkwaffen-Abwehrsystem Arena, das sie gebaut hatten, um ihre Panzer vor den Schwärmen tödlicher NATO-Insekten zu schützen.
Sein Fernglas war der chinesische Nachbau eines deutschen Zeiss-Modells, das für den Einsatz in der ehemaligen Roten Armee übernommen worden war. Es ließ sich stufenlos von 20-facher auf 50-fache Vergrößerung verstellen und verhalf ihm zu einem hervorragenden Blick auf die andere Seite des Flusses. Peng kam etwa einmal im Monat hier herauf, um seine Grenztruppen zu inspizieren, die eigentlich nur leichten Wachdienst leisteten. Er
Weitere Kostenlose Bücher