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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Weihnachtsgeschichte werden?, fragte er sich. Der Geist vergangener Schrecken, begleitet vom Geist gegenwärtiger Schrecken, und schließlich auch noch der Geist künftiger Schrecken? Aber Ryan war in einer Branche tätig, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, solche Dinge zu verhindern. Dafür bezahlte ihn die Bevölkerung seines Landes. Vielleicht waren 250 000 Dollar im Jahr nicht besonders viel für jemanden, der in der Wirtschaft doppelt so viel verdient hatte, aber es war immer noch einiges mehr, als die meisten Steuerzahler verdienten, und sie gaben es ihm als Gegenleistung für seine Arbeit. Das machte die Verpflichtung so heilig wie einen vor Gottes Antlitz geschworenen Eid. Das Grauen von Auschwitz hatte geschehen können, weil andere Männer nicht ihrer Verpflichtung gegenüber den Menschen nachgekommen waren, denen sie hätten dienen sollen. Zumindest war der Zusammenhang ungefähr so. Ryan hatte sich noch nie in die Gedankenabläufe in den Köpfen von Diktatoren hineinversetzen können. Jack Ryan war sich darüber im Klaren, dass auch er in alle möglichen Geschichtsbücher einging, aber er versuchte sich keine Gedanken darüber zu machen, was künftige Generationen von ihm halten würden. In seinem Job war es schon schwer genug, von einem Tag zum nächsten zu überleben. Nein, Geschichte zu schreiben war um einiges schwerer, als sie zu studieren , und deshalb vermied er es grundsätzlich, darüber nachzudenken. Außerdem wäre er längst nicht mehr am Leben, um mitzubekommen, was künftige Generationen denken würden. Deshalb machte es keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
    Er ließ seinen Blick durch den Raum wandern, über die Regierungschefs von mehr als 15 Ländern hinweg, vom kleinen Island über die Niederlande bis hin zur Türkei. Er war der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, dem bei weitem größten und mächtigsten Land des NATO-Bündnisses – zumindest bis zum morgigen Tag, korrigierte er sich –, und er hätte am liebsten jeden einzelnen Staatschef (im Augenblick waren es lauter Männer) beiseite genommen und ihn gefragt, wie er es schaffte, seine Überzeugungen mit seinen Pflichten unter einen Hut zu bringen. Wie machte man diesen Job, ohne seine Integrität aufzugeben? Wie kümmerte man sich um die Belange jedes einzelnen Bürgers? Ryan wusste, dass er nicht erwarten durfte, von allen geliebt zu werden. Arnie van Damm hatte ihm sehr schnell klar gemacht, dass es lediglich wichtig war, dass er, Ryan, von einem Menschen mehr als der Hälfte aller amerikanischen Wähler gemocht – nicht geliebt! – wurde. Aber sollte das an diesem Job wirklich schon alles sein? Er kannte alle diese Regierungschefs namentlich und vom Sehen und er war über den Charakter eines jeden von ihnen genauestens unterrichtet. Der dort zum Beispiel hatte eine 19-jährige Freundin. Der dort soff wie ein Loch. Der dort war sich nicht ganz klar über seine sexuelle Orientierung. Und der dort war ein Gauner, der sich auf Staatskosten ganz gewaltig persönlich bereichert hatte. Aber sie alle waren Verbündete seines Landes und deshalb offiziell seine Freunde. Und daher musste Jack Ryan außer Acht lassen, was er über sie wusste. Und das wirklich Komische daran war, dass sie sich ihm überlegen fühlten, weil sie bessere Politiker waren als er. Und das Allerkomischste war, dass sie Recht hatten. Sie waren bessere Politiker als er, dachte Ryan und nahm einen Schluck Wein. Der britische Premierminister entfernte sich, um mit seinem norwegischen Kollegen zu sprechen, worauf Cathy Ryan sich zu ihrem Mann gesellte.
    »Und, Schatz, wie ging’s bei euch?«, fragte Ryan.
    »Das Übliche. Wir haben über Politik geredet. Hat denn keine dieser Frauen einen richtigen Job?«, fragte die First Lady.
    »Einige schon.« Das wusste Ryan aus seinen Briefings. »Einige haben auch Kinder.«
    »Wohl eher Enkelkinder. Dafür bin ich, Gott sei Dank, noch nicht alt genug.«
    »Entschuldige, Liebling. Aber es hat durchaus auch Vorteile, jung und schön zu sein«, sagte der Präsident zu seiner Frau.
    »Und du bist mit Abstand der bestaussehende Mann hier«, antwortete Cathy Ryan lächelnd.
    »Allerdings bin ich zu müde. Es war ein langer Tag am Verhandlungstisch.«
    »Warum holst du Russland in die NATO?«
    »Um einen Krieg mit China zu verhindern«, antwortete Ryan wahrheitsgemäß. Es wurde Zeit, dass sie Bescheid wusste. Die Antwort auf ihre Frage trug ihm ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit ein.
    »Wie

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