Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
sich nicht vor allem fürchten.«
»Das ist wahr, aber es ist ebenso unklug, sich vor nichts zu fürchten.« Fang schwieg für einen Moment, um die Situation zu entschärfen. »Zhang, du musst mich für ein altes Weib halten.«
Das brachte den anderen Minister zum Lächeln. »Ein altes Weib? Nein, Fang, du bist seit langen Jahren ein guter Genosse und einer unserer fähigsten Denker. Warum, glaubst du, habe ich dich wohl ins Politbüro geholt?«
Natürlich um meine Stimme zu bekommen , erwiderte Fang im Stillen. Er hatte zwar den größten Respekt vor seinem älteren Kollegen, war aber nicht mit Blindheit geschlagen, was dessen Fehler betraf. »Dafür bin ich dankbar.«
»Dafür sollte das Volk dankbar sein. Du sorgst dich sehr um sein Wohl.«
»Nun, man muss an die Bauern und Arbeiter im Land denken. Schließlich sind sie es, denen wir dienen.« Dieses ideologische Geschwätz passte hervorragend zur Situation. »Die Arbeit, die wir beide leisten, ist nicht leicht.«
»Du solltest dich ein wenig entspannen. Lass doch diese Ming kommen, geh mit ihr ins Bett. Das hast du doch schon einmal getan.« Eine Vorliebe, die beide Männer teilten. Die Spannung, die über dem Raum gelegen hatte, klang ab, ganz so, wie Zhang es wünschte.
»Chai bläst besser«, wandte Fang mit verschlagenem Blick ein.
»Dann nimm sie mit in deine Wohnung. Kauf ihr ein paar seidene Schlüpfer. Mach sie betrunken. Das mögen sie alle.«
»Keine schlechte Idee«, stimmte Fang zu. »Das wird mir auf jeden Fall beim Einschlafen helfen.«
»Dann mach es so! Wir brauchen unseren Schlaf. Die nächsten paar Wochen werden anstrengend – für uns, aber mehr noch für unsere Feinde.«
»Eines noch, Zhang. Wie du bereits sagtest, sollten wir die Gefangenen gut behandeln. Denn Grausamkeit gegenüber hilflosen Menschen ist etwas, das die Amerikaner nicht so schnell verzeihen, das haben wir ja hier in Peking erlebt.«
»Nun, die Amerikaner sind alte Weiber. Sie begreifen nicht, wie man Stärke richtig gebraucht.«
»Das mag stimmen, doch wenn wir mit ihnen Geschäfte machen wollen, warum sie dann unnötig kränken?«
Zhang seufzte und gab Fang in diesem Punkt Recht. Das war tatsächlich die schlauere Taktik. »Also gut. Ich werde mit Luo darüber sprechen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Ich muss gehen. Ich esse heute Abend mit Xu.«
»Bestell ihm meine besten Grüße.«
»Selbstverständlich.« Zhang erhob sich, verbeugte sich vor Fang und verließ den Raum. Eine Minute später stand auch Fang auf und ging zur Tür. »Ming!«, rief er. »Kommen Sie her.« Er blieb ihm Türrahmen stehen, während seine Sekretärin eintrat, und ließ seine Augen auf Chai verweilen. Ihre Blicke trafen sich. Chai blinzelte und verzog die Lippen zu einem kleinen, einladenden Lächeln. Ja, heute Nacht brauchte er Schlaf, und sie würde ihm dazu verhelfen.
»Die Politbürositzung hat heute länger gedauert«, sagte Fang, machte es sich auf seinem Stuhl bequem und begann zu diktieren. 25 Minuten später schickte er Ming hinaus, damit sie ihre tägliche Niederschrift erledigte. Dann ließ er Chai kommen und erteilte ihr einen Befehl. Noch eine Stunde, dann war der Arbeitstag vorüber. Als es so weit war, ging Fang mit Chai im Schlepptau zu seinem Dienstwagen hinunter. Zusammen fuhren sie zu seinem komfortablen Apartment.
Ming traf ihren Geliebten im Jade Horse , einem neuen Restaurant, in dem das Essen besser als gewöhnlich war.
»Du wirkst beunruhigt«, bemerkte Nomuri.
»Im Büro war viel los«, erklärte sie. »Es wird große Schwierigkeiten geben.«
»Wirklich? Welche Art von Schwierigkeiten?«
»Kann ich nicht sagen«, erwiderte sie. »Wahrscheinlich werden sie sich aber nicht auf deine Firma auswirken.«
Nomuri erkannte, dass er seine Agentin dazu gebracht hatte, die nächste Stufe – es war die letzte – zu erklimmen. Sie dachte nicht mehr über die Software auf ihrem Bürocomputer nach. Er selbst schnitt dieses Thema ebenfalls nie an. Es war besser, wenn alles unterhalb der Bewusstheitsgrenze ablief, und sie vergaß, was sie da eigentlich machte. Dinge, die man vergessen hat, können auch das Gewissen nicht mehr plagen. Nach dem Essen schlenderten sie zu Nomuris Wohnung, wo der CIA-Mann sein Bestes tat, um Ming Entspannung zu verschaffen. Er konnte nur einen Teilerfolg verbuchen, doch sie war trotzdem dankbar und machte sich danach um Viertel vor elf auf den Heimweg. Nomuri goss sich einen doppelstöckigen Schlaftrunk ein und
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