Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
verständigen konnten, ohne Funkgeräte zu benutzen. Für das gesamte Gebiet war totale Funkstille angeordnet worden, um dem Feind sämtliche Informationen vorzuenthalten. Die dort stationierten amerikanischen und russischen Luftstreitkräfte hatten die Order, alle taktischen Aufklärungsflugzeuge der Chinesen abzuschießen. Bisher waren sie dabei sehr erfolgreich gewesen. Insgesamt 17 Maschinen der Typen J-6 und J-7, die in ihren Klassen als Aufklärungsmodelle galten, waren kurz vor Tschita erwischt worden.
Die Schwierigkeiten, die die Chinesen mit der Aufklärung hatten, wurden ausgerechnet in Paris noch verstärkt. SPOT, das französische Unternehmen, das kommerzielle Satelliten betrieb, hatte zahlreiche Anfragen nach Bildern von Sibirien erhalten und sie alle kurz und bündig abgelehnt, obwohl die meisten von durchaus vertrauenswürdigen westlichen Branchen kamen, hauptsächlich von Nachrichtenagenturen. Die SPOT-Satelliten waren zwar nicht so gut wie die amerikanischen Vögel, aber gut genug, um die Züge in Tschita erkennen zu können.
Da die Botschaft der Volksrepublik China in Moskau noch nicht geschlossen war, beunruhigte es die zuständigen Stellen, dass russische Staatsbürger womöglich als bezahlte Spione für das chinesische Ministerium für Staatssicherheit arbeiteten und den Feind mit Informationen versorgten. Personen, die der FSS im Verdacht hatte, wurden abgeholt und befragt. Wer sich bereits in polizeilichem Gewahrsam befand, wurde energisch verhört.
Zu letzterer Gruppe zählte auch Klementi Iwanowitsch Suworow.
»Sie standen im Dienst eines feindlichen Landes«, bemerkte Pawel Jefremow. »Sie haben für eine fremde Macht getötet und ein Mordkomplott gegen den Präsidenten unseres Landes geschmiedet. Wir wissen das alles. Wir überwachen Sie schon seit längerer Zeit. Und wir haben dies hier.« Er hielt ein Foto des Behälters hoch, der unter der Parkbank sichergestellt worden war. »Entweder reden Sie jetzt, oder Sie werden erschossen. Es ist Ihr Leben, das auf dem Spiel steht, nicht meines.«
In einem Kinofilm hätte der Verdächtige nun herausfordernd erwidert: »Sie werden mich so oder so erschießen«, doch Suworows Todessehnsucht hielt sich durchaus in Grenzen. Er liebte das Leben wie jeder andere und hatte genauso wenig damit gerechnet, erwischt zu werden wie der dümmste Straßenkriminelle. Eigentlich hatte er sogar noch weniger damit gerechnet, weil er wusste, wie intelligent und gerissen er war. Doch dieses Selbstbild war innerhalb der letzten Tage ein wenig angekratzt worden.
Im Augenblick gestalteten sich Klementi Iwanowitsch Suworows Aussichten eher trostlos. Schließlich war er vom KGB ausgebildet worden und wusste, was ihn erwartete – eine Kugel in den Kopf –, falls er Jefremow nicht etwas lieferte, das wertvoll genug war, um Schonung zu rechtfertigen. Mittlerweile zog er sogar den lebenslänglichen Aufenthalt in einem Arbeitslager mit strenger Aufsicht der anderen Alternative vor.
»Haben Sie Kong wirklich verhaftet?«
»Wir haben das zwar behauptet, aber es stimmt nicht. Warum sollten wir den Chinesen verraten, dass wir ihre Unternehmung durchschaut haben?«, antwortete Jefremow wahrheitsgemäß.
»Dann können Sie mich gegen sie verwenden.«
»Und auf welche Weise?«, fragte der Offizier des FSS.
»Ich könnte ihnen mitteilen, dass die von ihnen gewünschte Operation zwar stattfinden wird, die Lage in Sibirien jedoch meine Möglichkeit zunichte gemacht hat, sie innerhalb des verabredeten Zeitrahmens durchzuführen.«
»Und wie würden Sie Kong diese Nachricht zuspielen, wenn er die Botschaft nicht verlassen kann? Sie ist jetzt natürlich abgeriegelt und wird bewacht.«
»Mit der elektronischen Post. Sie können zwar ihre Landkabel abhören, aber es ist eine andere Sache, ihre Funktelefone anzuzapfen. Ich verfüge über eine Ausweichmethode, um elektronisch mit ihm zu kommunizieren.«
»Und es wird ihn nicht stutzig machen, dass Sie diese Methode bisher noch nie angewandt haben?«
»Dafür gebe ich ihm eine einfache Erklärung. Der Ausbruch der Feindseligkeiten hat meine Kontaktperson bei der Spetsnaz abgeschreckt – und mich auch.«
»Aber wir haben doch schon all Ihre Accounts überprüft.«
»Denken Sie etwa, ich halte alles schriftlich fest?« Er tippte sich an die Stirn. »Halten Sie mich für vollkommen verblödet?«
»Na schön, wie lautet Ihr Vorschlag?«
»Ich werde den Chinesen anbieten, die Operation zu Ende zu bringen. Wenn sie
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