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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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redselig werden, und es war jedermann klar, dass so etwas nicht vorgetäuscht werden konnte. Jeder Chinese erkannte verlogene Propaganda, aber genauso gut erkannte er auch die Wahrheit.
    Es war merkwürdig, dass Luo das Internet-Phänomen nicht erwähnt hatte. Er hielt es für irrelevant für die Politik der Volksrepublik China, aber diese Entscheidung sollte sich als die größte Fehleinschätzung in seiner politischen Karriere herausstellen.
    Zuerst trafen sich die Studenten in den Schlafräumen der Universitäten. In Zigarettenrauch eingehüllt, diskutierten sie heftig miteinander. Wie überall in der Welt vereinten sich auch die chinesischen Jugendlichen in Idealismus und Leidenschaft. Aus dieser Leidenschaft entwickelte sich schnell Entschlossenheit. Gegen Mitternacht trafen sie sich in größeren Gruppen. Einige übernahmen die Führung. Die Gruppen vermischten sich, kamen miteinander ins Gespräch. Unter den einzelnen Anführern bildete sich schnell eine Hierarchie heraus, ganz wie beim Militär oder in der Politik. Am Ende hatten sich ungefähr 15000 Studenten mit sechs Anführern zusammengeschlossen. Das Ganze entwickelte eine Eigendynamik. Vereinigt wurden sie alle durch ihre Wut über das, was den Soldaten und ihrem Land widerfahren war. Noch größer aber war der Zorn auf all die Lügen, die das staatliche Fernsehen verbreitet hatte. Lügen, die von der im Internet abgebildeten Wirklichkeit klar und deutlich widerlegt wurden. Die Studenten hatten gelernt, dem Internet als Informationsquelle zu vertrauen.
    Es gab nur einen Ort, zu dem sie strebten: den Tiananmen-Platz, den Platz des Himmlischen Friedens, psychologischer Mittelpunkt des Landes. Sie fühlten sich dorthin gezogen wie Eisenspäne zu einem Magneten. Und die Tageszeit machte ihnen ihr Ansinnen leicht. Die Polizei in Peking arbeitete rund um die Uhr, aufgeteilt in drei Schichten, und die am dünnsten besetzte Schicht war die zwischen 23.00 und 7.00 Uhr. Die meisten Leute schliefen um diese Zeit, und deshalb gab es für die Polizisten gemeinhin nicht viel zu tun. Das wenige Personal, das um diese Uhrzeit Dienst tat, bestand aus den Beamten, die von ihren Vorgesetzten nicht sehr geschätzt wurden, sei es, weil sie es versäumt hatten, sich in ihrem Beruf hervorzutun, sei es, weil sie sich aus irgendeinem Grund bei ihren Vorgesetzten unbeliebt gemacht hatten. Die Polizisten erwiderten diese Missachtung, indem sie ihren Dienst nicht mit der nötigen Sorgfalt versahen.
    Das Erscheinen der ersten Studenten auf dem Platz wurde von den beiden Beamten vor Ort kaum bemerkt. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, den Verkehr zu regeln und/oder den ausländischen Touristen (die häufig betrunken waren) zu erklären, auf welchem Weg sie zurück in ihr Hotel torkeln konnten. Die einzige Gefahr bestand darin, dass sie von den Blitzlichtern der ausländischen Kameras geblendet wurden, die ihnen freundliche, aber betrunkene gwai vor das Gesicht hielten.
    Von der neuen Situation waren die Polizisten völlig überrumpelt, und anfangs fiel ihnen nichts anderes ein, als tatenlos zuzusehen. Die Anwesenheit so vieler junger Leute auf dem Platz war ungewöhnlich, aber weil sie nichts taten, was ausdrücklich verboten gewesen wäre, hielten sich die Beamten zurück. Sie erstatteten nicht einmal Bericht auf dem Revier, denn der wachhabende Offizier war ein Idiot, der sowieso nicht gewusst hätte, was zu tun war.
     
    »Was ist, wenn sie unsere Atomwaffen angreifen?«, fragte Innenminister Tong Jie.
    »Das haben sie doch schon getan«, erinnerte Zhang, »sie haben unser strategisches Atom-Unterseeboot versenkt, wie Sie wissen. Wenn sie unsere Atomwaffen an Land angreifen, wäre das nicht mehr als eine bloße Attacke auf unsere Streitkräfte zu bewerten, sondern als eine unerträgliche Provokation unserer Nation gegenüber.«
    Der Außenminister nickte. »Das wäre in der Tat ein sehr unfreundlicher Akt.«
    »Wie wehren wir uns dagegen?«, fragte Tan Deshi.
    »Das Atomwaffenlager liegt weit von jeglicher Grenze entfernt. Die Marschflugkörper befinden sich in sehr widerstandsfähigen Betonsilos«, berichtete Verteidigungsminister Luo. »Außerdem haben wir sie erst kürzlich mit Stahlpanzerungen versehen, um eventuelle Bomben ableiten zu können. Zur zusätzlichen Sicherung ließen sich noch Boden-Luft-Raketen in Stellung bringen.«
    »Und was ist, wenn die Amerikaner ihre Tarnkappenbomber einsetzen? Was machen wir dann?«, fragte Tan.
    »Dagegen können wir uns nur passiv

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