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Im Zeichen des großen Bären

Im Zeichen des großen Bären

Titel: Im Zeichen des großen Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bemerkung, man müsse Kitchener in eine GmbH umwandeln, hatte Perkins sich an den Londoner Zoo gewandt.
    Womit er nicht gerechnet hatte: Die Soldaten waren ebenfalls nicht müßig gewesen. Eine Umfrage, was denn nun mit dem Glücksbringer des Regiments, dem Symbol für Gelassenheit und Überleben, geschehen solle, ergab kuriose Vorschläge. Vor allem meldeten sich vierzehn ›Paten‹, die davon ausgingen, daß die Unterbringung eines Bären so oder so Geld kostete, und die deshalb zu regelmäßigen Zahlungen bereit waren.
    Außerdem schrieb ›Pate‹ Soldat Willkotts: »Kitchener hat mir zur Verlobung verholfen. Meine Freundin Sue war so begeistert von meiner Tierliebe, die sie aus den Briefen herauslesen konnte, daß sie endlich einwilligte!« Ein rührender Schwachkopf!
    Gefreiter Leslie Redcalf schrieb: »Meine Frau Katherine hat mich ausdrücklich ermächtigt, um den Bären Kitchener nachzusuchen. Wir haben eine Obstplantage und jede Menge Land und Wasser. Er würde sich bei uns wohlfühlen.« Katherine brauchte wohl 'nen Verbündeten!
    Den Vogel schoß der Soldat Tyrone McClay ab, der schrieb: »Ich bin im Zivilberuf Dompteur bei Barnum. Kitchener könnte in meiner Löwennummer eventuell radfahren oder eine Drahtseilnummer vorführen. Diese Attraktion würde in der Großwilddressur einzig dastehen, und ich bin sicher, daß es einem Bären, der schon so viel mitgemacht hat, Spaß machen würde. In einem Zoo wird Kitchener sich nur langweilen. Außerdem kann er sich auf diese Art sein Brot selber verdienen.« Kam nicht in Frage!
    Oberst Perkins hatte etliche Cognacs trinken müssen, um sich zu beruhigen. Waren sie denn alle durchgedreht? Wenn überhaupt jemand Kitchener bei sich zu Hause halten könnte, dann doch wohl ich persönlich, dachte er, und dann rief er sich energisch zur Ordnung. Er schrieb an den Londoner Zoo einen sehr langen Brief, der auf die Besonderheiten dieses Bären, der ja nicht einfach ein Bär war, hinwies und bei den Herren der Zoodirektion einiges Kopfschütteln auslöste.
    Immerhin: Einen jungen Bären im allerbesten Jungmannesalter konnte man gut brauchen. Ja, man suchte eigentlich händeringend so ein Exemplar, da nun der Krieg zu Ende war, alles wieder seinen gewohnten Gang gehen sollte und einige Bärinnen, genau gesagt: vier, wirklich männliche Zuwendung brauchten. Denn Nachwuchs tat not. Die Zoos in Europa hatten alle im Krieg an Substanz eingebüßt. Was allerdings äußerst befremdend wirkte, war das beigefügte Foto: Da stand ein recht gepflegt aussehender ›Ursus arctos‹ aufgerichtet auf den Hinterbeinen, inmitten feixender oder greinender Soldaten, und hatte schief einen Helm auf dem Kopf. Zweifellos ein exzentrisches Tier. Man mußte es sich zuerst einmal ansehen.
    Verrückt war auch, daß eine Art ›Vertrag‹ dem Schreiben beilag, in dem einzelne Punkte die Pflege und Betreuung des Braunbären, der zu allem Überfluß auch noch ›Kitchener‹ hieß wie der Kriegsheld, regeln sollten.
    Punkt 1: Kitchener wird in einem Freigehege mit darin befindlichem komfortablen Bärenhaus untergebracht.
    Punkt 2: Er bekommt einen erfahrenen Pfleger.
    Punkt 3: Reichhaltige Ernährung, unter angemessener Berücksichtigung seiner Vorliebe für Süßigkeiten, speziell Vanillepudding, wird garantiert.
    Punkt 4: Jährlich wird Kitchener durch einen Tierarzt untersucht und darüber und über sein allgemeines Befinden an das 159. Infanterieregiment von Ontario Bericht erstattet.
    Punkt 5: Regimentsangehörige, die sich als solche ausweisen können, haben freien Eintritt im Londoner Zoo, Ehemalige ebenfalls.
    Punkt 6: Das Regiment übernimmt ein Viertel der Unterhaltskosten für Kitchener.
    Punkt 7: Eine Gefährtin für Kitchener wird gestellt, wenn er danach verlangt.
    Die Herren vom Zoo beschlossen, die ganze Sache als angenehm spleenig anzusehen. Dafür hatten sie allesamt Sinn. War ja auch nicht alltäglich, so ein Schlachtenbär. Und die ›Bedingungen‹ waren letztlich durchaus akzeptabel. Besonders Punkt 6.
    So traf Chuck Brady vom Londoner Zoo eines Tages auf dem Festland ein. Es war einer jener Vorfrühlingstage an der Straße von Calais, die es den Leuten unmöglich machen, weiter hinter dem Ofen zu hocken und die Zeitung zu lesen. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen brachen sich Bahn durch das Blaugrau des Himmels. Sie lockten gelbe und blaue Krokusse hervor. Die Vögel sangen und zwitscherten überschwenglich. Die Straßen der Festung glänzten ein bißchen. Die Menschen

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