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Im Zeichen des großen Bären

Im Zeichen des großen Bären

Titel: Im Zeichen des großen Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Street ist vor ein paar Wochen ein Pferd mit einer Kutsche durchgegangen. Mom kam gerade mit dem Rad angefahren. Sie hat Rippen gebrochen und eine Gehirnerschütterung, und ich schreibe dir jetzt erst, weil sie wieder auf dem Damm ist und dich grüßen läßt, und du sollst bald nach Hause kommen. Das wünscht sich auch sehr Dein Dich liebender Sohn Jim. Auch Lucille läßt grüßen. Sie ist bei Frau Dobbs in Pflege. Ich bin auch bei Frau Dobbs in Pflege. Frau Dobbs will an dich schreiben. Sie und Herr Dobbs haben vorigen Monat geheiratet. Sie ist sehr nett.«
    William sank auf seine Pritsche nieder. In der Baracke, die nur von oben her durch kleine Lüftungsklappen Frischluft erhielt, in der es entsprechend mörderisch nach Schweiß und Schmutz und Ausdünstungen stank, in diesem Massenquartier für hundertzwanzig Männer, die nachts in vergilbten Schlafsäcken schnarchten oder mit zweifelhaftem Erfolg Läuse knackten, in dem Ratten huschten und die Holzwollesäcke in den Etagenbetten die reinsten Folterinstrumente waren, so hartgequetscht und voller Kuhlen und Hückel, in dieser Baracke fühlte William Rockwell sich plötzlich wie ein König.
    Er war in Sorge. Er bangte um Jennys Gesundheit. Und doch: Wie glücklich er war! Unbeschreiblich erleichtert. Wie neu geboren.
    Jenny hatte ihn nicht verlassen. Sie war verunglückt. Das sah dieser kleinen quicken Person ähnlich: Donnerte mit ihrem Fahrrad doch glatt in ein durchgehendes Fuhrwerk hinein! Sie hätte tot sein können, dachte William, und seine Kopfhaut kräuselte sich vor Entsetzen.
    Noch etwas ruhte auf dem Grunde seiner Seele. Der Gedanke an Frau Dobbs tauchte auf. Frau Dobbs. Welch himmlischer Name! Frau Dobbs und Herr Dobbs. Wie war er nur darauf gekommen, Dobbs sei ein lüsterner Junggeselle? Es gab eine Frau Dobbs, und so, wie Jim es formuliert hatte, handelte es sich um die Ehefrau. Die war sicher wachsam. Sie hatte die Kinder in Pflege genommen. Nun, alles war klar. Er hatte sich in einen Frontkoller hineingesteigert. Seine süße Jenny wartete auf ihn. Er hatte sie verraten. In Gedanken, aber doch verraten. Und nicht umgekehrt.
    Jenny! Jim! Lucille! O mein Gott. Ich habe eine Familie, die auf mich wartet, und ich führe mich hier wie ein Vollidiot auf. Seine Sehnsucht brandete hoch. Er schlang die Arme ganz eng und fest um seinen Körper und wiegte sich in Pein und Seligkeit.
    Unteroffizier Henry Wood trat ein und sah ihn forschend an. »Schlechte Nachrichten, William? Etwas nicht in Ordnung?«
    William hob den verschleierten Blick zu seinem Kameraden. »Ganz im Gegenteil. Oder eigentlich doch. Ach, Henry, ich bin ganz verwirrt. Meine Frau hatte einen Unfall. Einen ziemlich schweren Unfall, fürchte ich. Da kann ich wohl nicht behaupten, ich hätte eine gute Nachricht erhalten.«
    Wood nickte mehrmals. Oh, er hatte die Befürchtungen seines Kameraden durchaus mitgekriegt. Er verstand sie, wie jeder sie verstand, der eine geliebte Frau zu Hause hatte. Er wußte, was William fühlte. »Es ist alles nicht so einfach«, sagte er leise, »aber so viel steht fest: Wenn wir den Schlamassel bloß noch ein paar Wochen überleben, dann werden wir bald wieder zu Hause sein.«
    »Du meinst … Kriegsende?«
    »Ich meine … Frieden!«
    »Unvorstellbar schön.«
    »Ich würde mich drei Wochen lang nur im Bett aufhalten. Mal allein. Mal mit Jane.« Wood lachte glücklich-verlegen.
    »Was bist du eigentlich von Beruf? Lehrer, nicht?«
    »Ich habe am College in Montreal Physik und Mathematik unterrichtet.«
    »Du lieber Himmel, Henry, du bist ja ein richtiger Geistesheros!«
    »Hier an der Front ist es wichtiger, daß man drei und drei zusammenzählen kann. Oder? Und für mich sieht es nach Beendigung des Krieges aus. Guck dir die Fritzen an. Es gärt in ihren Reihen. So viele haben noch nie ihr Gewehr fortgeworfen. So häufig kamen niemals Überläufer wie in letzter Zeit. Sie führen wilde Reden von Ausbeutung, Entrechtung, Kadavergehorsam und Verdummung des Volkes. Es riecht förmlich nach Revolution und Kapitulation. Ihre Heimatfront steht schon lange nicht mehr stramm. Wir haben sie ausgehungert. Es wird zu ihrem eigenen Besten sein. Sie liegen in den letzten Zügen.«
    »Und was machen wir mit Kitchener?« fragte William nachdenklich. »Wenn ich meine Biberfarm schon hätte, würde ich ihm ein Gehege am Huronensee errichten, da könnte er leben und alt werden. Na ja, Webbs hat immer behauptet, ein Bärenmann brauche unbedingt eine Bärenfrau, wenn es soweit

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