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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Bewegung. Schritt langsam und mit erhobenem Schwert auf das Ungeheuer zu …
    Etwas Unfassbares geschah: Das aufgerichtete Tier griff nach seinem eigenen Kopf, schleuderte ihn mit heftiger Bewegung von sich. Und wir alle sahen, dass es in Wirklichkeit ein Mann war, der, eingehüllt in das Fell eines schwarzen Bären, im Schatten der Bäume stand.

8
    D er Mann kam langsam näher; wir sahen ihn deutlicher. Er war hochgewachsen, kräftig. Seine Haut war hell wie Elfenbein. Sein Haar, das in üppigen Wellen über seine Schultern fiel, war von wunderbarem Silbergrau. Ein gelockter Bart verdeckte Kinn und Hals. Er trug eine rote, grob gewobene Tunika und weiße Beinkleider. Die Waffe in seiner Hand war ein »Tanneku«, ein Langschwert. Von der Kette aus Bärenkrallen um seinen Hals bis zu den bestickten Beinschützern aus weichem Hirschleder strahlte seine ganze Gestalt die Erhabenheit eines Fürsten der Wildnis aus.
    Der scharfe Geruch des Bärenfelles, das noch immer über seinen Schultern hing, machte die Pferde fast wild vor Angst. Wir konnten sie kaum halten.
    Jetzt blieb der Mann unter einem Baum stehen. Mit unbewegtem Gesicht sah er Iri auf sich zureiten. Von Offizieren umgeben, trieb der Herrscher seinen fuchsroten Hengst bis an den Saum des Grasmeeres.
    Â»Wer bist du?« Vom Wind getragen, hallte seine schneidende Stimme durch die Stille.
    Â»Und wer bist du?«, erwiderte unerschüttert der Mann.
    Dem äußeren Eindruck nach hätte man eine ganz andere Stimme erwartet als die, die wir jetzt hörten: Sie war sanft wie die Stimme einer Frau.
    Eine drohende Bewegung lief durch die Reihen der Offiziere. Ihre Schilde blitzten blutrot in der Sonne. Iris Augen ruhten auf dem Antlitz des Mannes. Es war ein eckiges Gesicht, mit ungewöhnlich buschigen Brauen, vorstehenden Wangenknochen und hoher, stolzer Stirn. Die Lippen waren leicht vorgewölbt, und die großen Augen waren von Ringen umgeben, dunkel wie Rauch.
    Die Standarten über Iris Haupt flatterten, bunten Segeln gleich. Die Schuppen seiner Rüstung glitzerten, als er Atem holte und seine Stimme sich feierlich erhob. »Ich bin Sujin, der Allermächtigste Herrscher, Nachkomme der Göttin Amaterasu. Ich schieße meinen Pfeil nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen, und lösche die Schatten aus, die meinen Weg verdunkeln.«
    Der Mann rührte sich nicht. Die Blätter über ihm bewegten sich im Wind, und das schwarze Bärenfell schien mit dem Baumstamm verwachsen, an dem er lehnte. »Ich bin Azamaro, König der Aiu-Utari, der Kinder des himmlischen Bären«, sagte er mit seiner klaren, ruhigen Stimme. Er trat aus dem Schatten. Seine rauchgrauen Augen waren auf Susanoo gerichtet und ließen von ihm nicht ab.
    Â»Wir fürchten uns nicht vor euren schwimmenden Häusern, die das Meer überqueren, noch vor euren geharnischten Hirschen. Doch wir fürchten uns vor dem Schwert mit den sieben Klingen, denn es birgt die Kräfte des Himmels in sich.«
    Â»Ich schmiedete es einst im Sternenfeuer«, antwortete Susanoo. Seine Worte klangen ebenso gelassen wie die des Ainu-Königs und nicht minder sanft.
    Azamaro trat näher an ihn heran. »Ich bin gekommen, um seinen Zauber zu brechen. Ich werde mit dir kämpfen.«
    Â»Das wird dein Tod sein«, erwiderte Susanoo.
    In der Lichtung herrschte tiefe Stille, aller Augen waren auf die beiden Männer gerichtet. Doch die sahen sich an, als hätten sie die Gegenwart der anderen vergessen. Ich hatte das Gefühl, sie verstanden sich, ja sie hätten sich sogar verstanden, wenn der Ainu-König sich nicht unserer Sprache bedient hätte.
    Â»Ich erblickte das magische Schwert im Traum«, fuhr Azamaro mit seiner seltsam weichen Stimme fort. »Es drang in meine Lungen und ich spürte das warme Blut aus meinem Körper strömen. Doch ich erlag nicht dieser Wunde, wenngleich die heiligen Vögel meinen Leichnam in den Schoß der Götter zurückbrachten. Ich erlangte durch dich Unsterblichkeit auf Erden.« Er atmete tief und auf seinem Gesicht spiegelte sich Ratlosigkeit. »Ich kann diesen Traum nicht erklären, dennoch muss er einen Sinn haben. So lass uns kämpfen. Ich fürchte dein Schwert nicht.«
    Â»Du kennst unsere Riten, doch wir kennen nicht die deinen«, sagte Susanoo. »Solltest du sterben, wie können wir deinen Leichnam ehren?«
    Azamaro schaute ihm gerade in die Augen. Er

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