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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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antwortete ruhig. »Gib mir dein Wort, dass du meinen Leichnam jenen übergeben wirst, die kommen werden, ihn zu holen.«
    Durch die Reihen der Krieger ging ein Raunen. Mir kamen die Gerüchte über die unheimlichen Bestattungsriten der Ainu in den Sinn, und ich fühlte, wie mir eine Gänsehaut über den Rücken lief.
    Susanoo nickte. »Ich gebe dir mein Wort.«
    Mit einer Handbewegung gebot er seinen Kriegern zurückzutreten. Ein Teil der Reiter formierte sich im Halbkreis um die beiden Gegner, die anderen zogen sich zum Waldrand zurück. Die Ainu hielten sich im Unterholz verborgen - sehr viele und sehr nahe -, doch kein Einziger kam zum Vorschein.
    Langsam schritt Susanoo dem König entgegen. Sein nachtschwarzes Haar flatterte im Wind.
    Â»Unser Kampf soll ehrenhaft sein«, sagte Azamaro. Er deutete auf sein Langschwert. »Wisse, dass die Klinge mit Gift getränkt ist.«
    Â»Hab Dank für deinen Freimut.« In Susanoos Stimme klang sowohl Gelassenheit mit als auch jenes Verständnis, das die Haltung der beiden Männer von Anfang an gekennzeichnet hatte.
    Mein Blick schweifte zu Iri hinüber; ich sah, dass er lächelte. Die Geschehnisse entwickelten sich immer mehr zu seinen Gunsten. Wenn es Susanoo gelang, den Ainu-König zu töten, war die Schlacht entschieden. Das Volk des »himmlischen Bären« würde lange brauchen, bis es sich von diesem Schlag erholt hätte. Siegte Azamaro, war Iri einen allzu eigenwilligen Verbündeten los, und die Zauberkraft des Schwertes war für immer gebrochen.
    Die goldene Sonnenscheibe funkelte hinter den Bäumen. Warmer, herber Duft stieg aus dem Gras, während sich die Gegner mit vorsichtigen, abwartenden Schritten im Kreis bewegten. Jeder versuchte, den anderen dorthin zu drängen, wo ihm die Sonne ins Gesicht fiel. Die beiden Männer waren von fast gleicher Größe. Trotz seines weißen Haares war Azamaro flink und geschmeidig wie eine Wildkatze. Er hielt sein Langschwert in einer Art, die uns fremd war: Er benutzte die Spitze zum Angriff, so wie wir einen Dolch handhaben würden.
    Susanoo hatte diese Eigenart sofort erkannt. Jetzt schnellte er vor und schlug zu; die sieben Klingen blitzten. Azamaro fing den Stoß mit seinem Schild auf und brachte sich geschickt in Deckung. Wieder umkreisten sich die beiden Männer. Susanoos Blick ließ die Augen seines Gegners nicht los. Er bot ihm die Flanke, sah, wie die Pupillen des anderen sich weiteten, und machte eine blitzschnelle Seitendrehung. Das Langschwert sauste haarscharf an seinem Kopf vorbei. Susanoo schlug mit voller Wucht zurück, doch Azamaro hielt ihm seinen Schild entgegen. Mit dumpfem Beben durchdrang die Klinge das Leder. Der Aufprall drehte Azamaro fast den Arm aus dem Gelenk. Als Susanoo die Waffe mit aller Kraft herauszog, riss er den Schild mit, der in hohem Bogen ins Gras fiel.
    Susanoo trat drei Schritte zurück. Mit einer knappen Schwertbewegung forderte er seinen Gegner auf, den Schild wieder an sich zu nehmen. Azamaro ergriff ihn mit einem Sprung und ging erneut zum Angriff über.
    In der drückenden Stille klirrten die Schwerter aufeinander. Ich sah, wie Iri sich auf seinem Sattel leicht vornüberbeugte. Sein Lächeln war zu einem eigentümlichen Grinsen erstarrt, das die weißen, ebenmäßigen Zähne entblößte.
    Die Sonne war tiefer gesunken. Sie hatte den Rand der Berge erreicht und glühte wie eine Feuersichel über dunklen Felsen.
    Wieder bewegten sich die beiden Männer im Kreis. Abermals ein blitzschnelles Klingenkreuzen. Hart und schnell schlug Stahl gegen Stahl: Es klang wie das Hämmern auf einem Amboss. Susanoo parierte jeden Angriff, zwang seinen Gegner, Schritt für Schritt zurückzuweichen. Ich spürte, wie Azamaros Kräfte nachließen. Seine Brust hob und senkte sich keuchend. Schweiß lief ihm übers Gesicht. Ein seltsames Stöhnen wie der Schmerzenslaut eines Tieres drang aus dem Unterholz, als Susanoo immer schneller, immer erbarmungsloser angriff. Seine Gestalt ragte tiefschwarz und mächtig auf im rötlichen Halbdunkel. Azamaro verlor ständig an Boden. Sein Atem ging stoßweise. Der hin und her zuckende Widerschein des Sternenschwertes schimmerte blutrot auf seinem silberhellen Haar. Die großen grauen Augen starrten Susanoo unverwandt an - starrten ihn an und durch ihn hindurch. Sein Blick schien auf jenen Punkt des Nichts gerichtet, den er

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