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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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hinweg auf die Fremden gerichtet hielt.
    Langsam wandte Karas sich ihm zu. Die Flammen knisterten. In Karas’ Blick lag weder Rachsucht noch Hass; es war eher ein kurzes, aufmerksames Abschätzen. Dann schweiften seine Augen wieder zurück zu dem Tungusenkönig. »Die Bären werden seinen Tod rächen«, sagte er gleichmütig.
    Yi-Am, der den Wortwechsel mit wachsender Gereiztheit verfolgt hatte, fuhr plötzlich dazwischen. »Seid Ihr gekommen, Seiner Allerhöchsten Majestät zu huldigen, oder sollen wir Eure Worte als Beleidigung verstehen?«
    Karas beachtete ihn kaum. Seine ruhigen Augen ließen nicht vom Gesicht des Königs. An ihn richtete er jetzt seine Antwort. »Wir sind gekommen, um die sterbliche Hülle meines Vaters in den Himmel zu geleiten.«
    Â»Wie ihr das fertigbringen wollt, kann ich mir nicht vorstellen.« Iris Stimme war triumphierend. »Meine Entscheidung ist folgende: Der Leichnam wird euch erst dann zurückgegeben, wenn ihr euch durch einen Eid verpflichtet, uns eure stinkenden Horden aus dem Weg zu schaffen!«
    In Karas’ Augen glomm ein Funke auf. Er zischte seinen Begleitern etwas zu. Die Hände der beiden Männer flogen an ihre Langschwerter. Im gleichen Augenblick schloss sich die Leibgarde wie eine glitzernde Phalanx um das Feuer.
    Plötzlich fiel ein langer Schatten auf den Boden: Langsam trat der Herrscher von Izumo in den Lichtkreis. Sein glänzendes schwarzes Haar verdeckte zur Hälfte sein Gesicht, das im Feuerschein wie dunkle Bronze schimmerte. Das Sternenschwert funkelte in seiner Hand.
    Iri starrte ihn an. Seine dünnen Lippen zeigten einen Ausdruck von Missfallen. Doch er war klug genug, sich zu beherrschen, und nickte ihm wohlwollend zu. »Euch, Hoheit, und Eurem Schwert gebührte die Ehre, den Feind zu besiegen. Geruht Eure Meinung zu äußern.«
    Nachlässig, fast gelangweilt, stützte sich Susanoo auf seine Waffe. Doch sein Blick senkte sich wie ein Speer in die Augen des Königs. »Ich gab Azamaro mein Wort, dass ich seine sterblichen Überreste dem Volk der Aiu-Utari übergeben würde.«
    Iri entblößte seine Zähne, doch es war kein Lächeln in seinem Gesicht. »Ihr habt Euer Wort an einen Wilden verschwendet.«
    Susanoo blieb regungslos. Nur die Spitze seines Schwertes grub sich tiefer in den Boden. »Ich pflege mein Versprechen zu halten, ganz gleich wem ich es gebe, einem Wilden oder einem Gott. Der Mann, dem ich das Leben nahm, war ein König.«
    Iri starrte ihn schlitzäugig an. Er ballte die Fäuste, sodass die Knöchel unter der Haut hervortraten. Nur mit äußerster Mühe gelang es ihm, in verbindlichem Ton weiterzureden. »Gestattet mir, dass ich in diesem Fall den Rat einberufe, um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, Euer Tun zu billigen.« Seine Stimme wurde scharf, beinahe schrill. »Würdet Ihr, Hoheit, den Ratsbeschluss annehmen?«
    Ich biss mir nervös auf die Lippen. Susanoo wusste so gut wie ich, dass die Mehrheit der Ratsteilnehmer dem Tungusenkönig treu ergeben war. Umso mehr verwunderte es mich, als ich seine Augen spöttisch aufblitzen sah.
    Â»Ja, Majestät, ich würde ihn annehmen«, erwiderte er gelassen. »Und ich würde Euch das Sternenschwert zu Füßen legen.« Er hob die Waffe mit beiden Händen und hielt sie dem König entgegen.
    Trotz der Dunkelheit sah ich, wie die Röte in Iris Gesicht schoss: Er saß in seiner eigenen Falle! Die Antwort kam wie das Zischen einer Schlange aus den zusammengepressten Lippen. »Das Orakel gab Euch, und nicht mir, den Auftrag, das Sternenschwert zu führen!«
    Im Schweigen, das folgte, gab Susanoo ein Zeichen. Einige Männer entfernten sich und kamen mit einer Bahre zurück, auf der der getötete Ainu-König lag. Man hatte in aller Eile den Leichnam in ein weißes Tuch gehüllt. Die beiden Bärtigen ergriffen die Bahre. Mit langsamer Bewegung schob Karas den Bärenkopf über sein Haupt und drehte dem König grußlos den Rücken zu. Gefolgt von seinen Leuten, durchquerte er den Lichtkreis. Vor Susanoo blieb er stehen. Seine Augen glitzerten unter dem Bärenfell. »Hab Dank«, sagte er mit seiner weichen Stimme, »ich werde dafür beten, dass die heiligen Bären dich verschonen.«
    Er wandte sich ab. Die Wachtposten, die mit erhobenen Speeren dastanden, senkten die Waffen. Lautlos verschwanden die Ainu in der

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