Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
sie ihre Hohepriesterin lebend wiedersehen wollen, dann nur um den Preis ihrer Unterwerfung!«
    Er wandte seinen Fuchs und ritt mit klirrendem Zaumzeug davon.
    Susanoos Blick wanderte zu Kubichi zurück. Er löste die feuchten Lederriemen seines Harnischs und warf ihn seiner Ordonnanz zu.
    Die Augen der Ainu-Frau, die wie im Fieber glänzten, ließen nicht von ihm ab. Endlich sprach sie und ihre Stimme war kühl und klar wie ein Gebirgsbach zwischen Farnkräutern und glatten Steinen. Sie sagte: »Du bist der Mörder meines Vaters!«
    Und dann hob sie den Kopf, behände wie eine Schlange, die zubeißt, und spuckte ihm vor die Füße.

10
    N ach dem Sieg über die Ainu und der Gefangennahme der Bärenführerin hatte Iri beschlossen, auf dem Weg nach Shirakata in der Festung von Tatsuda einige Wochen lang Quartier zu nehmen. Diese Festung hatte er unmittelbar am Grenzgebiet der Ainu errichten lassen und sie war vom Berg Ikoma aus in dreitägigem Ritt zu erreichen.
    Wir hatten starke Verluste gehabt, an Menschen und Reittieren. Die Krieger waren am Ende ihrer Kräfte. Außerdem war Iri der Meinung, dass Karas nach der Gefangennahme seiner Schwester zu baldigen Verhandlungen bereit sein würde.
    Die Hügel verschwanden im Nebel. Der Regen rieselte durch die Bäume, durch das Unterholz. Der Boden war aufgeweicht; Wasser spritzte unter den Pferdehufen. Reis und Getreide schimmelten in den Säcken. Die Krieger ritten mit stumpfen, ausdruckslosen Gesichtern und drängten sich nachts in der feuchten Dunkelheit zusammen.
    Außer Kubichi waren keine Gefangenen gemacht worden. Man hatte ihr die Hände auf den Rücken gebunden und die Offiziere nahmen sie abwechselnd auf ihr Pferd. Nachts wurden ihr auch die Fußgelenke gefesselt und sie war stets von Wachen umgeben. Das Ainu-Mädchen erduldete die Demütigungen mit scheinbarer Gelassenheit. Sie wies auch nicht die Nahrung zurück, die wir ihr reichten. Ich hatte das Gefühl, dass sie Kräfte sammeln wollte. Nur ein Bluterguss an der Stirn zeugte von ihrer Verletzung. Da sie unsere Sprache beherrschte, versuchte ich manchmal, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Doch sie musterte mich nur mit eiskalter, stummer Verachtung.
    Susanoo vermied ganz offensichtlich ihre Nähe. Doch manchmal bemerkte ich seinen Blick, der verhalten und eindringlich zugleich auf ihr ruhte. Dann überkam mich eine seltsame Schwäche. Es war, als ob mein Bewusstsein vor einer Erkenntnis zurückschreckte, die ich weder erwägen noch wahrhaben wollte.
    Drei Tage später erreichten wir die Festung. Die dunklen Wolken hatten sich verzogen; der Himmel glitzerte eisig blau wie Jade. Tatsuda war ein mächtiger Bau aus Steinen und Mörtel, der von einem außergewöhnlich hohen Wachturm überragt wurde. Der Wallgraben, der die Festungsmauern umschloss, war eigenartig grün und so tief, dass ihn die Soldaten den »Bodenlosen« nannten. Überall auf den Zinnen standen Bogenschützen. Kundschafter hatten die Ankunft des Königs gemeldet und alles war für unseren Empfang bereit. Wimpel und Standarten flatterten; die Dienerschaft lag mit der Stirn im Staub.
    Kamata, der Festungskommandant, kam uns mit seinen Offizieren entgegen. Er war ein stämmiger, breitschultriger Mann mit hochmütigem Gesicht. Dünne, glatte Barthaare hingen ihm zu beiden Seiten der Oberlippe bis aufs Kinn herab. Er trug ein dunkelblaues Gewand mit Flügelärmeln, eine bronzene Rüstung und einen Helm mit weit geschwungenen Hörnern. Er verneigte sich tief und geleitete uns ins Innere.
    Es war ein Gewirr aus Gängen, Holztreppen und Höfen. Ein gewundener Weg, dessen Mauern von mehreren kleineren Wachtürmen überragt wurden, führte durch ein hochgezogenes Fallgitter in einen sandbestreuten Innenhof. Wir übergaben die Pferde den Stallburschen und traten in einen großen, düsteren Empfangsraum mit vergitterten Fensterschlitzen. Die dicken Mauern, die Deckenbalken aus rohem Holz hatten etwas Erdrückendes und es überfiel mich eine eigenartige Beklemmung. Tatsuda war eine Kriegsfestung und ein Lager, aber die Tungusen liebten den Prunk. Weiche Matten bedeckten den Boden, wohlriechende Hölzer glimmten in kunstvoll verzierten Kohlenbecken, Vasen mit schönen Motiven schimmerten kühl und kostbar im Halbdunkel.
    Ich nahm an der Seite des Königs auf einem Brokatkissen Platz. Susanoo ließ sich abseits

Weitere Kostenlose Bücher