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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Innenhof erschien. Der Zorn strömte von ihm aus wie die Kälte aus einem Eisblock. Befehlshaber und Offiziere starrten finster ins Leere, während der König mit großen Schritten im Schatten der Terrasse auf und ab ging. Die Krieger ließen die Köpfe hängen und wagten kaum zu atmen. Die Wachposten, die die Flucht der Gefangenen nicht bemerkt hatten, lagen auf den Knien, das Gesicht im Staub.
    Man trug den Leichnam des Mannes, den Kubichi umgebracht hatte, vor den König. Alle starrten ungläubig auf die klaffende Wunde, bis Iris zornbebende Stimme das Schweigen brach. »Kann mir jemand erklären, wie sich die Ainu-Frau von ihren Ketten befreit hat und woher sie die Waffe nahm, mit der sie diesem Mann die Kehle durchschnitt?«
    Onaki, der Wachhauptmann, ein schwitzender Mann mit groben Gesichtszügen, fiel auf die Knie und legte die Hände flach auf den Boden. »Majestät«, stammelte er. »Wir haben keine Erklärung dafür. Die Eisen sind nicht aufgebrochen. Und … und ich kann persönlich dafür einstehen, dass die Gefangene keine Waffe bei sich trug!«
    Iri hob höhnisch die Brauen. »Dann ist sie vermutlich dem Wächter wie ein Fuchs an die Kehle gesprungen?«
    Drückende Stille. Der Schweiß strömte über Onakis Gesicht und er senkte den Kopf noch tiefer.
    Iris Lippen bebten unter dem kurzen schwarzen Bart. »Hauptmann Onaki, ich befehle Euch, die Wachen, die sich der Unzuverlässigkeit schuldig gemacht haben, unverzüglich hinrichten zu lassen!«
    Onaki verneigte sich und brüllte einen Befehl. Sein Gesicht war aschfahl geworden. Die angeklagten Wächter richteten sich auf, legten ihre Speere auf den Boden und schnallten ihre Schwerter ab. Ihre Finger zitterten, doch kein Ton drang über ihre Lippen. Sechs Wachen traten vor. Sie stellten sich mit gezogenem Schwert hinter ihre niederknienden Kameraden und warteten auf Onakis Befehl. Ich wandte die Augen ab, als die Waffen niedersausten und mit einem einzigen Hieb die Köpfe vom Leib trennten. Die Leichen wurden weggeschafft, noch bevor die Fliegen kamen. Der Sand war blutbespritzt. Offiziere und Krieger standen wie versteinert im glitzernden Sonnenlicht.
    Iri hatte einen Fächer aus seinem Ärmel gezogen und bewegte ihn nervös hin und her. »Hauptmann Onaki, nehmt zwanzig Reiter und verfolgt die Spur der Entflohenen. Ich gebe Euch drei Tage Zeit, um sie lebend wieder einzufangen. Entkommt sie, werden auch Eure Köpfe in den Sand rollen.«
    Â»Zu Befehl, Majestät.«
    Der Hauptmann verneigte sich tief und richtete sich auf, sichtlich erleichtert darüber, dass ihm der königliche Zorn eine Frist eingeräumt hatte.
    Er wollte zurücktreten, als eine ruhige Stimme ihn anrief. »Wartet, Hauptmann Onaki.«
    Der Mann blieb wie angewurzelt stehen und verneigte sich. Iri wandte unwillig den Kopf, als die hochgewachsene Gestalt des Herrschers von Izumo aus dem Schatten der Pfosten trat. Sein schwarzer Mantel schleifte über den Boden. Außer dem Sternenschwert trug er seinen Bogen und der Köcher hing über seine Schulter. Er verbeugte sich förmlich vor dem König und sprach: »Majestät, wenn Euch noch daran liegt, das Ostmeer zu erreichen, dürften Euch Hingerichtete kaum von Nutzen sein. Gestattet mir, anstelle von Hauptmann Onaki die Entflohene zu verfolgen.«
    Ich starrte ihn an, als hätte er mir einen Schlag ins Gesicht versetzt. Alles um mich herum wurde dunkel und kalt. Ich dachte: Ich werde ihn nicht zurückhalten können … Langsam und lautlos öffnete sich die Wunde in mir. Ein unbestimmbarer, immer weiter greifender Schmerz erfasste mich.
    Dann hörte ich Iri leise und ironisch auflachen. Ich erkannte den gefährlich weichen Klang wieder, den er seiner Stimme immer dann gab, wenn er sich am stärksten fühlte. »Unzuverlässigkeit verlangt nach gerechter Strafe. Doch will ich Euch an Wohlwollen nicht nachstehen. Sollte es Euch gelingen, die Ainu-Frau zu ergreifen, wird Hauptmann Onaki und seinen Männern die Strafe erlassen. Andernfalls wird das Urteil zur gegebenen Zeit vollstreckt.«
    Â»Wie Ihr befehlt, Majestät.«
    Susanoo verneigte sich höflich. Dann wandte er sich mir zu, doch ich blickte ihn nicht an. Ich kniete auf einem Kissen, die Augen gesenkt, und meine Hände krampften sich gefühllos und kalt um den Saum meiner Ärmel. Er beugte vor mir das Knie, und ich wurde

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