Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
unternommen hätten, würde ich mit mir reden lassen. Aber so nicht.«
Mit strahlendem Lächeln servierte er Brage Håkonsen eine Cola.
»Wie soll ich das denn mit den Dingern hier trinken?« Er war inzwischen beinahe den Tränen nahe.
»Das ist doch kein Problem«, versicherte Severin Heger. »Das habe ich selber schon mal probiert. Und was haben wir hier?«
Er war in Bogen vertieft, die einzeln in Plastikmappen steckten. Sie waren mit der Maschine beschrieben und in einer ziemlich gestelzten und beinahe etwas altertümlichen Sprache abgefaßt.
»Das haben Sie geschrieben, was?«
Der Polizist lächelte noch immer, und seine Stimme klang freundlich, fast schon fröhlich.
»Kann Ihnen doch scheißegal sein«, murmelte der Häftling leise.
»Wie meinen?«
Severin Heger lächelte nicht mehr. Er beugte sich plötzlich über den Schreibtisch und packte Brages Flanellhemd.
»Noch ein Wort von dieser Sorte, und das Ganze wird Ihnen sehr viel weniger Spaß machen«, fauchte er. »Und jetzt antworten Sie höflich auf alle meine Fragen. Kapiert?«
»Ich will mit einem Anwalt sprechen«, sagte Brage. »Ich sage kein Wort, solange ich nicht mit einem Anwalt gesprochen habe.«
Severin Heger sprang auf und starrte Brage Håkonsen so ausgiebig an, daß der in seinem Sessel hin und her rutschte.
»Aber sicher«, sagte der Polizist endlich. »Natürlich können Sie mit einem Anwalt sprechen. Das ist Ihr gutes Recht. Es dauert eine Weile, und ich kann Ihnen sagen, daß ich in ein paar Stunden um einiges weniger freundlich und geduldig sein werde. Wir haben ziemlich viel in der Hand gegen Sie. Diese Unterlagen. Und diese Waffen. Genug, um Sie richtig in die Pfanne zu hauen. Aber das ist Ihre Sache. Eine schnelle, klare Runde mit mir wäre natürlich das Beste für Sie, aber sicher … wenn Sie einen Anwalt wollen, dann kriegen Sie auch einen. Die haben an den Wochenenden zwar meistens frei, aber bis morgen vormittag wird sich schon irgendwas in die Wege leiten lassen.«
Brage Håkonsen starrte in sein Colaglas und versuchte, es mit beiden Händen an den Mund zu heben.
»Sehen Sie! Das ist doch kein Problem. Jetzt bringe ich Sie in die Zelle, und dann können wir auf Ihren Anwalt warten.«
»Nein«, sagte Brage leise.
»Wie meinen?«
»Nein. Wir können auch jetzt noch ein bißchen reden. Wenn ich dann später einen Anwalt kriege, meine ich.«
»Ganz sicher? Und nachher gibt’s kein Gequengel, weil Sie Ihre Rechte nicht wahrnehmen konnten oder so?«
Der junge Mann schüttelte leicht den Kopf.
»Vernünftig.« Severin Heger lächelte und setzte sich wieder. »Geboren am 19. April 1975, richtig?«
Brage nickte.
»Lagerarbeiter, ledig, wohnhaft Vidars gate 11c?«
Brage nickte wieder.
»Und jetzt erzählen Sie mir ein bißchen über diese Papiere.«
Brage Håkonsen räusperte sich und setzte sich gerade hin.
»Was ist die Höchststrafe für so was?« fragte er leise.
Severin Hegers linke Hand machte eine abwehrende Bewegung.
»Sie werden angeklagt, weil Sie Paragraph vier des Strafgesetzbuches übertreten haben, ›wer in einer bla bla Organisation militärischen Charakters bla bla durch Sabotage, Gewaltanwendung oder andere ungesetzliche Mittel die gesellschaftliche Ordnung stört, bla, bla.‹ Das Gesetz sollten Sie doch kennen. So belesen, wie Sie sind.«
Er starrte die Inventarliste über Brages Bücherregal an und nickte anerkennend.
»Bis zu zwei oder bis zu sechs Jahren. Kommt drauf an«, erklärte Severin Heger, als ihm aufging, daß Brage Håkonsen erst weiterreden würde, wenn er eine Antwort hätte. »Aber denken Sie jetzt nicht daran. Antworten Sie mir ganz einfach. Haben Sie das hier geschrieben?«
Brage Håkonsen starrte mit bleichem Gesicht vor sich hin.
»Sechs Jahre«, flüsterte er. »Sechs Jahre.«
»Sind Sie jetzt nicht ein bißchen voreilig?« meinte der Polizist.
»Das sind meine Papiere«, fiel Brage ihm ins Wort. »Ich habe sie geschrieben. Nur ich, ganz allein.«
»Ach, wie ärgerlich«, sagte Severin Heger trocken und fügte gleich darauf hinzu:
»Aber es ist ziemlich gescheit von Ihnen, gleich alles zuzugeben. Sehr gescheit, würde ich sagen. Die Parlamentspräsidentin umzubringen wäre dagegen nicht so gescheit gewesen.«
Er blätterte drei Seiten weiter.
»Noch unangenehmer ist das hier«, sagte er und legte Brage das Blatt hin. »Ein kompletter Plan für den Mord an Ministerpräsidentin Volter. Im Rimi-Supermarkt.«
»Da kauft sie immer ein. Hat sie immer eingekauft,
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