Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
den Regeln nicht so genau. Wenn Sie sich beschweren wollen, dann versuchen Sie es doch einfach. Wir werden ja sehen, ob wir dafür unsere Zeit vergeuden können. Ich glaube es eigentlich nicht. Was für Waffen besitzen Sie?«
»Vier Stück. Alle sind registriert. Alle sind gesetzlich zugelassen. Sie liegen alle bei mir zu Hause, wenn Sie also mitkommen wollen, dann …«
Er verstummte.
»Was ist dann?«
»Ich kann sie auch herbringen, wenn Sie wollen.«
»Wissen Sie, ich glaube, das will ich«, sagte Billy T. »Aber ich möchte betonen, daß Sie das ganz freiwillig angeboten haben. Ich verlange es nicht von Ihnen.«
Der Mann murmelte etwas, das Billy T. nicht hören konnte.
»Noch etwas«, sagte der Hauptkommissar dann plötzlich. »Kennen Sie Per Volter?«
»Den Sohn der Ministerpräsidentin?«
»Ja. Woher wissen Sie das übrigens?«
»Ich lese schließlich die Zeitung. Dutzende von Zeitungen während der letzten Tage. Nein, ich kenne ihn nicht.«
Er schien jetzt immer unruhiger zu werden, er legte den linken Fuß an den rechten und wippte damit, blitzschnell und nervtötend.
»Oder …«, fügt er plötzlich hinzu, »… ich glaube, ich weiß doch, wer er ist. Guter Schütze. So eine Art Schützenkönig.«
»Heißt das, daß Sie ihn persönlich kennen?«
Der Wächter dachte auffällig lange nach.
»Nein«, sagte er und blickte dann zum zweiten Mal in Billy T.s eisblaue Augen. »Ich bin ihm nie begegnet. In meinem ganzen Leben nicht.«
14.10, Motzfeldts gate 14
Die Lautsprecher am Computer piepten eine schnelle elektronische Melodie, um dann in langgedehntes Heulen überzugehen. Liten Lettvik kam ins Zimmer, in ein großes Badetuch gewickelt und mit einem Zigarillo im Mundwinkel. Der Computer brauchte eine Weile, um die Meldung aufzunehmen, und als unten in der rechten Bildschirmecke der kleine Briefumschlag zu sehen war, klickte sie sofort ihre Mailbox an.
Die Mitteilung hatte keinen Absender. Liten Lettvik richtete den Cursor auf die oberste Zeile und klickte zweimal.
Der Haftbefehl.
Konrad Storskog hatte sein Versprechen gehalten.
Sie wußte nicht so recht, ob sie auch ihres halten würde.
16.30, Hauptwache Oslo
»Ich habe diese ganzen Pressekonferenzen restlos satt«, murmelte Polizeiinspektor Håkon Sand.
Der Pressesprecher der Wache kam von einem gutbezahlten Posten bei Dagbladet und hatte alle überrascht, als er die undankbare Aufgabe übernommen hatte, die Gesellschaft über alles zu informieren, was der Polizei mißlang.
»Pressebriefings, Håkon. Nicht Pressekonferenzen«, sagte er und öffnete die Tür zum Vorzimmer des Polizeipräsidenten.
»Aber viermal pro Tag? Ist das denn wirklich nötig?«
»Die beste Methode, um Spekulationen zu verhindern. Das hast du übrigens gut gemacht. Die Uniform steht dir. Und jetzt sind es vier Stunden bis zum nächsten Mal. Also freu dich.«
»Und bis dahin werden wir noch immer nichts Neues haben«, sagte Håkon Sand und zog an seinem Kragen, diesem ewigen Kragen aus Kunstfasern, der seinen Hals rot und wund machte.
Im Zimmer befanden sich sechs Männer. Einer machte sich an einem Diaprojektor zu schaffen, ein anderer versuchte, herauszufinden, wie die Rollos funktionierten. Das gelang ihm nicht, weshalb schließlich die Vorzimmerdame geholt werden mußte. Sie hatte den Raum innerhalb von dreißig Sekunden verdunkelt und schaltete das Licht ein, ehe sie ins Vorzimmer zurückkehrte.
»Wir haben jetzt einen vorläufigen Obduktionsbericht«, sagte der Polizeipräsident, dessen blauschwarze Bartstoppeln sich inzwischen zum Vollbart entwickelten. »Und der ist noch dazu ziemlich genau. Wir hatten recht, was den Zeitpunkt des Mordes angeht. Zwischen halb sechs und sieben. Genauer können wir das noch nicht einkreisen, im Zimmer gab es so große Temperaturunterschiede, daß das schwierig wird.«
Als er Håkon Sand ein Zeichen gab, stand dieser auf und schaltete den Diaprojektor ein.
An der Wand erschien ein Bild. Eine Großaufnahme von Ministerpräsidentin Birgitte Volter. In ihren blonden Haaren war deutlich ein Loch zu sehen, ein ziemlich kleines, ziemlich rundes Loch mit schwarzen Rändern und einem Streifen geronnenem Blut. Der Polizeipräsident nickte dem Polizeirat zu, der vor den Projektor trat und einen zusammenlegbaren Zeigestock auseinanderklappte.
»Wie man sieht, ist das Einschlußloch klein. Die Kugel hat hier gelegen …«
Er klickte mit der Fernbedienung, und ein neues Bild erschien. Unter den Haaren war eine deutliche
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